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Pfefferkuchen und Rübenzucker haben ihre Wurzeln in Schlesien – Erste Erwähnung im 13. Jahrhundert
Fragt man heute in der Republik Polen nach dem Ursprung der Pfefferkuchentradition, kommt immer die Antwort Thorn [Toruń]. Das ärgert Monika Wójcik-Bednarz. Die Leiterin der Österreichbibliothek in Oppeln [Opole] organisiert im Advent Backen mit Geschichte für Kinder und Junggebliebene. „In Schlesien war die Pfefferkuchenkultur viel älter als in Thorn oder gar in Nürnberg“, sagt sie und belegt ihr Wissen mit Quellen, aus denen hervorgeht, dass die ersten Erwähnungen dieser Naschereien aus Schweidnitz [Świdnica] kamen: „Mitte des 13. Jahrhunderts, das heißt, dass in dieser Stadt damals schon Pfefferküchler gearbeitet haben“, sagt sie.
Doch es gibt auch Überlieferungen aus anderen schlesischen Städten, die entlang der alten Handelsrouten angesiedelt waren – aus Breslau, Jauer [Jawor], Oppeln oder Ratibor [Racibórz]. Für Wójcik-Bednarz sind Neisser Konfekte, wie man die Lebkuchen dort bis Kriegsende nannte, besonders interessant. „Epitaphien am alten Friedhof in Oppeln und an der St. Jakobskirche in Neisse [Nysa] zeigen, dass die Pfefferküchler damals reich und angesehen waren. Nicht jeder konnte sich eine Grabkapelle auf dem Friedhof leisten.“ Sie sagt, dass Dokumente im Oppelner Staatsarchiv belegten, wie in Oberschlesien Pfefferküchler organisiert waren. „Nicht jeder durfte Pfefferkuchen machen, es gab nur eine bestimmte Zahl von Pfefferküchlern in der Stadt, die das Handwerk ausüben durften. So wollte es das Meilenrecht“, betont Wójcik-Bednarz.
Das Meilenrecht war ein Privileg, welches besagte, dass niemand ohne die Genehmigung der Stadt in einem Umkreis von einer oder mehrerer Meilen um die Stadt ein bestimmtes Gewerbe, Gastronomie oder Handwerk betreiben durfte.
Peter Berg, der die Geschichte der Neisser Pfefferkuchen untersuchte, erklärt in „Der oberschlesische Pfefferkuchen aus Neisse“ (heinersdorfkreisneisse.de), dass aufgrund des Meilenrechts, das erst mit der Verkündigung der Gewerksfreiheit vor einem Jahrhundert fiel, selbst der Verkauf von Lebkuchen durch nicht zur Zunft Gehörige verboten war. „Neisser Pfefferkuchen durften also nur in Neisse verkauft werden. Die Bürger anderer Städte mussten ihr eigenes Gebäck genießen, mochten sie auch ein noch so heißes Verlangen nach anderen haben und Geld bieten“, ist bei Berg zu lesen.
Wenn Wójcik-Bednarz mit Kindern arbeitet und nach den Lebkuchenzutaten fragt, nennen die Kleinen neben Mehl und Gewürzen immer Zucker. „Dass es Honig ist, das wissen sie heute nicht mehr. Sie können sich nicht vorstellen, dass es damals keinen Zucker gab und dass erst im 19. Jahrhundert Kristallzucker aus der Zuckerrübe gewonnen wurde“, sagt sie. Sie muss dann erklären, dass erst der Berliner Wissenschaftler Franz Carl Achard die Technik zur Zuckerherstellung aus weißen Futterrüben entwickelte.
Und auch diese Geschichte ist eine schlesische, denn 1801 ließ Achard im niederschlesischen Kunern [Konary] die erste Rübenzuckerfabrik der Welt errichten. Dieses Wissen wird in den Schulen nicht weitergegeben und so hat es sich die Bibliotheksleiterin zur Aufgabe gemacht, in Arbeitsgruppen mit Kindern Landeskunde zu vermitteln. Am besten gelingt es laut Wójcik-Bednarz dann, wenn hinterher etwas Greifbares entsteht, dann bleibe es länger hängen. Und der Advent bietet sich perfekt für eine Weihnachtsküchlerei an.