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AfD-Triumph bei den Erststimmen könnte das brandenburgische Parlament verfassungswidrig aufblähen
Durch die nicht wirklich verfassungskonforme Wahlrechtsreform der Ampelkoalition wird sich der nächste Bundestag um rund 100 Sitze verkleinern. In Brandenburg wird dagegen damit gerechnet, dass der neue Landtag deutlich mehr Abgeordnete haben wird als die bislang 88. Seit der Europawahl diskutieren Juristen und Politikwissenschaftler sogar über die Frage, ob das Ergebnis der Landtagswahl am 22. September eventuell zu einer Sitzverteilung im Landesparlament führt, die verfassungswidrig wäre.
Ursache der Befürchtung ist das gute Abschneiden der AfD bei der Europawahl. Sie galt als aussagekräftiger Stimmungstest vor der Landtagswahl. Die für Jahrzehnte in Brandenburg dominierenden Sozialdemokraten wurden am 9. Juni nur noch in der Landeshauptstadt Potsdam stärkste Kraft. Im benachbarten Wahlkreis Potsdam-Mittelmark konnte die CDU triumphieren. In der breiten Fläche des Landes aber ging mit deutlichem Abstand die AfD als erste durchs Ziel. Auf dieser Grundlage halten es viele Beobachter für möglich, dass die AfD bei der Landtagswahl in den 44 Wahlkreisen mehr Direktmandate erringt, als ihr nach dem Zweitstimmenanteil an Mandaten zustünden. An dieser Einschätzung ändert auch die neue Wahlbeteiligung des Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) nichts. Dies verzichtet bei der bevorstehenden Landtagswahl in Brandenburg nämlich auf Direktkandidaten in den Wahlkreisen und tritt nur mit einer Landesliste an.
Sollte der AfD bei den Direktmandaten tatsächlich ein landesweiter Durchmarsch gelingen, müssten die anderen Parteien Ausgleichsmandate erhalten. Diese sind notwendig, um das Kräfteverhältnis im Parlament gemäß dem Zweitstimmergebnis zurechtzurücken. Insgesamt könnte der Landtag damit auf mehr Mandate anwachsen, als es das Brandenburger Wahlgesetz zulässt. Das Wahlrecht sieht für den märkischen Landtag maximal 110 Mandate vor.
Möglicherweise Neuwahlen nötig?
Der Politikforscher Robert Vehrkamp von der Bertelsmann-Stiftung warnt bereits vor Verfassungsklagen, wenn Parteien etwa durch die Deckelungsregelung nicht genug Ausgleichsmandate erhielten. Dies würde eine Verfälschung des Wählerwillens darstellen: „Gleichzeitig könnte die AfD durch zahlreiche Überhangmandate eine verfassungsändernde Sperrminorität erreichen, die ihr nach dem Zweitstimmenergebnis nicht zusteht.“ Der Wissenschaftler schlägt vor, das Wahlrecht zu ändern, um einen Landtag mit mehr Mandaten möglich zu machen.
Der Parlamentarische Beratungsdienst des Landesparlaments kam Ende Juli zu der Einschätzung, dass acht bis zehn Überhangmandate für das Wahlsystem verkraftbar seien. Eine Änderung des Wahlrechts hält der Dienst zunächst nicht für notwendig. Weiter ungeklärt ist damit allerdings der Fall, dass bei der Wahl im September eigentlich so viele Überhangmandate notwendig werden, dass „das geltende Wahlrecht den Ausgleich eines erheblichen Teils davon nicht mehr zulässt“.
Nach Ansicht des Beratungsdienstes müsste sich dann das Landesverfassungsgericht mit der Frage beschäftigen, ob die Sitzverteilung im Landtag den Wählerwillen verfälscht und ob möglicherweise sogar Neuwahlen notwendig sind. H.M.