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Kunst

Schönheit trifft Natur

Wie ein Aktfotograf die Parteifunktionäre austrickste

Torsten Seegert
17.07.2023

Mit den FKK-Stränden und der Freizügigkeit ist es so eine Sache – nicht nur auf Rügen und erst recht auf Usedom! Es ist, so sagte es unlängst ein Anhänger der Freikörperkultur, als würden sich die Uhren wieder rückwärts drehen, denn: Was zu Zeiten des Sozialismus längst Kult war, steht heute auf Usedom sogar unter Strafe.

Zugegeben: Selbst in der DDR musste sich einst die Freikörperkultur erst ihre Akzeptanz durch Anstand und Image-Pflege gegenüber dem Textilstrand erkämpfen. Und einer, der dazu einen wesentlichen Beitrag leisten sollte, war ein Fotograf, ohne den der „Siegeszug der Nackedeis“ vielleicht nicht vorstellbar gewesen wäre: Klaus Ender.

Er selbst war ein Kind seiner Zeit. 1939 In Berlin geboren, aus Landsberg an der Warthe 1945 vertrieben, fand er erst als Saison-Bäcker in Thiessow mit Rügen „seine Insel“ – und damit auch den Weg zur Aktfotografie, die ihn zeitlebens begleiten sollte.

Anmutig und mit Würde
Erst behutsam mit Schattenrissen von Frauen, wie sie von der Natur geschaffen wurden – und die der Pazifist Ender auch noch im DDR-Soldatenmagazin „Armeerundschau“ veröffentlichte. Dann frei und (an)mutig, aber mit Würde veränderten seine Aktaufnahmen in der Zeitschrift „Das Magazin“ den „Arbeiter- und Bauernstaat“ grundlegend.

Und dennoch: Für die Partei, die immer recht hatte – die Sozialistische Einheitspartei Deutschlands (SED) – war es wohl eher Alibi als Überzeugung. Warum? Eine Ausstellung von „Akt und Landschaft“, wie sie Ender bereits zu seiner Zeit auf der Insel Rügen vorschwebte, war für die Parteifunktionäre jedenfalls zunächst nicht vorstellbar. Begründung: Mit „nackten Ärschen“ könne man nun mal keinen Sozialismus aufbauen.

Vielleicht ging es am Ende auch eher um das menschliche Antlitz des Sozialismus, um das auch beim „sozialistischen Menschen“ ganz offenbar noch tüchtig gerungen werden musste. Als man um das Ideal rang, wie der nackte Mensch im Sozialismus auszusehen habe, kam Ender genau zur richtigen Zeit, um das Genre der Aktfotografie in der DDR salonfähig zu machen. Von den Spinden der Soldaten war er schon bald in der Mitte der Gesellschaft angekommen.

Ausgezeichneter Künstler
Und die sollte er auch weiter nachhaltig durchdringen: Zunächst schuf er mit dem Buch „Mein Modell“, das sich 95.000 Mal verkaufen sollte, eine Anleitung für Aktfotografie und wie man mit Modellen arbeitet. Dann initiierte er mit dem Cottbuser Fotografen Gerd Rattei die 1. Aktausstellung der DDR mit dem Titel „Akt und Landschaft“, die auch noch als Wanderausstellung durch die Deutsche Demokratische Republik (DDR) tourte und zwischen Rostock und Dresden 100.000 Besucher anzog.

Den Sozialismus hatte Ender nicht zu Ende gebaut. 1981 siedelte der vom Weltverband der Kunstfotografie (FIAP) mit dem Ehrentitel „Artiste FIAP“ ausgezeichnete Künstler aus politischen Gründen nach Österreich über und kehrte erst 1996, nach dem Untergang des Sozialismus, wieder auf die Insel Rügen zurück.

Hier wirkte er bis 2021, kämpfte für den Erhalt der Natur, schrieb, dichtete und fotografierte. Und er blieb sich vor allem treu, was auch sein Publikum anerkannte, das von seinem ästhetischen Empfinden über Jahrzehnte geprägt wurde. 2022 wurde das ungewöhnliche und vielfältige Lebenswerk des „Vorkämpfers“ für die „Nackedeis“ auch mit dem Film „Klaus Ender – Wenn Bilder eine Seele haben...“ gewürdigt. Grund genug, um in Zeiten von Facebook-Zensur und Strafandrohungen an pommerschen Stränden wieder über „nackte Ärsche“ und den 2021 gestorbenen Ender zu reden.


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Kommentare

Hubbi Holner am 24.07.23, 16:15 Uhr

Was gibt es da überhaupt zu diskutieren? Ein schönes Mädchen mit tollem Körper mit wenig oder gar keiner Bekleidung und erotischer Austrahlung ästhetisch in freier Natur künsterlisch fotografisch oder als Gemälde in Szene gesetzt, ist doch einfach nur schön. Wer den Anblick nicht genießen kann, soll lieber gar nicht anfangen zu diskutieren sondern einfach mal über sich selbst nachdenken ...

Ralf Pöhling am 18.07.23, 14:41 Uhr

Um "nackte Ärsche" wird allgemein viel zu viel Trara gemacht. Wir kommen alle nackt auf die Welt und bleiben das auch ein Leben lang unter unserer Kleidung. Ausnahmen von der Regel gibt es in diesem Fall nicht. Also wo ist eigentlich das Spektakuläre oder Kontroverse an diesem Umstand? Ich sehe das ganz entspannt. Je entspannter man damit umgeht, desto besser.

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