13.11.2025

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Hybrider Krieg

Schon Honecker nutzte Migration erfolgreich als Waffe

Wanderungsströme werden gezielt eingesetzt, um einen anderen Staat zu schwächen oder gar dreist zu erpressen – Meist kann das Zielland wenig dagegen tun

Wolfgang Kaufmann
29.09.2025

Im Jahre 1985 verkündete das SED-Regime in Ost-Berlin: „Durch das Hoheitsgebiet der Deutschen Demokratischen Republik kann jeder Ausländer – ungeachtet seiner Nationalität, seiner Rasse, seiner Religion, seiner politischen Überzeugung und seines Herkunftslandes – ohne jegliche Beschränkung im Transit reisen.“ Und damit sich das auch außerhalb des Mauerstaates herumsprach, wurden gleich noch Annoncen in Zeitungen der Dritten Welt geschaltet.

Infolgedessen strömten 1985/86 mehr als 170.000 Asylbewerber aus Ländern wie Sri Lanka, Ghana, dem Libanon und dem Iran via Ost-Berlin in die Bundesrepublik, bis die Kohl-Regierung endlich nachgab und der DDR die ersehnten Kredite gewährte. Damit hatte der gezielte Missbrauch von Migration den gewünschten Effekt erbracht. Allerdings war der Begriff „Migrationswaffe“ damals noch unbekannt. Das änderte sich erst im März 2010, als die US-amerikanische Politikwissenschaftlerin Kelly Greenhill ihr weltweit beachtetes Buch „Massenmigrationswaffen: Vertreibung, Erpressung und Außenpolitik“ veröffentlichte.

Darin analysierte sie 55 weitere Einsätze der Migrationswaffe zwischen 1956 und 2006, die in rund drei Vierteln aller Fälle erfolgreich waren. Jedoch initiierte bereits das Neuassyrische Großreich, welches um 605 v. Chr. unterging, Flüchtlingswellen, um seinen Gegnern zu schaden. Für die Neuzeit unterschied Greenhill zwischen vier Varianten der künstlich erzeugten und bewusst instrumentalisierten Migration, wobei sie etliche Überschneidungen zwischen den einzelnen Formen sah.

Ost-Berlin wollte Kredite erzwingen
So kann eine Regierung Migration fördern, um innen- oder außenpolitische Vorteile zu erlangen – beispielsweise durch die Vertreibung von Dissidenten oder die Inszenierung von Migrationskrisen in feindlichen Ländern. Weißrussland versucht seit 2021, die EU zu destabilisieren, indem es Migranten aus Staaten wie Afghanistan und dem Irak zum Sturm auf die EU-Außengrenze animiert. Deswegen spricht die Brüsseler Kommission mittlerweile von „Migration als Waffe im hybriden Krieg gegen die EU“. In manchen Fällen liegt der Nutzen auch nur im materiellen Gewinn. Das gab der frühere rumänische Diktator Nicolae Ceaușescu einmal ganz offen zu, als er sagte: „Juden, Deutsche und Öl sind unsere besten Exportgüter.“

Des Weiteren dient die gezielt gesteuerte Migration oft dem Zweck, in aktuellen militärischen Konflikten strategische oder taktische Vorteile zu erlangen. Künstlich herbeigeführte Bevölkerungsbewegungen sollen die Kontrollstrukturen des Gegners stören, seine Nachschubwege unterbrechen und den Bewegungsradius der feindlichen Truppen verkleinern. Dies war und ist vor allem ein gängiges Mittel in Bürgerkriegen, wie sie derzeit insbesondere in Afrika toben.

In anderen Fällen besteht das Ziel des Einsatzes von Migration als Waffe in der Aneignung des Besitzes der Vertriebenen oder deren physischer Auslöschung im Rahmen der Fluchtbewegung. Ein typisches Beispiel hierfür sind die ethnischen Säuberungen während der Kriege im ehemaligen Jugoslawien im Verlaufe der 1990er Jahre.

Und schließlich ermöglicht gelenkte Migration diverse Formen der Erpressung, wie es die DDR dereinst in beispielhafter Weise demonstriert hat. Die Zielstaaten der Bevölkerungsbewegungen sollen zu politischen oder wirtschaftlich-finanziellen Zugeständnissen genötigt werden. In den 1970er Jahren sicherte sich der ugandische Diktator Idi Amin die Rückendeckung Londons, indem er drohte, tausende britische Siedler des Landes zu verweisen. 2004 wiederum kündigte der libysche Machthaber Muammar al-Ghaddafi an, „Europa schwarz und muslimisch“ zu machen, wenn die Europäische Union seine Forderungen nicht erfülle. Auf blanke Erpressung lief darüber hinaus auch das Agieren des türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdoğan während der europäischen Flüchtlingskrise von 2015/16 hinaus.

Nachgeben birgt große Risiken
Als die EU zögerte, der Türkei für das Zurückhalten von Syrern an der EU-Außengrenze Vorteile aller Art zu gewähren, sagte Erdoğan zynisch: „Wie wollen Sie also mit den Flüchtlingen verfahren, wenn wir keine Einigung erzielen? Die Flüchtlinge töten?“

Damit sprach er einen zentralen Punkt an: Was sind angemessene Reaktionen auf den Einsatz der Migrationswaffe? Laut Greenhill bleiben hier nicht allzu viele durchführbare Vorgehensweisen. Die Erste wäre Nachgeben, so wie es die EU gegenüber Erdoğan und Kohl gegenüber Honecker taten. Das birgt das Risiko, die Täter oder auch Trittbrettfahrer zu weiteren Aktionen zu ermutigen. So fordert der „Sultan vom Bosporus“ angesichts der verheerenden Wirtschaftslage der Türkei jetzt schon wieder Finanzspritzen der EU – und eine Milliarde Euro wurde ihm sogar bereits zugesagt.

Auch haben die Staaten, gegen die sich die Migrationswaffe richtet, die Möglichkeit, ihre Grenzen zu schließen, humanitäre Vereinbarungen rund um die Aufnahme von Flüchtlingen aufzukündigen oder neutrale Durchgangsländer dafür zu bezahlen, die Welle aufzuhalten. Die letztgenannte Variante wird heutzutage am häufigsten gewählt, obwohl sie als moralisch zweifelhaft kritisiert wird.

Ansonsten könnten militärische Maßnahmen gegen die Erpresserstaaten ergriffen werden. Dabei besteht aber das Risiko einer Verschlimmerung der Lage, wie das Beispiel Libyen zeigt: Nach dem Sturz von Ghaddafi schwollen die Flüchtlingsströme erst richtig an.

Eine weitere Option wäre die Anpassung. Heißt: Die Zielstaaten nehmen die als Waffe gedachten Migranten auf und machen das Beste aus der Situation, um dem Täter zu signalisieren, dass seine Attacken ins Leere laufen. Die Merkelsche Politik des „Nun sind sie eben da“ und „Die Flüchtlinge sind wertvoller als Gold“ sollte offenbar in diese Richtung zielen. Allerdings funktioniert so etwas nur, wenn die Neuankömmlinge integrierbar sind und keine zu großen Belastungen verursachen, was sich hierzulande als Illusion erwiesen hat.

Angesichts all dessen stehen die liberalen Demokratien des Westens heute zumeist mit leeren Händen da, wenn es um die wirksame Abwehr von Angriffen mit der Migrationswaffe geht.


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Kommentare

Gregor Scharf am 06.10.25, 16:12 Uhr

Die einzige Waffe gegen Massenmigration ist das Schaffen besserer Lebensbedingungen in den Herkunftsländern und damit die Ursachenbekämpfung der Fluchtbewegungen vor Ort. Das würde zugleich bedeuten, einen dauarhaften Krieg um den Globus zu führen, korrupte Regierungen zu stürzen, Staaten zu entwaffnen. Eigentlich wäre das die Hauptaufgabe für die UNO. Doch die haben jämmerlich versagt. Die Sieger-/Vetomächte kochen ihr eigenes Süppchen im Blut der unterdrückten Völker, liefern Waffen und Ausbilder zum Führen von Kriegen. Sie sind die Hehler und Hauptschuldigen für das weltweite Chaos. Anstatt zusammen zu arbeiten, belagert, belauert und bekriegt man sich für politische Vorteile und Weltmachtspielchen wie dereinst als Kleinkinder im Sandkasten, rücksichtslos und gierig.
Dabei gibt es auch noch eine weitere Möglichkeit, nämlich den Flüchtlingen die Ursache ihre misslichen Lage klarmachen, erklären, wem sie das zu verdanken haben und sie zum Kampf rüsten gegen ihre Peiniger. Dann haben die Zielländer der Massenmigration einen Trumpf in der Hand, die Wut und den Hass in die richtigen Bahnen zu lenken. Der gemeinsame Feind schweisst zusammen.

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