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Vor 70 Jahren stellten die Westalliierten einen Geheimtunnel fertig, mit dem sie ostzonale Telefonleitungen anzapften
Vor 70 Jahren, am 25. Februar 1955, konnten der britische Auslandsgeheimdienst SIS (MI6) und dessen US-Pendant CIA den Rohbau eines 800 Meter langen Tunnels von Berlin-Neukölln nach Berlin-Treptow fertigstellen. Mit dessen Hilfe sollte das in Ost-Berlin im Zuge der Schönefelder Chaussee verlaufende Telefonkabel angezapft werden. Dieses verlief in einer Tiefe von nur 47 Zentimetern. Der Tunnel hingegen hatte eine Tiefe von etwa sechs Metern. Diese Tiefe sollte den Baulärm dämpfen, damit im wahrsten Sinne des Wortes nichts nach oben drang.
Vorbild dieser sogenannten Operation Gold war die ähnlich gestrickte Operation Silber, welche die Briten und US-Amerikaner unmittelbar nach Kriegsende im ebenfalls geteilten Wien durchgeführt hatten. Die Angloamerikaner versprachen sich davon Erkenntnisse, ob und gegebenenfalls wann die Sowjets und deren Verbündete einen Krieg gegen die NATO beginnen würden.
Die große Tiefe des Tunnels in Berlin war verlorene Liebesmüh. Denn als im August 1954 die Bauarbeiten begannen, hatte der sowjetische In- und Auslandsgeheimdienst KGB bereits Kenntnis von dem Unternehmen. Während des Zweiten Weltkrieges, als die Sowjetunion und Großbritannien noch verbündet waren, und schon davor hatte der KGB zahlreiche Doppelagenten, sogenannte Maulwürfe, bei den britischen Geheimdiensten installiert. Einer davon war George Blake. Schon während des Planungsstadiums informierte der hohe SIS-Mitarbeiter seinen KGB-Führungsoffizier über die Absicht des Baus eines Abhörtunnels. Blake war bei der entscheidenden Besprechung in London Protokollführer und übergab in einem Nahverkehrsbus der Metropole eine Kopie seinem Verbindungsoffizier Sergeij Kondraschow, der damals als 1. Botschaftssekretär an der sowjetischen Botschaft arbeitete. Obwohl der KGB also Bescheid wusste, unternahm er nichts. Einerseits sollte der Informant Blake geschützt werden. Andererseits bot die Abhöraktion dem Osten die Möglichkeit, dem Westen falsches Material zuzuspielen.
Nach der Fertigstellung des Tunnels wurde ein Schacht senkrecht nach oben gegraben und die technische Abhörausrüstung herbeigeschafft. Sprengladungen sollten im Falle einer überraschenden Entdeckung alles vernichten.
Am 11. Mai 1955 konnten erstmals die Kabel angezapft werden. Die abgehörten Gespräche wurden auf 50.000 Magnetbandspulen gespeichert und in London von 300 und in den USA gar von 350 Geheimdienstmitarbeitern ausgewertet.
1956 beendeten die Sowjets das Katz-und-Maus-Spiel. Damit im Westen nicht der Verdacht aufkam, dass ein Maulwurf die Operation Gold verraten und der KGB möglicherweise schon länger von der Operation gewusst habe, wurde die Enttarnung des Tunnels als Zufallsfund inszeniert. Nachdem es in den Tagen zuvor durch starke Regenfälle zu Störungen an verschiedenen Telefonleitungen gekommen war, dienten scheinbare Reparaturarbeiten als Vorwand, in den Morgenstunden des 22. April 1956 die Straße justement über dem Tunnel aufzureißen. So kamen die Spionageeinrichtungen zum Vorschein.