26.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

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Jubiläum

Streitbare Begleiterin des Zeitgeschehens

Von Beginn an war das Ostpreußenblatt und später die Preußische Allgemeine Zeitung eine besondere Stimme in der Presselandschaft. Rückblicke auf 70 Jahre Blattgeschichte – und Ausblicke auf die Zukunft

René Nehring
03.04.2020

Am Anfang stand ein Fluchtbericht. Am 5. April 1950 erschien mit 48 Seiten im Berliner Format die erste Ausgabe des Ostpreußenblatts. „Der Passionsweg einer tapferen ostpreußischen Frau“ lautete die erste Titelgeschichte. Ein paar Tage zuvor war eine Probeausgabe erschienen, in der die Notwendigkeit eines eigenen „Organs der Landsmannschaft Ostpreußen e.V.“, so der Untertitel der Zeitung, erläutert wurde.

Anfänge als Verbandsorgan

In den ersten zwei Jahrzehnten war das Ostpreußenblatt im wesentlichen eine klassische Verbandszeitung. Die Artikel thematisierten die Schicksale und sozialen Nöte der Vertriebenen aus dem deutschen Osten; sie halfen bei der Erfassung und Zusammenführung der während der Flucht und Vertreibung versprengten Landsleute; sie gaben Lebenshilfe bei der Integration in die sich neu formierende Gesellschaft der drei West-Zonen und später der Bundesrepublik; und natürlich thematisierte das Ostpreußenblatt auch und gerade die politischen Forderungen der ostdeutschen Landsmannschaften (unter anderem in der Frage des Lastenausgleichs).

Eine wichtige Aufgabe des Blatts war naturgemäß die Bewahrung der ostpreußischen Identität im Nachkriegsdeutschland. Umgeben von Holsteinern, Hannoveranern, Westfalen, Rheinländern, Hessen, Schwaben oder Bayern wurde das Ostpreußenblatt für viele Landsleute zur wahren Ersatzheimat. Artikel und Geschichten aus der Feder von Agnes Miegel, Hansgeorg Buchholtz, Erminia v. Olfers-Batocki und vielen anderen hielten die Erinnerung an das „Land der dunklen Wälder und kristall'nen Seen“ wach. Eine Mitwirkende der ersten Stunde war die unvergessene Ruth Geede, die fast 70 Jahre lang diese Zeitung prägte wie niemand sonst, bis sie im Frühjahr 2018 mit 102 Jahren als älteste aktive Journalistin der Welt verstarb.

Mahnende Stimme im geteilten Deutschland

Als sich zu Beginn der 1970er Jahre die Lage der Vertriebenen änderte, wandelte sich auch der Charakter des Ostpreußenblatts. Die gröbsten Nöte der Nachkriegszeit für die Ostpreußen, Pommern, Schlesier, Sudetendeutschen etc. waren überwunden. Fast alle Landsleute aus dem Osten hatten inzwischen eine feste Bleibe und eine Erwerbstätigkeit gefunden. Entsprechend rückten soziale Themen in den Hintergrund.

Um so wichtiger wurden die politischen Grundsatzfragen. In der Frühphase der Bundesrepublik waren die Vertriebenenverbände die größte politische Kraft im Lande; zu ihren Treffen kamen Hunderttausende – und alle politischen Parteien warben bei Wahlen lange Zeit um ihre Stimme. Dies änderte sich mit der „Neuen Ostpolitik“ der sozialliberalen Bundesregierung zu Beginn der siebziger Jahre. Hatten bis dato alle Parteien – einschließlich der SPD – Parolen wie „Dreigeteilt niemals“, „Das ganze Deutschland soll es sein“ oder „Verzicht ist Verrat“ verkündet, so wechselten die Sozialdemokraten nach dem Amtsantritt des Bundeskanzlers Willy Brandt ihren deutschlandpolitischen Kurs und suchten die Verständigung mit der DDR sowie mit der Volksrepublik Polen und der Sowjetunion.

Auf diese Entwicklung reagierte auch das Ostpreußenblatt. In Zeiten, in denen immer mehr Rufe zu vernehmen waren, doch endlich die Realitäten der Nachkriegszeit anzuerkennen, erinnerte diese Zeitung als eine der wenigen publizistischen Stimmen konsequent an das oberste Ziel der Verfassung, „in freier Selbstbestimmung die Einheit und Freiheit Deutschlands zu vollenden“. Da das „Verbandsorgan für die Landsmannschaft Ostpreußen e.V.“ sein Themenspektrum längst erweitert hatte, war es nur konsequent, dass das Ostpreußenblatt vom 7. April 1973 an im Untertitel „Unabhängige Zeitung für Deutschland“ hieß. Den damaligen Aufmacher schrieb kein geringerer als der nachmalige Bundespräsident Karl Carstens.

Wer die Artikel und Interviews jener Zeit heute liest, findet dort keineswegs die „revanchistischen“ oder „ewiggestrigen“ Töne, wie sie den Vertriebenenverbänden von Kritikern immer wieder unterstellt worden sind, sondern durchaus zahlreiche Bekenntnisse zu einem Europa freier Nationen, in dem jedoch auch die Deutschen ein Recht auf Selbstbestimmung über ihre inneren und äußeren Angelegenheiten haben sollten. Entschieden gefordert wurde, das Ziel der Einheit der geteilten Nation nicht aufzugeben; und kritisiert wurde, dass die Bundesrepublik mit der Ostpolitik wesentliche Positionen aufgab, ohne von den östlichen Nachbarn angemessene Gegenleistungen zu erhalten.

Prominente Gesprächspartner des Ostpreußenblatts in jener Zeit waren unter anderem der damalige Oppositionsführer Helmut Kohl, der vormalige Postminister und spätere Bundestagspräsident Richard Stücklen, der frühere Ministerpräsident, Bundesminister und ebenfalls Bundestagspräsident Kai Uwe von Hassell sowie Otto von Habsburg. Dass neben den Vertretern der Landsmannschaft Ostpreußen auch die Schlesier Herbert Hupka und Herbert Czaja regelmäßig für das Ostpreußenblatt schrieben, belegt die führende Rolle dieser Zeitung im Vertriebenenbereich.

Zu neuen Ufern

Nach dem Fall des „Eisernen Vorhangs“ rückten zunehmend Artikel über die wieder erfahrbare Heimat ins Blatt, darunter Berichte von Hilfstransporten – vor allem ins Königsberger Gebiet und ins Memelland – und Schilderungen erster Wiederaufbauprojekte für während der kommunistischen Zeit verfallene Kirchen. Auch die allmählich entstehenden Partnerschaften zwischen den Gliederungen der Landsmannschaft und den heutigen Gebietskörperschaften in Ostpreußen wurden im Ostpreußenblatt breit beschrieben.

Parallel dazu vollzog sich ein Generationenwechsel in der Mitgliedschaft der Landsmannschaft und unter den Lesern ihrer Zeitung. Rund 50 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs gab es immer weniger Landsleute, die Ostpreußen noch bewusst als Kind oder junge Erwachsene erlebt hatten.

Um mit der Zeitung neue Zielgruppen ansprechen zu können, leiteten die Redaktion und die Landsmannschaft als Herausgeberin ab der zweiten Hälfte der neunziger Jahre grundlegende Veränderungen ein. So bekam das Ostpreußenblatt 1997 einen eigenen Internetauftritt; wenig später kam die gelegentliche Beilage Preußische Zeitung hinzu. Technische Innovationen waren die Einführung des Farbdrucks sowie die Umstellung auf das Rheinische Format. Zu Ostern 2003 wurde dann aus dem Ostpreußenblatt die Preußische Allgemeine Zeitung. Der ursprüngliche Name blieb jedoch im Inneren – quasi als ostpreußischer Lokalteil – erhalten.

Mit der Namensänderung vollzog sich eine abermalige Erweiterung des Themenspektrums. Die PAZ wurde zu einer streitbaren Begleiterin der Zeitläufte; sie setzte sich unter anderem kritisch mit der steigenden Staatsverschuldung, der Finanzpolitik von EU und EZB sowie der ungesteuerten Migrationspolitik auseinander. Gleichwohl blieb die Zeitung auch unter dem neuen Namen ihren Wurzeln treu. So erinnert sie weiter an die deutschen Opfer in den Weltkriegen, vor allem an die Flüchtlinge und Vertriebenen aus dem Osten. Seit Juni 2018 erscheint zudem die Pommersche Zeitung als wöchentliche Beilage der PAZ.

Zum 70. den Blick nach vorn

Ende 2019 erhielt die PAZ ein neues Layout. Diese Auffrischung war erforderlich, da zum einen die in die Jahre gekommene Technik und das Graphikprogramm erneuert werden mussten; zum anderen galt und gilt es, Antworten auf den digitalen Wandel unserer Gesellschaft zu finden und die Zeitung auch für jüngere Lesergruppen attraktiv zu gestalten. Erfreulicherweise hielt sich die Kritik an diesem Schritt unter den bisherigen Lesern, die ihre gewohnte PAZ seit vielen Jahren schätzen und lieben, in Grenzen.

Nun geht die PAZ einen weiteren Schritt. Waren zu vergangenen runden Jahrestagen Beilagen erschienen, die ausführlich die Geschichte dieser Zeitung erzählten, so gibt es zum 70. Geburtstag von Ostpreußenblatt und Preußischer Allgemeiner Zeitung einen neuen Internetauftritt: Unter „www.paz.de“ können Sie künftig im Design der gedruckten Zeitung ausgewählte Beiträge aus der Print-Ausgabe kostenlos lesen – oder die gesamte Online-Ausgabe der PAZ als E-Paper erwerben.

Mit diesem Schritt richten Redaktion und Herausgeberin den Blick bewusst nach vorn. Auf dass die Preußische Allgemeine Zeitung auch in Zukunft eine starke Stimme in unserer Medienlandschaft bleibt – als einzigartige publizistische Brücke zwischen dem Gestern, Heute und Morgen, zwischen den Ländern und Regionen in West und Ost – sowie als offenes Debattenforum im Sinne des traditionellen preußischen Wertekanons, zu dem religiöse und weltanschauliche Toleranz ebenso gehören wie Heimatliebe und Weltoffenheit, wie Rechtsstaatlichkeit und intellektuelle Redlichkeit. Ad multos annos!

Wie alles begann... Lesen Sie hier zum Jubiläum Ruth Geedes Erinnerungen an die Anfangsjahre des Ostpreußenblatts.


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