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Für die Versorgungssicherheit wichtige Gesetzesreformentwürfe der Bundesregierung drohen im Parlament keine Mehrheit zu finden
Besorgte Energieexperten, die vor einem Kollaps der Stromversorgung als Folge der Energiewende warnen, sind keine Seltenheit mehr. Angesichts einer kurzzeitigen Verzehnfachung des Strompreises am Abend des 6. November hatte der Vorstandsvorsitzende des Versorgers RWE, Markus Krebber, festgestellt, dass die deutsche Stromversorgung an ihre Grenzen stößt. Ausgelöst worden war die Preisexplosion, weil Windräder und Solaranlagen wetterbedingt nur einen minimalen Beitrag zur Stromversorgung leisten konnten. Einspringen mussten Kraftwerke sowie Nachbarländer mit Stromlieferungen. Aus Sicht des RWE-Chefs war dies ein „Warnschuss“: „Solche Dunkelflauten seien etwas ganz Normales und würden immer wieder auftreten.“
Recht ungewöhnlich sind noch immer Warnungen zur Versorgungssicherheit, die aus der Öko-Strombranche selbst kommen. Die Solarunternehmen Enpal und 1Komma5° sahen sich vor Kurzem nun aber offenbar genötigt, vor einem flächendeckenden Stromausfall zu warnen. Verbunden war dies mit der Forderung an die Politik, schnell zu handeln. Besondere Sorgen bereitet den beiden Solarunternehmen die Einspeisung aus ungeregelten Photovoltaik-Anlagen. Dabei geht es um Anlagen mit weniger als 100 Kilowatt, die ihren Strom nicht direkt vermarkten.
Wie es in der Erklärung der beiden Solarfirmen heißt, wird „immer mehr Strom durch kleine Photovoltaik-Anlagen erzeugt, die die Einspeisevergütung erhalten und nicht gesteuert werden. Im Juli dieses Jahres waren es bereits 60 Gigawatt.“ Nach Ansicht der beiden Unternehmen kann diese Entwicklung an einem Tag mit hoher Solarstromerzeugung und geringem Stromverbrauch, etwa an einem sonnigen Feiertag, zu einer Gefahr für die Versorgungssicherheit werden. Reicht dann die Abschaltung von Stromerzeugern nicht aus, um das Überangebot der nicht steuerbaren Solaranlagen zu verringern, bliebe als Ausweg nur noch die Abschaltung ganzer Verteilernetze. Nach Ansicht der beiden Solarfirmen kann dies im schlimmsten Fall bereits Ostern oder Pfingsten nächsten Jahres passieren.
Stromspitzen-Paket
Vor diesem Hintergrund mahnen beide Firmen, dass ungeachtet des Ampel-Aus eine geplante Gesetzesänderung sofort umgesetzt werden müsse. Im Blick haben die Unternehmen dabei das sogenannte Stromspitzen-Paket, dass die Ampelkoalition wenige Wochen vor ihrem Auseinanderbrechen vorgestellt hatte. Teil dieser Gesetzesänderung sollte die Regelung sein, zumindest bei Neuanlagen in Zeiten negativer Strompreise für Erneuerbare Energie keine Vergütung mehr zu zahlen.
Ziel ist dabei nicht nur die Verhinderung gefährlicher Stromspitzen. Vielmehr schlägt die Vergütung der Öko-Energie auch immer größere Löcher in die Finanzplanung des Bundes. Für 2024 waren ursprünglich 10,6 Milliarden Euro für das Erneuerbare-Energien-Gesetz eingeplant. Im September lagen die Ausgaben jedoch bereits bei rund 15 Milliarden Euro.
Die Lösung für Stromspitzen war vom Bundeswirtschaftsministerium als ein Teilpunkt einer umfassenden Novellierung des Energiewirtschaftsgesetzes gedacht. Nach dem Bruch der Ampel ist höchst zweifelhaft, ob die von Robert Habecks Ministerium geplanten Änderungen am Gesetz noch vom Bundestag beschlossen werden. Für den nicht unwahrscheinlichen Fall eines Regierungswechsels nach den Neuwahlen vom 23. Februar gehen einige Beobachter davon aus, dass die Union Monate brauchen wird, bis sie als Regierungspartei ein eigenes, in die Tiefe gehendes Konzept zur Energiepolitik ausgearbeitet hat.
Kraftwerkssicherheitsgesetz
Dem Ampel-Bruch zum Opfer fallen wird voraussichtlich auch ein lange erwartetes „Kraftwerkssicherheitsgesetz“. Einen Entwurf hatte Habeck im September vorgestellt. Mit dem Gesetz wollte der Wirtschaftsminister milliardenschwere Anreize für den Bau neuer Gaskraftwerke schaffen. Nach den Vorstellungen Habecks sollen künftig bis zu 50 Kraftwerke als Reserve dienen für den Fall, dass Windkraft und Photovoltaik nicht genug Strom liefern. Unter Hinweis auf Eilbedürftigkeit hat Habeck angekündigt, das Gesetz noch vor der geplanten Neuwahl durch Bundestag und Bundesrat bringen zu wollen. Der stellvertretende Unions-Fraktionschef Jens Spahn hat allerdings bereits erklärt, er wolle nicht über den Bau neuer Gaskraftwerke verhandeln.
Fürchten muss Habeck sogar, dass nach Neuwahlen sein Heizungsgesetz stark überarbeitet oder sogar komplett wieder abgeschafft wird. Wie Spahn hat auch CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann mittlerweile angekündigt, das Heizungsgesetz „zu stoppen“ beziehungsweise „zurückzunehmen“. Selbst die SPD scheint beim Gebäudeenergiegesetz starken Nachbesserungsbedarf zu sehen. Auf dem Tag der Wohnungswirtschaft in Berlin kündigte Bundesbauministerin Klara Geywitz eine grundsätzliche Reform des Gesetzes an.