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Verbote verstoßen gegen geltendes Recht – Auswirkungen auf geplante Erweiterung der EAWU
Seit dem Terroranschlag auf die „Crocus City Hall“ in Moskau Ende März, bei dem Tschetschenen als Tatverdächtige verhaftet wurden, betrachtet die russische Bevölkerung ausländische Mitbürger mit mehr Argwohn als zuvor. Die Kriminalstatistik scheint ihnen Recht zu geben, denn seit Jahresbeginn stieg die Ausländerkriminalität um 55 Prozent. Vor allem die Zahl der unsittlichen Handlungen gegen Kinder stieg um 25 Prozent, die der Vergewaltigungen um fünf Prozent.
Erst kürzlich kam es in Moskau unweit des Kremls am helllichten Tag zu einer Schießerei, als 30 Tschetschenen versuchten, die Zentrale von Russlands größtem Onlinehändler „Wildberries“ zu stürmen. Bei dem Vorfall starben zwei Wachleute. Hintergrund war ein Machtkampf um die Rechte des Konzerns, bei dem auch die Politik eine Rolle spielte. Tatjana Bakal-tschuk, die koreanisch-stämmige Geschäftsführerin, Mehrheitseignerin sowie Russlands reichste Frau, hatte hinter dem Rücken ihres getrennt lebenden Ehemanns Wladislaw, der ein Prozent am Firmenvermögen hält, einen Handel mit Präsident Wladimir Putin geschlossen. Dabei ging es um eine Fusion von „Wildberries“, dem russischen Amazon-Pendant, mit dem kleineren Werbeflächen-Vermarkter „Russ Group“. Dessen Inhaber, die armenischen Brüder Mirsojan, gelten als loyale Putin-Unterstützer. Seit einiger Zeit bezeugen russische Unternehmer mit solchen Vermögenstransfers ihre Loyalität gegenüber Putin.
Diese Fusion empörte Waldislaw Bakaltschuk allerdings dermaßen, dass er den tschetschenischen Präsidenten Ramsan Kadyrow um Hilfe rief, der bislang als Putins treuer Unterstützter galt. Dieser bezeichnete den Deal als illegale Enteignung und schickte seine Kämpfer los. Ein Machtkampf mit Kadyrow könnte Putin äußerst gefährlich werden, denn schon länger gibt es Gerüchte, dass es der Tschetschenenführer auf Putins Sessel abgesehen haben könnte. Hinter verschlossenen Türen einigten sich nach dem Vorfall in Moskau die beiden aber schnell und gaben sich als immer noch treue Verbündete.
Viele russische Firmen sind wegen der Beschäftigung von Immigranten in die Kritik geraten, zumal sie gezielt auch Illegale anlocken. Russische Mitarbeiter von „Wildberries“ beklagen etwa, dass in einem Sortierlager der Firma muslimische Migranten bereits die Mehrheit und eigene Hierarchien bildeten. Unter denjenigen, die sich zu Clans zusammenschließen, befänden sich auch Wahhabiten, die gegen russische Christen hetzten.
Der Staat sieht sich angesichts der wachsenden Sorge seiner Bürger zum Handeln gezwungen. Seit Herbst 2023 werden in Firmen, die Ausländer beschäftigen, regelmäßig Razzien durchgeführt, wobei immer wieder illegale Beschäftigte auffliegen. Nicht selten kommt es bei solchen Razzien zu Massenschlägereien.
Schon lange fordern Politiker ein härteres Vorgehen gegen illegale Immigranten. Ein Duma-Abgeordneter der kommunistischen Partei setzt sich für ein Nikab-Verbot ein. Das Tragen der Verhüllung solle unter Strafe gestellt werden. Der Nikab ist eine religiöse Gesichtsverhüllung für Frauen, bei der nur ein Schlitz für die Augen frei ist. Teilweise ist in muslimischen Republiken Russlands das Tragen des Nikab bereits verboten, aber es gibt auch massive Kritik daran. Muslime befürchten, dass, wenn der Nikab im europäischen Teil Russlands verboten werde, bald auch ein Verbot des Hidschabs, also des Kopftuchs drohe, das die Haare muslimischer Frauen verdeckt, aber das Gesicht frei lässt.
Muslime vergössen ihr Blut im Ukrainekrieg
Der Großmufti Kamil Samigullin von Tatarstan ist gegen eine Einschränkung des Tragens religiöser Kleidung und kritisiert, dass, während Muslime ihr Blut in der Ukraine vergössen, man versuche, ihre Frauen unter Druck zu setzen. Allerdings verhält Samigullin sich widersprüchlich, denn er hat sich auch der Position des Koordinationszentrums der Muslime des Nordkaukasus angeschlossen, das ein Nikab-Verbot befürwortet, da das Kleidungsstück den Muslimen schade, indem es zu Zwietracht in den interreligiösen Beziehungen führe.
In der Duma diskutierte Maßnahmen, wie den Zuzug von Ausländern besser zu kontrollieren und den Familiennachzug einzuschränken, wurden zunächst auf November verschoben, da sie gegen geltendes russisches Recht verstoßen. Die Verfassung garantiert nämlich Religions und Bewegungsfreiheit für Mitglieder der Eurasischen Wirtschaftsunion (EAWU), ein Bündnis, das für Russland äußerst wichtig ist. In den Mitgliedsstaaten Kasachstan und Kirgisistan ist die Mehrheit der Bevölkerung muslimischen Glaubens.
Derzeit bemüht die russische Regierung sich intensiv darum, Usbekistan, das Beobachter-Status hat, als Mitglied für die EAWU zu gewinnen. Eine Mitgliedschaft verspricht für Arbeitsmigranten in Russland viele Vorteile. Sie können ihre Tätigkeit gleichberechtigt mit anderen Mitgliedern der Union ausüben, Diplome und Zeugnisse werden anerkannt und der Familiennachzug ist gewährt. Die usbekische Regierung verhält sich zunächst zurückhaltend, da sie einerseits befürchtet, ihre Unabhängigkeit durch einen Beitritt zur EAWU zu verlieren, andererseits bereitet Usbekistan sich auch auf einen Beitritt zur Welthandelsorganisation (WTO) vor.
Eine antimuslimische Politik birgt also Gefahren für Russland, zumal es auf Arbeitskräfte aus den zentralasiatischen Staaten angewiesen ist. Allein im Baugewerbe sind 200.000 Stellen unbesetzt. Der Ukrainekrieg, der dem Arbeitsmarkt unzählige arbeitsfähige Kräfte entzieht, verschärft die Situation zusätzlich.