24.04.2024

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Trierer Hagia Sophia

Die Istanbuler Sophienkirche stand Modell beim Umbau der Konstantinsbasilika – Preußen führte dabei Regie

Bodo Bost
28.07.2020

Als der preußische Architekt Friedrich August Stüler zwischen 1846 und 1856 das Konstantinsbasilika genannte antike Bauwerk in Trier zur evangelischen Stadtkirche umbaute, diente auch die Hagia Sophia als Modell. Die Stadt Trier, die von 1815 an zur preußischen Rheinprovinz gehörte, hatte durch den dort in der Antike zur Macht gelangten römischen Kaiser Konstatin I., der auch Stadtgründer von Konstantinopel war, enge Anknüpfungspunkte zum Bosporus.

Der römische Kaiser Konstantin

(270–337), dessen erste Residenzstadt von 306 an Trier war, ließ am Goldenen Horn am Bosporus seine neue römische Reichshauptstadt an der Stelle des griechischen Byzantion im Jahre 330 errichten. Die zuerst „Nea Roma“ (Neues Rom) genannte Stadt wurde so stark von Konstantin I. geprägt, dass man sie später „Konstantinopel“ nannte.


Die Hagia Sophia (türkisch Ayasofya) oder Sophienkirche wurde 200 Jahre später, zwischen 532 und 537 nach Christi Geburt von Kaiser Justinian (482–565), einem Daker (damals ein Volk im heutigen Rumänen), erbaut. Kaiser Justinian wollte sich mit dem Bau dieser Kuppelbasilika ein Denkmal setzen. Sie ist nicht nur die letzte der spätantiken Großkirchen, die seit Konstantin dem Großen im Römischen Reich errichtet wurden, sondern gilt in ihrer architektonischen Einzigartigkeit oft als eine Kirche ohne Vorbilder, wurde aber häufig kopiert.

Konstantinsbasilika in Trier

Obwohl die türkischen Osmanen 1453 das damalige Weltzentrum des Christentums und die größte Kirche der Christenheit, die Hagia Sophia, eroberten, behielt die Stadt noch fast 500 Jahre lang den Namen des christlichen Stadtgründers – die Stadt hieß offiziell bis 1930 Konstantinyye, doch das Grab des Stadtgründers in der Apostelkirche hatte man bereits 1453 zerstört.


Die Hagia Sophia wurde von der größten Kirche der Christenheit zur größten Moschee des Osmanischen Reiches umgewidmet. Dazu hatten die Türken gar nicht viele Änderungen am Kirchenbau vornehmen lassen. Lediglich das große Kuppelkreuz wurde entfernt. Neben dem Gebäude wurden vier Minarette errichtet. Die Hagia Sophia diente bis 1932 als Moschee. Auf Anregung Atatürks, des ersten Präsidenten der Republik Türkei, wurde sie in ein Museum umgewandelt und wurden byzantinische Mosaike freigelegt.

Um den Protest von Muslimen zu mildern, wurden einige Zeit später arabisch beschriftete hölzerne Rundschilder aus dem 19. Jahrhundert mit den Namen Mohameds und der ersten vier Kalifen wieder im Gebäude angebracht. Man bemühte sich um die Wiederherstellung des byzantinischen Zustandes, ohne dabei den muslimischen zerstören zu wollen.

Die Hagia Sophia hat als Kirche vielen Kirchen des Abendlandes Modell gestanden, weil alle etwas am Glanz dieser einzigartigen Konstruktion teilhaben wollten. So auch beim Umbau der Trierer Konstantinsbasilika zwischen 1846 bis 1856 durch den preußischen Architekten Stüler. Bei diesem Umbau dienten die Fenster der Hagia Sophia als Modell für die Fenster der neuen Trierer protestantischen Stadtkirche, die den Namen „Kirche zum Erlöser“ erhielt.

Preußenkönig ließ Maß nehmen

Zur selben Zeit als man in Trier die Konstantinsbasilika, die eigentlich eine römische Palastaula war, umbaute, wurde nämlich gerade die Hagia Sophia im Osmanischen Reich im Auftrag des Sultans Abdülmecid durch die Brüder Fossati aus dem Tessin erstmals seit der Eroberung 1453 grundlegend renoviert. Die Fossatis wuschen als erstes die Tünche von den Wänden ab, welche die christlichen Wandmalereien und Mosaiken verdeckt hatten. Für kurze Zeit waren die Mosaiken der byzantinischen Hauptkirche wieder zu sehen, bevor die Imame wieder darauf drangen, die im Islam verpönten Bildwerke erneut zuzudecken.


Vorher hatten die Fossatis von allen Mosaiken Zeichnungen angefertigt, sodass uns mehr Mosaiken aus dieser Hauptbasilika Ostroms bekannt sind, als heute noch erhalten sind, denn seitdem gingen die Zerstörungen bis 1932 weiter.

Die Sensationsnachrichten aus Konstantinopel lockten Kunstkenner aus ganz Europa an den Bosporus. König Friedrich Wilhelm IV. von Preußen schickte seinen Hofarchitekten Wilhelm Salzenberg, um die Hagia Sophia zu vermessen. Salzenberg war ein Schüler von Karl Friedrich Schinkel. Er veröffentlichte 1854 im Auftrag des Preußenkönigs das Werk „Alt-christliche Bauwerke von Constantinopel vom V. bis XII. Jahrhundert“. Dadurch und durch die Renovierung der Fossatis waren weitreichende Kenntnisse über diesen Bau in den Westen gelangt. Davon profitierte auch Stüler in Trier.

In Trier war viel Phantasie gefragt, um ein römisches Gebäude zu einer christlichen Kirche zu machen, da konnte man von den türkischen Erfahrungen, wie man aus einer Kirche eine Moschee macht, viel lernen. Die Hagia Sophia wird nun zum zweiten Mal in eine Moschee rückverwandelt, in der die Gläubigen viermal am Tag zum Beten kommen. Geld wird es aber nicht einbringen. Der Besuch soll auch Nicht-Muslimen kostenlos möglich sein.


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