30.04.2024

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Öffentlich-rechtlicher Rundfunk

Sender in der „Abwärtsspirale“

Zukunftskommission hat ihre Reformvorschläge vorgelegt und mahnt zur Eile

Peter Entinger
02.02.2024

Über die Ausstattung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks wird seit Jahren gestritten. Derzeit besteht er aus 21 Fernseh- und 69 Radiosendern. Für die Kritiker sind das zu viele. Und selbst in der Politik gibt es seit Jahren Unbehagen über den Wasserkopf der Staatssender.

Vor knapp einem Jahr berief die Rundfunkkommission der 16 Bundesländer einen „Rat für die zukünftige Entwicklung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks“. Die acht Sitze in diesem sogenannten Zukunftsrat teilten die ehemaligen beiden Volksparteien der Bundesrepublik je zur Hälfte untereinander auf. Als Sprecher des Gremiums traten die frühere Vorstandsvorsitzende des Verlags Gruner & Jahr Julia Jäkel und der Ex-Verfassungsrichter Peter Huber auf. Mit dem ehemaligen Generaldirektor der öffentlich-rechtlichen Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft (SRG) Roger de Weck und der früheren Fernsehdirektorin des bayerischen Rundfunks (BR) Bettina Reitz sind weitere Personen mit Expertise an Bord.

Das im vergangenen März berufene Gremium sollte bis zum Herbst einen Bericht vorlegen. Nun ist er da, 38 Seiten stark. Jäkel gibt sich radikal. Es gehe „nicht um Veränderungen im System, sondern um Umbauten des Systems“. Und es handele sich um einen Kraftakt mit einem zeitlichen Horizont von mindestens zehn Jahren.

Rechtlich bindend sind die Vorschläge des Zukunftsrates allerdings nicht. Auch rüttelt die Zukunftskommission nicht am Rundfunkbeitrag. Es soll beim Beitrag bleiben, der pro Wohnung bezahlt wird. Eine Finanzierung aus dem Staatshaushalt sei abzulehnen, weil der Rundfunk staatsfern und unabhängig sein müsse.

An GEZ-Gebühr wird nicht gerüttelt
Bei der Vorstellung des Papiers am 18. Januar in Berlin erklärte Jäkel, dass eine Umsetzung der Vorschläge zu erheblichen Einsparmöglichkeiten führen würde, da sie eine Verschlankung der Strukturen vorsähen. Ob als Folge die Rundfunkgebühren gesenkt werden können oder das eingesparte Geld in das Programm investiert wird, müsse die Politik entscheiden.

Wenn der Zunftsrat am Rundfunkbeitrag auch nicht rüttelt, so schlägt er doch eine Veränderung der Verteilung der Mittel unter den Sendern vor. Die ARD, das ZDF und Deutschlandradio sollen nicht wie bisher den eigenen Finanzbedarf anmelden. Stattdessen soll mithilfe einer Indexierung automatisiert und weitgehend entpolitisiert festlegt werden, wie viel Geld die Anstalten bekommen. Im Nachhinein soll die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) prüfen, ob der öffentlich-rechtliche Auftrag erfüllt wurde. Sollte das aus Sicht der Kommission nicht der Fall sein, sollen künftig auch Sanktionen wie die Kürzung der Finanzmittel möglich sein.

Kontrolliert werden sollen die Sender zukünftig von Medienräten. Bei der ARD, dem ZDF und Deutschlandradio soll es jeweils einen solchen Medienrat aus Politik und Zivilgesellschaft geben, der im Blick behalten soll, ob der öffentlich-rechtliche Rundfunk den an ihn gestellten Auftrag erfüllt. Spätestens hier dürfte das parteipolitische Tauziehen wieder losgehen.

Das größte Reformpotential haben die Experten bei der ARD ausgemacht. So soll eine zentrale ARD-Anstalt als Dachorganisation gebildet werden, in deren Verantwortung die bundesweiten ARD-Angebote stehen sollen, beispielsweise die Mediathek, das Programm im Ersten, Verwaltung und Technologie. So sollen Doppelstrukturen innerhalb der ARD abgebaut werden und die neun Landesrundfunkanstalten sich stärker auf regionale Inhalte konzentrieren können.

Mehr Bedeutung dem Regionalen
Des Weiteren spricht sich der Zukunftsrat für eine Umstrukturierung der operativen Leitung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks aus – weg vom bisherigen Intendantenmodell hin zu einer „zeitgemäßen Managementkultur“. Das Gremium empfiehlt dafür jeweils eine „kollegiale Geschäftsleitung“ für die vorgeschlagene zentrale ARD-Anstalt, für das ZDF und Deutschlandradio. Der oder die Vorsitzende der Geschäftsleitung soll ein Letztentscheidungsrecht haben.

Dass dieser Vorschlag nicht auf ungeteilte Gegenliebe stößt, versteht sich von selbst. Bei einer Umsetzung würden nämlich die meisten der – gut dotierten – Intendanten-Posten wegfallen.

Im Gegensatz zu diesen Posten sollen die neun Landesrundfunkanstalten allerdings weiter bestehen bleiben. Kurz vor der Präsentation der Vorschläge hatte der bayerische Ministerpräsident Markus Söder die Gunst der Stunde genutzt, um sich mit der Forderung nach der Abschaffung kleinerer Sendeanstalten wie dem Saarländischen Rundfunk (SR) zu profilieren. Davon hält der Zukunftsrat nichts. „Eine Verringerung auf nur noch vier, fünf solcher Anstalten würde das Tauziehen um Gelder nur noch größer machen, weil jede dieser Anstalten dann mächtiger wird“, sagte de Weck, und Jäkel fügte hinzu: „Das ist nicht der richtige Weg. Wir wollen ja gerade dem Regionalen mehr Bedeutung geben.“

Jäkel mahnt zur Eile. Auf die Frage, wann die Ideen aus der Sicht der Kommission umgesetzt werden müssen, antwortete sie: „Es eilt, schnellstmöglich. Derzeit stecken die Öffentlich-Rechtlichen in einer Abwärtsspirale. Alles geschieht in gewohnten Strukturen.“


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Kommentare

Norbert Sieg am 19.02.24, 13:41 Uhr

Dem Kommentar von Herrn Reinsberg stimme ich vollkommen zu.
Es muss auch Schluß sein mit dem ständigen
Verbreiten von Genderwahnsinn, Diversitätsgeschwafel, Schuldbekenntnissen für die gesamte Geschichte und "Politischer Korrektheit ".
Ich bin absolut kein Fan von Heino, kann seine Meinungsäußerungen zu obigen Fragen
aber durchaus nachvollziehen.
Wie sagte schon Friedrich ll., jeder soll nach seiner Fasson selig werden.
Aber bitte nicht die Mehrheit mit Minderheitenbefindlichkeiten drangsalieren und zur Staatsdoktrin erheben.
Privatisierung kann aber auch nicht die Lösung sein, oder wollen wir bloß noch
" Dschungelcamp", "Bauer sucht Frau " und ähnlichen medialen Müll konsumieren?

Dirk Reinsberg am 06.02.24, 13:26 Uhr

Der "ÖRR" hat auf jeden Fall seine Berechtigung. Er sollte sich nur auf seine Kernkompetenzen besinnen und sich verschlanken. Und mehr Formate im Stil von "Terra X" oder "37°", eine neutrale Berichterstattung in Sachen Nachrichten und Politik und weniger "Brisant" und "Leute heute", dann hätte der "ÖRR" schon erheblich an Wert gewonnen.

Werner Müller am 04.02.24, 10:36 Uhr

Auf dem Ausmacherfoto seh ich fast nur linkes Politpersonal. Was soll sich denn bei sowas ändern ?

sitra achra am 02.02.24, 15:19 Uhr

Man sollte sich von diesem medialen Müllplatz von 21 Fernsehsendern (!) und 69 Rundfunksendern trennen.
Erstens weil sie stetig den immergleichen geistigen Schrott bis zum Erbrechen senden, und zweitens weil die Betriebskosten in keiner Relation zum Angebot stehen.
Man müßte dieses Konvolut privatisieren, denn dann würden die "Mitarbeitenden" sich am Markt behaupten und ihre bisher unentdeckte Qualität unter Beweis stellen.
Aus die Maus, Genosse Lanz!

Gregor Scharf am 02.02.24, 10:21 Uhr

Aus dem Text: ,,weil der Rundfunk staatsfern und unabhängig sein müsse.“

Der Satz passt zur Karnevalssaison. Haben wir doch gerade erst wieder den größten Missbrauchsskandal durch den Staat erlebt mit der Aktion in und um Potsdam und dem Aufwiegeln gegen eine Oppositionspartei.

Peter Meyer am 02.02.24, 08:55 Uhr

Menschen entwickeln sich in Phasen - auch in Gremien.
Nach der Pubertät folgt die Konformität. In ihr bestimmt das Gefühl Zugehörigkeit den Selbstwert. Dazu wird kontinuierlich die in- und out-group definiert.

Zitat: 'Erst ab dem vierten Stadium sind Menschen in der Lage, andere Interessen und Lebenswelten zu erkennen und sie gedanklich im Sinne eines Interessenausgleichs zu bearbeiten.'
Quelle: Moralentwicklung

Deshalb kann ein Gremium nicht für einen Interessenausgleich sorgen.

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