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Scheichs schicken ihre Marssonde al-Amal auf den „roten Planeten“. Weitere Missionen sind denkbar
Am späten Abend des 19. Juli schickten die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) eine Raumsonde namens „al-Amal“ (Hoffnung) auf den Weg zum Mars. Der Start erfolgte vom japanischen Weltraumbahnhof Tanegashima Uchū Sentā in Minamitane mittels einer ebenfalls japanischen Trägerrakete vom Typ H-IIA aus der Produktion von Mitsubishi Heavy Industries (MHI). Die 1350 Kilogramm schwere Sonde wiederum war am Laboratory for Atmospheric and Space Physics (LASP) der Universität von Colorado in den USA entwickelt und montiert worden. Dahingegen stammten die für das Unternehmen benötigten Finanzmittel im Umfang von insgesamt rund 200 Millionen US-Dollar ausschließlich aus den VAE. Ebenso liegt die Gesamtleitung des Projektes und die Flugaufsicht bei der United Arab Emirates Space Agency (UAESA) beziehungsweise beim Mohammed Bin Rashid Space Centre (MBRSC) in Dubai.
Offizielles Ziel der al-Amal-Mission ist die Beobachtung des Klimas auf dem Roten Planeten über den Zeitraum eines vollen Marsjahres – das entspricht 687 Tagen auf der Erde. Dazu hat die Sonde verschiedene Messinstrumente an Bord. Allerdings machen die sieben Scheichtümer am Persischen Golf, welche seit Dezember 1971 eine Föderation bilden, keinen Hehl daraus, dass sie mit dem Unternehmen auch noch andere Absichten als interplanetare Klimaforschung verbinden.
So will man die Jugend im Lande inspirieren, sich mit Natur- und Ingenieurswissenschaften zu befassen, denn wenn der Ölboom in der Region vorbei ist, brauchen die Emirate alternative Einnahmequellen. Deshalb streben sie die Etablierung einer „Wissensgesellschaft“ an.
Des weiteren treten die VAE mit der ambitionierten Mars-Mission, welche eine „wissenschaftliche und technische Renaissance“ in der arabischen Welt einleiten soll, aber auch in Konkurrenz zu den Nachbarstaaten Katar und Saudi-Arabien. Die verfolgen ebenfalls diverse große Prestigeprojekte wie die Fußballweltmeisterschaft von 2022 oder den Bau von Mega-Städten in der Wüste. Für die Golf-Emirate bietet die Raumfahrt die Chance, gegen die beiden Rivalen auf einem völlig neuartigen Gebiet aufzutrumpfen – ganz abgesehen von der Kompensation der gleichermaßen bestehenden kulturellen Minderwertigkeitsgefühle gegenüber dem Westen und hochentwickelten asiatischen Ländern wie China, Japan und Südkorea.
Das ist auch der Grund, warum die Emirate im September 2019 einen Mann ins All schickten: Der aus 4022 Kandidaten ausgewählte F-16-Kampfpilot der VAE-Luftwaffe Hassa al-Mansuri war damals an Bord der sowjetischen Kapsel Sojus MS-15 zur internationalen Raumstation ISS geflogen und einige Tage dort verblieben, bevor er mit Sojus MS-12 zur Erde zurückkehrte. Weitere ähnliche Missionen sind nicht ausgeschlossen – schließlich investieren die Scheichs vom Golf inzwischen in die Modernisierung der legendären Rampe Nr. 1 auf dem kasachischen Weltraumbahnhof Baikonur, von der aus 1957 die Rakete mit „Sputnik-1“ abhob und 1961 Jurij Gagarin als vermutlich erster Mensch in den Kosmos flog.
Ansonsten scheinen die VAE aber auch selbst in die gewinnträchtige kommerzielle Raumfahrt einsteigen zu wollen. Davon zeugt die Absicht, in Kooperation mit dem US-amerikanischen Unternehmen Virgin Galactic, das private Touristenflüge ins All anbietet, einen „Weltraumhafen“ in Dubai zu errichten. Vor diesem Hintergrund stellen Missionen wie die der al-Amal eine hervorragende Werbung dar.
Darüber hinaus könnte hinter dem Raumfahrtprogramm der VAE noch etwas anderes stecken. Darauf verwies Jörg Matthias Determann, welcher an der Virginia Commonwealth University in Katar Wissenschaftsgeschichte lehrt und der wohl der beste Kenner der Materie ist, im Interview mit „Spektrum der Wissenschaft“: Sicher würden die Emirate derzeit nur friedliche Ziele im All verfolgen, kämen aber auf diese Weise auch an genügend Expertise und Technologien, um im Konfliktfall in der Lage zu sein, „relativ schnell Weltraumstreitkräfte“ aufzustellen.