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Statt wohlverdientem Ruhestand sitzen sie in der Schuldenfalle bei Banken – Wegen niedriger Renten können sie keine Tilgung mehr leisten
Die aktuellen Zahlen sind alarmierend, die Tendenz besorgniserregend: Deutschlands Senioren stehen immer häufiger mit dem Rücken zur Wand. Nicht gesundheitlich, nicht sozial – sondern finanziell. Wie das Statistische Bundesamt mitteilt, liegt die durchschnittliche Schuldenlast bei über 65-Jährigen, die Beratung in Anspruch nahmen, bei fast 47.000 Euro. Das ist mehr als das Vierfache der durchschnittlichen Schulden junger Erwachsener unter 25 Jahren. Ein Befund, der sich nicht nur auf Einzelschicksale beschränkt, sondern ein klar strukturelles Problem offenlegt.
Während viele den Ruhestand als verdienten Lohn eines arbeitsreichen Lebens betrachten, sieht die Realität für Hunderttausende Rentner anders aus. Kredite, offene Forderungen, Mahnungen: Die Schuldenfalle schnappt im Alter besonders erbarmungslos zu. Und es ist keine Frage des Einzelfalls – es ist ein Massenphänomen. Im Jahr 2024 suchten rund 561.000 Menschen Hilfe bei Schuldner- und Insolvenzberatungsstellen. Im Durchschnitt waren sie mit beachtlichen rund 33.000 Euro verschuldet.
Besonders hart trifft es dabei die ältere Generation, die mit einem meist geringeren Einkommen, steigenden Lebenshaltungskosten und oftmals fehlender familiärer Unterstützung konfrontiert ist. Die sogenannten Babyboomer, jahrzehntelang das Rückgrat der Wirtschaft, geraten immer öfter ins finanzielle Abseits. Wer im Alter auf staatliche Grundsicherung angewiesen ist, hat kaum Spielraum für Tilgungen. Dennoch machen gerade Kreditschulden bei Banken den größten Anteil an Verbindlichkeiten der über 65-Jährigen aus. Rund 59 Prozent dieser Altersgruppe waren 2024 bei Kreditinstituten verschuldet – mit einer durchschnittlichen Summe von 23.790 Euro.
Verschuldet und einsam
Im Gegensatz dazu stehen jüngere Menschen vor allem bei Telekommunikationsunternehmen in der Kreide. Während ein unbezahlter Telefonvertrag in der Regel auf einige Monate begrenzt ist, ziehen sich Kreditverpflichtungen über Jahre hin. Besonders drastisch zeigt sich das beim Blick auf die sogenannte Überschuldungsintensität – also dem Verhältnis zwischen monatlichem Nettoeinkommen und bestehenden Verbindlichkeiten. Während junge Erwachsene im Schnitt elf Monate benötigen würden, um schuldenfrei zu werden, liegt dieser Wert bei den Senioren bei 38 Monaten. Mehr als drei Jahre also, in denen keinerlei finanzielle Flexibilität mehr möglich ist.
Vor allem alleinstehende, ältere Männer sind betroffen: Ihre Schuldenlast betrug im Schnitt 33.000 Euro, bei alleinlebenden Frauen lag sie bei 27.650 Euro.
Die sozialen Netze, die in jüngeren Jahren durch Partnerschaften, Freundeskreise oder Beruf noch gegeben sind, reißen im Alter oft ab. Einsamkeit wird zum Risikofaktor. Wenn das Einkommen plötzlich nicht mehr ausreicht und zugleich Altschulden bestehen, ist der Weg zur Schuldnerberatung meist unausweichlich. Die häufigsten Auslöser für eine Überschuldung sind Krankheit, Sucht und Unfall – mit einem Anteil von 18,1 Prozent. Arbeitslosigkeit folgt mit 17,4 Prozent. Auffällig ist auch die gescheiterte Selbstständigkeit, die viele Menschen im mittleren Alter in den finanziellen Ruin treibt. Hier liegt eine strukturelle Schwachstelle im System: Die Absicherung von Selbstständigen gegen Altersarmut und Schulden ist nach wie vor unzureichend.
Ein Trend ohne absehbares Ende
Die Schuldnerberatungsstellen sind in dieser Gemengelage längst zu mehr geworden als bloßen Auskunftsstellen. Doch ihre Mittel sind begrenzt. Zwar plant die Politik eine Ausweitung der finanziellen Ausstattung dieser Stellen, doch der Bedarf wächst schneller als die Mittel. Die demografische Entwicklung wird dieses Problem verschärfen.
Bereits heute stellen Menschen im Alter zwischen 35 und 45 Jahren mit 28 Prozent den größten Anteil der Ratsuchenden. Wer in dieser Lebensphase in finanzielle Schieflage gerät, wird in vielen Fällen die Altlasten mit ins Rentenalter tragen. Die Wahrscheinlichkeit, dass der Anteil überschuldeter Senioren in den kommenden Jahren weiter steigt, ist hoch. Besonders schwer wiegt das alles in einem Land, das sich seines Sozialstaats rühmt. Die Vorstellung, dass Menschen, die ihr Leben lang gearbeitet, Kinder großgezogen und Steuern gezahlt haben, im Alter unter einem Schuldenberg zusammenbrechen, widerspricht jeder Idee von Generationengerechtigkeit. Und ein Ende der Fahnenstange scheint nicht in Sicht. Die Zahlen des Statistischen Bundesamts offenbaren einen dringenden Handlungsauftrag. Denn Schulden im Alter sind kein Randphänomen mehr. Sie sind vielmehr ein Symptom einer immer größer werdenden gesellschaftlichen Spaltung.