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Österreich

Sechs gegen Van der Bellen

Sonntag wählt Österreich den Bundespräsidenten – Der Alte dürfte wohl auch wieder der Neue werden

Gernot Danowski
08.10.2022

Wenn die Österreicher den Bundespräsidenten wählen dürfen, kommt es auf einige Faktoren an. Gute Argumente, Amtswürde, den Wahlkampf mit den obligatorischen Diskussionsrunden. Und nicht zuletzt die Kandidaten selbst.

Immerhin treten gleich derer sechs sehr unterschiedliche Kandidaten gegen den Amtsinhaber Alexander Van der Bellen an. Da wäre Heinrich „Heini“ Staudinger. Der oberösterreichische Unternehmer hat sich über Österreichs Grenzen hinaus einen Namen mit der Produktion von Schuhen gemacht. Er gilt als kämpferischer Charakter. 2012 hatte er den Unmut der Finanzmarktaufsicht auf sich gezogen, weil er über Crowdfunding die Kredite von privaten Investoren gesammelt hatte. Eine Strafe von 2000 Euro weigerte er sich zu zahlen, da lasse er sich lieber einsperren. Im Wahlkampf um die Hofburg setzt der 69-Jährige auf die Themen Gerechtigkeit und Frieden. Trotz Bekanntheit werden ihm mit zwei Prozent in Umfragen keine großen Chancen eingeräumt.

Chancen auf Platz zwei rechnet sich hingegen Tassilo Wallentin aus. Er liegt in den Umfragen bei sieben Prozent. Der Wiener Jurist schreibt regelmäßig Kolumnen in Österreichs größter Zeitung, der „Krone“. Dort kritisiert er die EU als intransparent und mahnt eine konsequente Migrations- und Asylpolitik an. Im Falle einer Wahl will er den Schwerpunkt auf Österreichs Neutralität und die fachliche Fähigkeit der Regierung legen. In den vergangenen Tagen erregte Wallentin nochmals Aufsehen, als er in Wien Brennholz verteilte.

Etwas flippiger kommt der ehemalige FPÖ- und BZÖ- (Bündnis Zukunft Österreich) Politiker Gerald Grosz daher. Er diskutiert regelmäßig auf dem Boulevardsender OE24 kontrovers mit anderen Talkgästen. Dabei bewegt er sich oft am Rande zur Satire, tauchte er zur Kritik der Corona-Maßnahmen in einer Talkrunde doch tatsächlich mit Zollstock auf, um demonstrativ 1,5 Meter Abstand einhalten zu können. Inhaltlich steht er der EU und den Russlandsanktionen kritisch gegenüber. Für Sonntag erwartet man für ihn laut Umfragen vier Prozent.

Die zehnprozentige Bierpartei

Ebenso viel wie für den 61-jährigen Rechtsanwalt Michael Brunner. Er ist Parteiobmann der MFG-Partei (Menschen Freiheit Grundrechte), die sich gegen Impfzwang und übergriffige Corona-Maßnahmen eingesetzt hatte. Sollte er in die Wiener Hofburg einziehen, hat für ihn die Aufhebung aller Corona-Einschränkungen Priorität. Auch eine Entlassung der Regierung wäre unter seiner Präsidentschaft nicht ausgeschlossen.

Mit 35 Jahren ist Dominik Wlazny der jüngste Kandidat. Der Satiriker und Chef der Bierpartei (Künstlername: Marco Pogo) verfügt über große Reichweite in den sozialen Medien. Mit 63.000 auf Instagram punktet er so gerade beim jüngeren Publikum. Als Satirekandidat versteht sich der Musiker und ausgebildete Mediziner jedoch nicht. Mit seinen Schwerpunkten Gesundheit und gesellschaftlichem Dialog kommt er laut Umfragen auf bis zu zehn Prozent.

Knapp vor Wlazny sehen die Meinungsforscher den FPÖ-Kandidaten Walter Rosenkranz (elf Prozent der Stimmen). Er will sich für eine freiheitlichere Corona-Politik einsetzen und den Grenzschutz stärken. Genau wie Brunner kündigte er an, er würde in einem mehrstufigen Verfahren die Regierung entlassen, falls diese keine Verbesserungsvorschläge unabhängiger Experten annehme. Eine Aussage, vor der einige in der Regierung tatsächlich zittern dürften, ist es doch in Österreich gute Sitte der Regierung, einem neuen Bundespräsidenten ihren Rücktritt anzubieten.

Van der Bellen sieht gelassen zu

Ob es dazu allerdings kommt, ist mehr als fraglich. Der amtierende Präsident Van der Bellen hielt sich komplett aus den Fernsehdebatten heraus und war somit kaum angreifbar. Noch dazu scheint es so, als könnte der Ex-Grüne durch öffentliche Auftritte auf internationalem Parkett und vor allem durch seine Fähigkeit der Mobilisierung des eigenen Lagers die Wahl nach Hause bringen.

Damit es spannend wird, käme es also auf zweierlei an: Van der Bellen müsste unter 50 Prozent bleiben und einer der vier bürgerlichen Kandidaten (Grosz, Brunner, Wallentin, Rosenkranz) muss Platz zwei erreichen. Dann könnten die Karten aber tatsächlich neu gemischt werden, denn Stichwahlen finden unter anderen Voraussetzungen statt, zumal das Wählerklientel der Mitte/Rechts-Kandidaten sich auf einen Herausforderer konzentrieren könnte. So oder so: Van der Bellen und die aktuelle Regierung dürften dem Sonntag gelassen entgegensehen.


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