04.01.2025

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Auf dünnem Eis: Kai Wegner und Cansel Kiziltepe vor der Presse im Berliner Rathaus
Bild: picture alliance/dpa/Annette RiedlAuf dünnem Eis: Kai Wegner und Cansel Kiziltepe vor der Presse im Berliner Rathaus

Haushalt

Schwarz-Rot rüttelt an Schuldenbremse

Berliner Senat will sich mit der Erklärung einer „Flüchtlingsnotlage“ mehr Kredit genehmigen

Hermann Müller
02.01.2025

Berlins Senat geht mit dem Rotstift durch die Haushaltsplanung, um im Jahr 2025 drei Milliarden Euro einzusparen. Vor allem die Sparpläne im Kulturetat haben bereits für Proteste und Schlagzeilen gesorgt (die PAZ berichtete). Etwas weniger beachtet werden die Bemühungen der schwarz-roten Landesregierung, zusätzliche Schulden zu machen. Nutzen will der Senat dazu eine Ausnahmeregelung der Schuldenbremse. Diese erlaubt beim Vorliegen einer Haushaltsnotlage die Aufnahme von neuen Krediten.

Sozialsenatorin Cansel Kiziltepe (SPD) wirbt bereits länger dafür, wegen einer „Flüchtlingsnotlage“ neue Kredite aufzunehmen. Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU) deutete vor Weihnachten an, dass der Senat zu Beginn des Jahres 2025 noch einmal vertieft in die Diskussion einsteigen wolle, um eine Lösung zu finden. Wegner warnte aber auch: „So ein Thema macht man nicht aus der Hüfte heraus, sondern das prüft man ganz genau, rechtlich wie auch politisch.“

Tatsächlich geht Schwarz-Rot durch den Weg der Neuverschuldung mithilfe einer Notlageerklärung ein Risiko ein. Die Hürden sind hoch, und Verfassungsrichter haben bereits bewiesen, dass sie eine Aufweichung der Schuldenbremse durch Tricks nicht dulden.

Große Zweifel an Rechtmäßigkeit
So untersagte das Bundesverfassungsgericht der gescheiterten Ampelkoalition etwa, dass sie nicht benötigte Kredite zur Bewältigung der Corona-Notlage einfach für andere Projekte verwenden darf. Als Folge fehlten der Ampel bei der Haushaltsplanung plötzlich 60 Milliarden Euro, was letztlich das Ende der Koalition einläutete. Auch Brandenburgs Verfassungsrichter haben nach einer Klage der AfD-Landtagsfraktion eine Kreditaufnahmen aus dem Jahr 2022 für teilweise verfassungswidrig erklärt.

Der Landtag hatte im Dezember 2022 wegen der Folgen des Ukrainekrieges eine außergewöhnliche Notsituation festgestellt. Dies ermöglichte der Landesregierung, ein schuldenfinanziertes „Brandenburg-Paket“ in Höhe von zwei Milliarden Euro zu schnüren. Bemängelt hatten die Verfassungsrichter in Potsdam, dass die Landesregierung den Zusammenhang zwischen der festgestellten Notsituation und den geplanten Krisenmaßnahmen nicht genügend dargelegt habe. Tatsächlich sollten über das „Brandenburg-Paket“ auch Vorhaben finanziert werden, bei denen ein Zusammenhang mit dem Ukrainekrieg schwerlich zu erkennen war. Geld war unter anderem auch für die Förderung „klimaneutraler“ Produktionsverfahren oder für die Beschaffung neuer Dienstwagen vorgesehen gewesen.

Berlins Senat müsste vor Gericht einen anderen Punkt fürchten: Freigemacht wird der Weg zu neuen Schulden nicht einfach nur, indem das Parlament mehrheitlich eine Notlage feststellt. Es muss sich auch um eine außergewöhnliche, nicht vorhersehbare Notlage handeln. Begründet der Senat seinen Kreditbedarf allerdings mit den Kosten, die durch die Versorgung und Unterbringung von Asylsuchern entstehen, kann dies vor dem Landesverfassungsgericht zum Problem werden. Darlegen müsste der Senat schließlich, dass er diese Kosten nicht habe vorhersehen können, dass er von der Entwicklung also quasi überrollt worden sei. Kommt auf Berlin zusätzlich zur üblichen Zuwanderung allerdings keine weitere große Migrationswelle zu, etwa aus der Ukraine oder Syrien, dürfte es dem Senat einigermaßen schwerfallen, sich als den Überraschten darzustellen.

Asylkosten gehen durch die Decke
Senatsmitglieder weisen selbst regelmäßig darauf hin, welche Belastung die Unterbringung und Versorgung von Asylbewerbern für die Stadt mit sich bringe. Verfassungsrichter könnten daraus den Schluss ziehen, dass die Landesregierung die Kosten durchaus habe vorhersehen können und sie daher über den regulären Haushalt abdecken müsse.

Die aktuellen Kürzungen im Landeshaushalt wären dann nur ein Vorgeschmack auf Verteilungskämpfe in den kommenden Jahren. Dabei droht Landesregierung und Bürgern, dass die finanziellen Spielräume, etwa zur Erneuerung der Infrastruktur der Stadt, immer kleiner werden. Erst im vergangenen Sommer beschlossen im Berliner Abgeordnetenhaus die beiden Regierungsparteien CDU und SPD zusammen mit Grünen und Linkspartei, dass in den kommenden Jahren für die Unterbringung von Asylbewerbern zusätzlich gut 1,32Milliarden Euro bereitgestellt werden.

Mit dem Geld sollen weitere Unterkünfte für 6130 Personen aufgebaut werden. Auch der Schutz von Mitarbeitern des Landesamts für Flüchtlingsangelegenheiten (LAF) kostet immer mehr Geld. Wie aus einer Antwort der Landesregierung auf eine parlamentarische Anfrage hervorgeht, haben allein die Sicherheitsmaßnahmen zum Schutz der LAF-Mitarbeiter im Jahr 2024 das Land 27,5 Millionen Euro gekostet. Dies war ein Drittel mehr als im Vorjahr und lag mehr als 300 Prozent über den Kosten des Jahres 2019.


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