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Schweigen zu Zypern

Bodo Bost
19.03.2024

Mitglieder der Bundesregierung behaupten, dass sie seit dem 7. Oktober 2023 verstärkt den Antisemitismus bekämpfen. Dabei verfallen sie selbst auf antisemitische Diskurse, und merken es noch nicht einmal.

Ein Zeichen von Antisemitismus ist, dass der Staat Israel nur, weil er von Juden gegründet wurde, strenger behandelt wird als andere Staaten. Die deutsche Regierung hat seit dem 7. Oktober mehrmals behauptet, dass das Existenzrecht und die Sicherheit Israels zur deutschen Staatsräson gehöre. Aber immer wieder kritisiert sie die israelische Siedlungspolitik im besetzten Westjordanland, nicht jedoch die türkische im seit 50 Jahren besetzten Nordzypern, wo die Siedlungen ein im Verhältnis zur Gesamtbevölkerung viel größeres Ausmaß angenommen haben als im Westjordanland. Man behauptet, dass man damit die Politik des „Rechtsextremisten“ Netanjahu und nicht das Existenzrecht Israels kritisiere, dabei verschweigt man, dass unter den vielen Jahren der Linksregierungen in Israel die meisten Siedlungen seit 1967 angelegt wurden.

1974 hatte das NATO-Mitglied Türkei ohne Kriegserklärung das NATO-Mitglied Zypern angegriffen, den Nordteil der Insel völkerrechtswidrig besetzt und die griechische Bevölkerung getötet oder vertrieben. Es war der erste Krieg zwischen zwei NATO-Staaten. Vorwand war ein Staatsstreich auf Zypern. Aber in der Türkei gab es in dieser Zeit mehrere Staatsstreiche, und nie hat ein anderes NATO-Land die Türkei angegriffen.

Kritik aus Berlin? Fehlanzeige
Die Türkei hat die Besetzung seitdem nicht beendet, auch nicht, als der Südteil der Insel 2004 EU-Mitglied wurde, sondern versucht, mit einer Siedlungspolitik im Sinne einer Türkisierung vollendete Tatsachen zu schaffen. Wurde die Türkei dafür von Deutschland oder anderen EU-Staaten kritisiert wie Israel für seine Siedlungspolitik? Fehlanzeige. Lediglich die einzige international anerkannte zyprische Regierung kritisiert diese Siedlungspolitik, die jegliche Chancen auf eine Wiedervereinigung unmöglich macht.

Das offensichtliche Ziel Ankaras ist es, den besetzten Teil Zyperns zu assimilieren und irgendwann für die Türkei zu annektieren. In einem Interview für die türkisch-zypriotische Zeitung „Vatan“ hat der ehemalige türkisch-zypriotische Führer Mehmet Ali Talat die Siedlungspolitik der Türken eingestanden. Er sagte sogar unter anderem, dass „die türkisch-zypriotische Staatsbürgerschaft manchmal auch in Restaurants verteilt“ werde. Es gebe Leute, welche niemals nach Zypern gekommen seien und „trotzdem die Staatsbürgerschaft bekommen“ hätten. Laut Informationen, welche sowohl von der türkischen als auch von der türkisch-zypriotischen Presse bestätigt wurden, sind die Siedler entweder Türken oder von türkischer Abstammung (wie etwa türkischsprachige Bulgaren).

Selbst türkische Zyprioten gehen
Die Besiedlung verletzt die Eigentumsrechte der griechisch-zypriotischen Vertriebenen. Laut der türkisch-zypriotischen Zeitung „Avrupa“ sind seit 1974 mindestens 40.000 Eigentumsurkunden an Siedler vergeben worden. Laut dem Bericht geht es um mehr als die Hälfte der Fläche Nordzyperns. Parallel mit der Besiedlung sind zahlreiche eingeborene türkische Zyprioten ausgewandert. Heute leben in Nordzypern mehr als 200.000 anatolisch-türkische Siedler, dazu kommen 45.000 türkische Soldaten, aber weniger als 100.000 eingeborene türkische Zyprioten. Die türkischen Zyprioten sind eine Minderheit in der eigenen Heimat, griechische Zyprioten leben im Norden nur noch einige Hundert, zumeist in Mischehen.

Zum Vergleich: Im Westjordanland stehen den etwa 3,5 Millionen Palästinensern nur etwa 430.000 israelische Siedler gegenüber. Anatolische Siedler stellen im Parlament von Nordzypern bereits die größte Fraktion. Türkisch ist alleinige Amtssprache im Norden, während im Süden weiterhin Griechisch und Türkisch gleichberechtigt sind, wie es in Zypern seit dessen Unabhängigkeit 1960 immer war. Im Norden ist die türkische Lira, die bald nichts mehr wert ist, die offizielle Währung und im Süden der Euro, weswegen immer mehr der alteingesessen türkischen Zyprioten, die weiterhin die gesamtzypriotische Staatsbürgerschaft haben, sich im Süden niederlassen. Umgekehrt dürfen das griechisch-zypriotische Flüchtlinge aus dem Norden in ihrer alten Heimat nicht.


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