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Der Virologe Christian Drosten und der ehemalige „Spiegel“-Chefredakteur Georg Mascolo ziehen Bilanz nach den umstrittenen Corona-Maßnahmen
Während der Corona-Pandemie war der Berliner Virologe Christian Drosten einer der meistbefragten und -beachteten Wissenschaftler. Angela Merkel hatte ihn um Beratung gebeten, sein Podcast im NDR fand Tausende Zuhörer. Jetzt lässt er sie im Gespräch mit dem früheren „Spiegel“-Chefredakteur Georg Mascolo noch einmal Revue passieren.
Das längste Kapitel gilt dem Rückblick auf die Jahre 2020 und 2021. Eine Pandemie wie Corona könne alles zerstören, sagt Drosten, „aber es geschieht eben langsam“, weshalb die Reaktionen in Staat und Gesellschaft auch so langsam gewesen seien. Eingriffe wie Beschränkungen der Bewegungsfreiheit oder Versammlungsverbote hielt er für unumgänglich, andernfalls „hätten wir in Deutschland wohl eine Katastrophe erlebt“. Da Deutschland im Frühjahr 2020 vergleichsweise gut durch die erste Welle gekommen war, sei man leichtsinnig geworden: „Diese Stimmung verschaffte dann freie Bahn für die tödliche Winterwelle 2020/21“, was Merkel überlegen ließ, ein rigoroses Bundesgesetz, ein „Corona-Wellenbrecher-Gesetz“ durchzudrücken. Die bald verfügbaren Impfstoffe halfen dann über die bedrohliche Situation hinweg.
Drosten und Mascolo diskutieren auch die Rolle der Wissenschaft und der Medien. Einzelne Bevölkerungsgruppen, Alte etwa oder Schüler, zu bevorzugen, sei falsch. Zu seiner eigenen Rolle sagt Drosten, der zeitweise stark angefeindet war, er würde sich in vergleichbarer Situation wieder der Verantwortung stellen.
Das vielleicht wichtigste, leider etwas kurze Kapitel geht um die Frage, wie eine nächste Pandemie verhindert werden oder wie man sich besser vorbereiten könne. Die Autoren gehen eine Horrorliste heutiger Gefahren durch: Vogelgrippe H5N1, das Norovirus (Magen-Darm), das Middle East Respiratory Syndrome MERS (Lungeninfektion), das Affenpocken-Virus oder tropische Viren wie die Tigermücke. Problematisch sei die Impfskepsis in der Bevölkerung. Pandemien seien letztlich nur durch Impfungen zu beherrschen.
Drosten und Mascolo sensibilisieren den Leser ebenso einfühlsam wie eindringlich für die Gefährlichkeit von jederzeit möglichen Seuchen. Zumal bei Drosten wirkt sympathisch seine Haltung gegenüber andersdenkenden Kollegen und seine an den Fakten bleibende Argumentation. Ein lesenswertes Buch, aktuell über den Tag hinaus.
Christian Drosten/Georg Mascolo: „Alles überstanden? Ein überfälliges Gespräch zu einer Pandemie, die nicht die letzte gewesen sein wird“, Ullstein Buchverlage, Berlin 2024, gebunden, 272 Seiten, 24,99 Euro