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Sichtachsen auf die Geschichte

Erinnerung an Sybillenort – Eine Initiative renoviert mit eigenen Kräften kulturgeschichtliche Orte in Schlesien

Chris W. Wagner
07.06.2022

Ein Gemeinschaftsprojekt von Mitgliedern der Landsmannschaft Schlesien und der 2019 gegründeten Initiative zur Erhaltung schlesischer Kulturgüter sowie des Staatsforstes Oels [Oleśnica] und der Gemeinde Langewiese [Długołęka] – beide in Niederschlesien – sorgt in Sibyllenort [Szczodre] für Interesse.

Start nach zwei Jahren Vorbereitung

Nach zwei Jahren Hin und Her zwischen den polnischen Behörden und den Aktivisten aus der Bundesrepublik konnten Mitte Mai Aufräumarbeiten im Schlosspark Sibyllenort aufgenommen werden. „Wir trafen uns am Lieblingsort seiner Majestät, Albert I. von Sachsen, der 1902 starb, und dessen Gattin, der letzte Königin von Sachsen, Carola, die ihm ein Kreuz widmete“, sagte Jörg Giessler von der Initiative zur Erhaltung schlesischer Kulturgüter. Er ist kein Unbekannter in Sibyllenort, denn bereits vor einigen Jahren hatte Giessler bei Aufräumarbeiten am dortigen evangelischen Friedhof mitgewirkt. „Sybillenort war unserer Initiative wichtig, da dort der letzte sächsische König starb“, betont er.

Durch den Kontakt zum dortigen Pfarrer wusste Giessler, dass die Gemeinde Langewiese den Schlosspark mit dem dortigem Kreuz für touristische Zwecke nutzen möchte. „Bei einem Spaziergang durch den Park ist mir die Idee gekommen, dass dieses Kreuz saniert werden sollte. Aber damals gab es unsere Initiative noch nicht.“

Eichendorff besang Schloss Sybillenort

Seinen Namen verdankt Sibyllenort der zweiten Frau von Herzog Christian Ulrich von Württemberg-Oels. Im Jahr 1685 kaufte er das Dorf und nannte es zu Ehren seiner Gattin Sibylle Maria von Sachsen-Merseburg – Sibyllenort. Zwischen 1685 und 1692 ließ er dort ein barockes Schloss erbauen, das Ende des 18. und Anfang des 19. Jahrhunderts umgebaut und vergrößert wurde und wegen seiner Pracht „schlesisches Windsor“ genannt wurde. „Unser größter romantischer Dichter Joseph Freiherr von Eichendorff hat dieses Schloss 1803 besungen, weil es so kostbar und geschmackvoll war“, berichtet Giessler stolz.

Heute erinnern an die einstige Pracht nur noch eine Parkanlage sowie ein Kreuz, „dessen Marmorplatte mit dem Relief König Alberts von Sachsen gewaltsam abgerissen wurde. Dieses Denkmal ist für unsere Initiative besonders wichtig, denn es zeigt die enge Verbundenheit Sachsens mit Schlesien“, sagt Giessler, der seit vielen Jahren in Breslau gleichermaßen wie in Görlitz zu Hause ist.

Im Laufe der Jahre sank das Kreuz immer tiefer ins Erdreich ab, Wildwuchs und Bäume versperrten die Sicht auf das König-Albert-Denkmal. Mit Hilfe polnischer Forstarbeiter konnten die Bäume gefällt und damit die Sichtachse zum Kreuz wiederherstellt werden. Wurzeln wurden mit einem durch die Gemeindevorsteherin Justyna Jasewicz gestellten Radlader entfernt und die tief eingesunkenen Granitsteine ausgegraben, gehoben und wieder an die ursprüngliche Stelle gesetzt. „Anschließend wurde das Areal von uns eingeebnet und mit weißem Schotter abgedeckt, so wie es früher einmal war“, freut sich Giessler.

Nun sollen um das Denkmal herum Azaleen und Rhododendren gepflanzt werden, dies wurde den deutschen Aktivisten seitens des Arboretums im nahen Woislowitz [Wojsławice] versprochen. Auch eine neue Tafel mit dem Konterfei König Alberts wird am Kreuz angebracht. Und wenn in Sibyllenort die Einweihung des renovierten Denkmals durch ist, steht bereits der nächste Ort auf der Sanierungsliste der Initiative: „Die Sanierung des Bismarckturms in Johnsdorf [Janowek] in der Nähe von Reichenbach [Dzierżoniów] oder aber des Garnisonsfriedhofs im oberschlesischen Neisse [Nysa]“, doch dies muss noch mit den polnischen Gemeinden beziehungsweise den Trägern der Liegenschaften abgesprochen werden. Bis es so weit ist, werden erst einmal neue Kräfte und finanzielle Mittel gesammelt.


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