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Gefahrenbekämpfung

Spione im Datennetz

Ein nächster Schritt in den Überwachungsstaat? Geheimdienste wollen in den sozialen Netzwerken mitlesen

Wolfgang Kaufmann
08.12.2020

Es ist immer wieder das gleiche Prozedere: Nach jedem größeren Terroranschlag in Europa fordern Politiker ein Mehr an Überwachung. So auch anlässlich des Blutbades, welches der Sympathisant des Islamischen Staates Kujtim Fejzulai am
2. November in Wien angerichtet hatte.

Dabei kamen die lautesten Töne diesmal von den EU-Innenministern. In das Abschlusskommuniqué ihres Treffens vom 12. November nahmen sie den Passus auf, dass sich die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union nun „mit der Frage der Datenverschlüsselung befassen müssen“. Was damit gemeint war, geht aus dem Entwurf der deutschen EU-Ratspräsidentschaft für eine formelle Erklärung der Innenminister zur Ausweitung der digitalen Überwachung vom 6. November 2020 hervor.

Terrorbekämpfung als Vorwand?

In dem Dokument mit dem Titel „Security through encryption and security despite encryption“ (Sicherheit durch Verschlüsselung und Sicherheit trotz Verschlüsselung) heißt es: Im Interesse der Terrorbekämpfung müssten Behörden auf dem Gebiet der Sicherheits und Kriminalitätsbekämpfung, also Polizei, Geheimdienste und Justizbehörden, künftig deutlich mehr Möglichkeiten erhalten, was den „rechtmäßigen Zugang“ zu verschlüsselten Daten betreffe. Hierzu sei ein enger Dialog mit der Technologieindustrie notwendig.

Das bedeutet im Klartext, dass die EU solche beliebten Messengerdienste für den Nachrichtensofortversand wie Whats­App, Telegram, Threema und Signal dazu verpflichten will, die technischen Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass die staatlichen „Autoritäten“ trotz der eigentlich unangreifbaren Ende-zu-Ende-Verschlüsselung vom Absender bis zum Empfänger mitlesen oder mithören können. Beispielsweise durch die Übergabe eines Generalschlüssels zu der elektronischen Kommunikation oder den Einbau von „Hintertüren“ in die Software.

Vier Gründe sprechen dagegen

Ein solches Vorgehen wäre jedoch gleich in mehrfacher Hinsicht problematisch. Zum Ersten scheiterte die Verhinderung von Terroranschlägen in der Vergangenheit in aller Regel nicht an der Verschlüsselung von Nachrichten, sondern an der Unfähigkeit der Sicherheitsbehörden, potentielle und zumeist auch schon bekannte Täter rechtzeitig unschädlich zu machen.

Zum Zweiten würden die meisten Terroristen in der Lage sein, alternative sichere Kommunikationswege zu finden. Zum Dritten hätte man es hier mit einem äußerst schwerwiegenden Grundrechtseingriff zu tun, der kaum als verhältnismäßig gelten kann. Einem Minimum an mehr Mitteln im Kampf gegen den Terror stünde die maximale Verletzung der Privatsphäre von Millionen unbescholtenen Bürgern gegenüber.

Und zum Vierten dürfte das Ganze zu eklatanten Defiziten bei der Datensicherheit führen, denn schließlich würden über kurz oder lang auch Kriminelle in den Besitz der Generalschlüssel gelangen oder die Hintertüren in der Software finden und für ihre Zwecke missbrauchen. Deshalb führte das Bekanntwerden der Absichten der EU zu einem Sturm der Entrüstung seitens von IT-Experten und Bürgerrechtlern.

Das Bundesinnenministerium dementierte daraufhin jetzt, dass die EU das Verbot oder auch nur die Schwächung der Ende-zu-Ende-Verschlüsselung anstrebe. Vielmehr gehe es ihr um „Lösungsvorschläge, ... welche einen möglichst geringen Eingriff in die Verschlüsselungssysteme darstellen“.

Fernmeldegeheimnis in Gefahr

Das kann man glauben – oder auch nicht. Immerhin brachte die Bundesregierung am 21. Oktober den „Entwurf eines Gesetzes zur Anpassung des Verfassungsschutzrechts“ auf den Weg. Und der sieht in der Tat weitreichende Zugriffsrechte der Nachrichtendienste von Bund und Ländern auf die verschlüsselte Messenger-Kommunikation innerhalb Deutschlands sowie die Änderung des Gesetzes zur Beschränkung des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses (Artikel-10-Gesetz) vom 29. Juni 2001 vor. Künftig sollen demnach auch Whats­App und Co. juristisch dazu verpflichtet werden, „technische Mittel“ zur Verfügung zu stellen, die es den Schlapphüten hierzulande ermöglichen, Inhalte, welche den Anbietern „zur Übermittlung auf dem Telekommunikationsweg anvertraut sind, auszuleiten“.


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Kommentare

Hartmut Bies am 20.12.20, 12:34 Uhr

....und schon wieder wird versucht, im nachhinein etwas zu "legalisieren",...das in der Praxis längst angewendet wird.
Es ist erschreckend, für wie dumm die Merkel-Junta die eigene Bevölkerung hält.

sitra achra am 09.12.20, 15:07 Uhr

Und da fragen sich kluge Köpfe verzweifelt, wie es dazu kommen konnte, dass die Deutschen den Nationalsozialisten hinterherliefen. Liebe Leute!
Die gesamte globale Gegenwart wimmelt nur von kongenialen Nachfolgern, das ist wohl tief im Erbgut des Homo sapiens sapiens verwurzelt.
In Abwandlung von Fausts Schicksalsspruch: das ewig Menschliche zieht uns hinab.

Siegfried Hermann am 08.12.20, 12:58 Uhr

Ein nächster Schritt in den Überwachungsstaat!?
Nee, nich wirklich.
Weil es das längst überall gibt und gerade die Geheimdienste immer voran sind. Stichworte: Bundestrojaner, usb-stick, fake-firmware in handys, Router, Festplatten, endlose backdoors in win für die ABC-Dienste, Abhöreinrichtung an den wichtigsten Netzknoten, Anzapfen von Telekom-Unterseekabel, Echeleon und und und.
Nebenbei:
Solche Scheixxveranstaltungen wie Fratzenbuch, bitcoin, woosäpp sind Ausgründen der NSA zur Datensammlung. Wer da trotzdem und noch freiwillig alles seinen "Freunden" beichtet, ist selber Schuld!
Was jetzt mit Corona dazu kommt sind die soziale Ächtung der Kritiker durch elendig hörigen Systemmedien und mittels selbst ernannte Stasiblockwarte vom VEB Horch und Guck, heute "Corona-Polizei".
Selbst die ätzenden guudmenschen-Lehrer werden gefordert das die Kinder die eigenen Eltern aushorchen. Fehlt nur noch wie in China ein Bonus-System für den besten Denunzianten.
In der Summe sind wir viel, viel weiter als Erich´s Stasi-Lampenladen, irgendwo zwischen DDR 666.0-1984 und der totalen Kontrolle durch die Matrix.
Mahlzeit!

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