20.05.2024

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Baudenkmal

St. Marien zu Stralsund

Beeindruckende Innenausstattung der Kirche – und vom Turm hat man eine traumhafte Aussicht

K.-H. Engel
03.09.2023

Wer nicht glauben mag, dass die Hansestadt Stralsund nahezu ganz von Wasser umgeben wird, sollte in den Turm der St. Marienkirche steigen. Von der Aussichtslaterne in sage und schreibe 90 Metern Höhe
– das gilt im platten Land als Respekt gebietende Größenordnung – wirkt die 2002 zum UNESCO-Weltkulturerbe ernannte Altstadt, als sei sie auf einer Ostseeinsel errichtet worden.

Der Eindruck täuscht natürlich, denn die immerhin 100 Hektar großen Wasserflächen auf der binnenländischen Seite sind kein Teil der Ostsee. Es handelt sich um Teiche, die einst im Zusammenhang mit dem Bau der mittelalterlichen Wehrbefestigung angelegt wurden. So erhielt die Stadt den inselartigen Charakter.

Weiter Blick auf Land und See
Dessen ungeachtet entbietet sich vom Turm der Marienkirche ein wunderbarer Blick auf das 1234 gegründete Stralsund mit seinen roten Dächern und den Türmen der beiden anderen markanten gotischen Altstadtkirchen St. Nikolai und St. Jakobi (seit einigen Jahren Kulturkirche). In der Landschaft dahinter zeichnen sich im Norden die Konturen der Insel Hiddensee ab.

Weiter rechts, über den zwei Kilometer breiten Strelasund hinweg, erstreckt sich in ganzer Breite Rügen, Deutschlands größte Insel. Nach Süden und Westen schweift der Blick über die weite norddeutsche Ebene mit ihren Feldern, Wäldern und kleinen Ortschaften. Diese Rundumsicht wie aus einer Flugzeugperspektive erfüllt nicht nur Urlauber mit Staunen, sondern auch immer wieder Einheimische.

Aber wer sich zum Aufstieg in den mittelalterlichen Turmbau entschließt, muss bereit sein, Unmengen von zumeist Wendeltreppenstufen unter die Schuhe zu nehmen. Man sollte wirklich gut bei Puste sein. Allerdings lädt der aus wuchtigem Gebälk gezimmerte Glockenstuhl mit dem Dreiergeläut zwischendurch zu einer Pause ein. Das ist eine gute Gelegenheit, sich das klangmächtige Trio ganz aus der Nähe zu betrachten. So etwas bietet sich Freunden alter Kirchen schließlich nicht jeden Tag.

Die Schnörkelinschrift auf der größten der Drei zu entschlüsseln erscheint zwar unmöglich, doch verrät eine kleine Tafel, um was es sich handelt. „Durch Hitze und Feuer bin ich geflossen. Adam Lehmeier hat mich gegossen. Mein Name ist Heilige Dreifaltigkeit. Gott sei gelobt in Ewigkeit“, steht dort. Ebenso dass die Glocke 500 Kilogramm wiegt und im Jahr 1663 gegossen wurde. Die beiden kleineren sind neuen Datums. Sie stammen aus dem Jahr 1969.

Vom Glockenstuhl aus führen Holztreppen die Turmbesteiger weiter aufwärts. Und dann steht man endlich nach 366 steilen Stufen in der von frischem Seewind umwehten offenen Turmlaterne. Welche Aussicht! Das ist der Lohn für die Mühen des Aufstiegs. Der Turm der Stralsunder Marienkirche reicht 104 Meter hinauf. An der pommerschen Küste steht kein höherer. Genau weiß man es wohl nicht, doch soll St. Marien ab 1549 sogar fast 100 Jahre lang mit 151 Meter Turmhöhe das höchste Bauwerk der Welt gewesen sein. 1647 aber stürzte es nach einem Blitzschlag brennend zusammen.

Regelmäßig Orgelkonzerte
Doch der Turm in seiner jetzigen Erhabenheit ist bei Weitem nicht das einzige, was die dreischiffige Basilika an Großartigem bietet. Schon der Kirchenraum allein mit seinen 96 Metern Länge und 33 Metern Höhe verschlägt Besuchern geradezu den Atem. Er beherbergt eine Fülle von zum Teil Jahrhunderte alten Glaubenszeugnissen.

Und dann prangt da die zwischen 1653 und 1659 vom Lübecker Meister Friedrich Stellwagen gefertigte Barockorgel, eine der opulentesten ihrer Art in Norddeutschland. Außer bei Gottesdiensten und Konzerten ertönt sie von Mai bis September montags bis freitags um 11 Uhr zu kleinen Orgelmusiken. Ein Tipp für Urlauber: St. Marien unbedingt einen Besuch abstatten. Die Kirche ist von 11 bis 16 Uhr geöffnet, so informiert ein Hinweisschild am Eingang, der Turm kann von 11 bis 15.30 Uhr bestiegen werden.


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Kommentare

Kersti Wolnow am 04.09.23, 07:07 Uhr

Oh, wie oft habe ich auf dem Turm der Marienkirche gestanden! Mein Vater war ein Liebhaber der Altstadt von Stralsund. Er hat es seinen Genossen von der SED vom Stadtrat sehr verübelt, daß sie dort die alten Gemäuer nicht pflegen wollten und dem allmählichen Verfall preisgaben, während sie drumherum die Vorstädte mit häßlichen Neubauwürfeln zupflasterten. In einem von ihnen wohnte meine Familie. Pervers waren die Balkone aus Glas, die bei einem heftigen Herbststurm abfielen und anschließend ausgetauscht wurden. Warum nur haben Kommunisten keinen Geschmack? Warum nur
können/wollen sie das alte Erbe nicht pflegen? Das neue Meereskundemuseum (Klorolle genannt), das vom Baustil so gar nicht in den alten Hafen paßt, und der neue häßliche Rügendamm weisen darauf hin, daß sie noch heute das Sagen haben. Und nicht nur in Stralsund. Wir werden lange brauchen, um zu den alten preußischen Werten zurückzukommen. Und die Amtskirchen sind ist dabei nicht gerade hilfreich, geradezu ein Hemmschuh.

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