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Naturschutz versus Wirtschaftsförderung

Streit um den Ausbau der Oder

Umweltschützer fordern von der Bundesrepublik und Brandenburg Druck auf Polen

Norman Hanert
14.06.2020

Naturschutzverbände und auch die Verwaltung von Deutschlands einzigem Flussauen-Nationalpark „Unteres Odertal“ sind durch polnische Pläne zum Ausbau der Oder alarmiert. In einer gemeinsamen Erklärung haben deutsche und polnische Umweltverbände vom Bund und dem Land Brandenburg mehr Einsatz zum Schutz der Oder gefordert. In der Pflicht sehen die Verbände dabei insbesondere Brandenburgs Ministerpräsidenten Dietmar Woidke (SPD), den Koordinator für die deutsch-polnische Zusammenarbeit. Unmittelbarer Anlass für die gemeinsame Erklärung der Umweltverbände ist ein positiver Umweltbescheid, den der Umweltdirektor in Stettin erteilt hat. Die polnischen Ausbaupläne sehen eine Modernisierung der Buhnen und eine Vertiefung des Flussbettes vor.

Modernisierung der Buhnen

Das Vorhaben geht auf eine Vereinbarung zurück, die Bundeskanzlerin Angela Merkel im Jahr 2015 zusammen mit dem damaligen Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt und dem polnische Umweltminister Maciej Grabowski getroffen hat. Im Blick hatten beide Seiten damals die Verbesserung des Hochwasserschutzes an der Oder im Abschnitt zwischen Frankfurt und der Ostseemündung. Der Fluss soll eine tiefere Fahrrinne erhalten, um so bessere Einsatzbedingungen für Eisbrecher zu schaffen.

Allerdings gibt es inzwischen deutliche Hinweise, dass es der polnischen Regierung unter dem Etikett „Hochwasserschutz“ nicht nur um Eisbrecher, sondern eigentlich um die Frachtschifffahrt auf der Oder geht. So wollte die Deutsche Bahn im Jahr 2018 bei Küstrin zwei Eisenbahnbrücken der ehemaligen Preußischen Ostbahn neu bauen. Die Pfeiler der Brücke, über die bis 1945 noch Expresszüge zwischen Berlin und Königsberg fuhren, sind mittlerweile rund 150 Jahre alt. Das Warschauer Binnenschifffahrtsministerium blockierte allerdings das Neubauvorhaben der Deutschen Bahn, indem es eine größere Durchlasshöhe forderte, damit auch Containerschiffe die neue Oderbrücke passieren können. Seitdem liegt das Projekt erst einmal auf Eis. Verzögert wird damit auch der Plan, die Ostbahn von Berlin über Küstrin bis nach Landsberg an der Warthe zu elektrifizieren.

Vertiefung des Flussbetts

Naturschützer beidseits der Oder befürchten sogar, dass die polnischen Pläne Schäden anrichten, die nicht mehr gut zu machen sind. Die Oder gilt als einer der letzten frei fließenden naturnahen Flüsse in Europa. Dirk Treichel, Leiter des Flussauen-Nationalparks „Unteres Odertal“, warnt, dass durch den Ausbau auf der östlichen Seite der Oder insgesamt wichtige Lebensräume entlang des bisher weitgehend naturbelassenen Flusses verschwinden werden. Vor dem Umweltausschuss des Potsdamer Landtags sagte Teuchel Anfang Juni, die polnischen Pläne seien aus Sicht der Nationalparkverwaltung nicht mit der Wasserrahmenrichtlinie und den Naturschutzrichtlinien der EU vereinbar.

Eine ähnliche Einschätzung haben der Deutsche Naturschutzring (DNR) und der BUND Brandenburg. Carsten Preuß, Vorsitzender des brandenburgischen Landesverbands des BUND, erklärte: „Der BUND Brandenburg hat gegen den positiven Umweltbescheid des Umweltdirektors in Stettin Widerspruch eingelegt, auch um vor einem polnischen Verwaltungsgericht klageberechtigt zu sein. Wir fordern auch von Dietmar Woidke, sich als Ministerpräsident und Koordinator für die deutsch-polnische Zusammenarbeit schützend vor die Oder zu stellen.“


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