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In einigen Bundesländern neigt sich die Ferienzeit dem Ende zu. Nicht überall sind die Bildungsanstalten auf das neue Jahr optimal vorbereitet
Das Schuljahr 2020/2021 steht vor der Tür. Berlin, Brandenburg, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein starten in der ersten oder zweiten Augustwoche wieder in die Schule, in der ersten beziehungsweise zweiten Septemberwoche folgen als letzte Länder Bayern und Baden-Württemberg. Die für alle Beteiligten spannende Frage lautet: Wird es wieder ein Corona-Schuljahr wie das abgelaufene, in dem die Schüler wegen der Schulschließungen ab Mitte März je nach Klassenstufe auf 300 bis 400 Stunden Präsenzunterricht verzichten mussten, das heißt auf rund ein Viertel bis ein Drittel eines regulären Schuljahres?
Trotz der Probleme im alten Schuljahr war alles gerade noch einmal gut ausgegangen. Die Abschlussprüfungen haben stattgefunden, zumeist sogar mit überdurchschnittlich guten Noten. Und nennenswerte Zahlen an Covid-19-Fällen via Schule sind auch nicht bekannt geworden. In Bayern etwa mit seinen mehr als 6.000 Schulen und rund 1,6 Millionen Schülern wurden zwischen März und Juli 2020 ganze sechs Fälle von Infektionen an Schulen registriert.
Nun müssen sich die 42.000 Schulen in Deutschland mit rund zehn Millionen Schülern für alle Eventualitäten rüsten. Natürlich soll der reguläre Präsenzunterricht im Klassenverband Vorrang haben, denn dieser Unterricht in der realen Lehrer-Schüler-Interaktion erbringt die besten Bildungs- und Erziehungsergebnisse. Entsprechend ist es auch offizielles Ziel aller Bundesländer, so rasch wie möglich mit schulischem Regelbetrieb zu starten. Aber es sind, zumal aufgrund der aktuell steigenden Infektionszahlen, Alternativen parat zu halten. Sprich: Lehrer und Schüler müssen für einen Fernunterricht mit entsprechender digitaler Hard- und Software ausgestattet sein. Hier mangelt es zum Teil gewaltig.
Vor allem aber müssen, beziehungsweise mussten die Sommerferien genutzt werden, um die zuletzt teilweise defizitären, aber notwendigen Hygienestandards zu gewährleisten: Waschbecken, Desinfektionsmittel, Schutzmasken, Lüftungstechnik. Ferner müssen die örtlichen Gesundheitsbehörden genügend Kapazitäten schaffen, damit an den Schulen regelmäßig mittels Reihen- oder Stichprobenuntersuchungen Corona-Testungen stattfinden und Hotspot-Schulen sofort geschlossen werden können. All das gehört zu einem Plan B, den die 16 Kultusministerien für das neue Schuljahr hoffentlich in der Schublade haben.
Unerwarteter Lehrermangel
Gefordert ist zudem die Personalpolitik der Bundesländer. Auch wenn es eine Menge Geld kostet und die Ersatzlehrer in größerer Zahl kaum auf dem Markt sind, müssen die Schulministerien unbedingt zusätzliche Lehrer einstellen. Damit wird es eher möglich, übergroße Klassen von 30 Schülern und mehr zu vermeiden. Zudem gibt es einen erheblichen Ersatzbedarf an Lehrern, weil zwischen 15 und 20 Prozent der Lehrerschaft aus Altersgründen, wegen Vorerkrankungen oder wegen Schwangerschaft zu den Risikogruppen zählen, die nicht in die Schule kommen dürfen und ausschließlich im digitalen Fernunterricht einsetzbar sind.
Vieles ist im wahrsten Sinn des Wortes ansonsten eine Frage der Erziehung. Schüler und Lehrer müssen die Hygiene-, Abstands- und Gesichtsschutz-Vorschriften einhalten. Gerade die ABC-Schützen, also die Schulanfänger, sollen hier, soweit sie die Regeln nicht schon im Kindergarten verinnerlicht haben, konsequent angeleitet werden. Eltern stehen hoffentlich hinter all dem und achten darauf, dass ihre Kinder, sofern sie Erkältungssymptome haben, zu Hause bleiben. Sie sollten ihre Kinder unbedingt auch für eine angemessene Zeit von zwei Wochen zu Hause lassen, wenn sie unmittelbar aus dem Urlaub in einem Risikogebiet zurückkehrten. Die Schulen sollten sich dies konsequent von den Eltern bestätigen beziehungsweise widerlegen lassen.
Ohne eine gewisse Unübersichtlichkeit, das heißt ohne lokale und regionale Sonderregelungen quer durch die Republik, und ohne kreatives Improvisieren wird es nicht gehen, zumal die Möglichkeiten regulären Unterrichts von der Lage vor Ort abhängen, also von der örtlichen Infektionsrate. Ob die Ankündigung von Baden-Württembergs Schulministerin Susanne Eisenmann, für das Schuljahr 2020/2021 die Schulpflicht auszusetzen und den Schulbesuch ins Belieben der Eltern zu stellen, sinnvoll ist, darf mit Fug und Recht bezweifelt werden. Eine solche Regelung, so sie denn massenhaft genutzt würde, triebe einen Keil in die Schulen und in jede einzelne Klasse. Eine solche Praxis ließe zudem die Kluft zwischen bildungsnahen und bildungsfernen Elternhäusern noch größer werden.
Corona darf jedenfalls nicht noch mehr dazu führen, dass viele Schüler abgehängt werden und die Bildungsnation Deutschland noch weiter zurückfällt. Aber auch hier gilt: Die Hoffnung stirbt zuletzt.