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Musikalische Bildung braucht solide Basis – Mit einem Tuba-Fest am Brandenburger Tor forderten Musiker bessere Arbeitsverträge
Die Siegesgöttin Victoria in ihrem Streitwagen auf dem Brandenburger Tor wippte bei satten Tuba-Klängen ein wenig mit, als sich etwa 80 Tubisten und 200 weitere Teilnehmer am Sonntag vor Pfingsten bei strahlendem Frühlingswetter auf dem Pariser Platz versammelten, um gemeinsam mit der Gewerkschaft ver.di, dem Landesmusikrat und weiteren Organisatoren für die Festanstellung der Berliner Musikschullehrer zu demonstrieren.
Die Veranstaltung war krönender Abschluss des Tuba-Festes, das vom 9. bis 12. Mai in Berlin mit verschiedenen Aktionen stattfand (die PAZ berichtete). Da durfte der diesjährige Schirmherr des Musikinstrumentes des Jahres, der Tuba, Fabian Neckermann, Solo-Tubist im Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin und Dozent an der Internationalen Musikakademie Anton Rubinstein, nicht fehlen.
Zwischen musikalischen Kostproben der anwesenden Musiker mit ihren Blechblasinstrumenten riefen Antje Valentin, Generalsekretärin des Deutschen Musikrats, Friedrich Neumann vom Bundesverband Musikunterricht und dessen Landesverband Berlin, Adriana Balboa, Vorsitzende der ver.di-Fachgruppe Musik, Franz-Michael Deimling von der Elternvertretung der Berliner Musikschulen und Robin von Olshausen, Jurist der Deutschen Orchestervereinigung, unter dem Motto „Musik braucht eine solide Basis – Musikalische Bildung auch!“ zu besseren Arbeitsbedingungen an den Musikschulen auf.
Dass die Zeit dafür reif sei, gründet sich nach ihrer Ansicht auch auf ein weitgreifendes Urteil, das als „Herrenberg-Urteil“ in die jüngere juristische Rechtsprechung eingegangen ist. 2022 sprach das Bundessozialgericht (BSG) dieses zur Situation freischaffender Lehrkräfte an Musikschulen, sogenannten Honorarkräften, in einem Einzelfall aus. Darin hieß es, dass mangels unternehmerischer Freiheit eine echte Selbstständigkeit an einer Musikschule kaum herzustellen sei.
Das BSG hat damit die Kriterien für eine freiberufliche Tätigkeit neu definiert. So muss die Stadt Herrenberg für fast
15 Jahre die Sozialversicherungsbeiträge für eine Klavierlehrerin nachzahlen.
An den meisten Musikschulen arbeiten die Lehrkräfte auf der Basis von Honorarverträgen, die für die Betreffenden viele Nachteile bringen. Man ist weder kranken- noch rentenversichert, die Stundensätze sind niedriger als die der festangestellten Kollegen, es gibt keine Vergütung für Urlaubszeiten. So droht, nicht zuletzt, auch Altersarmut.
Nach dem Herrenberg-Urteil dürfen Honorarkräfte zukünftig an Musikschulen nicht mehr als Selbstständige beschäftigt werden, da es sich um sogenannte „Schein-Selbstständigkeiten“ handelt. Damit steht den Honorarkräften der Weg zur Klage offen.
Die Musikschulen brauchen flächendeckend finanzielle Unterstützung bei der Umwandlung der Honorarverträge auf Festanstellungen. Viele Gemeinden und Städte in der Bundesrepublik haben bereits auf Festanstellungen umgestellt. „Berlin sollte sich dieser Entwicklung anschließen und sie auch im geplanten Musikschulgesetz absichern“, forderte Hella Dunger-Löper, Präsidentin des Landesmusikrates Berlin.