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Geschichte

Uffrur für Freiheyt und Gerechtigkeyt

500 Jahre Bauernkrieg: An den wichtigsten Orten des Aufstandes bereitet man eine ganze Reihe von Ausstellungen vor

Veit-Mario Thiede
18.07.2024

Der Bauernkrieg begann im Sommer 1524 friedlich, aber lautstark am Südrand des Schwarzwalds. In Stühlingen zogen Bauern vor das Schloss des Landgrafen Sigmund II. Sie forderten, die Abgabenlast und Frondienste zu vermindern, verlangten faire Gerichtsbarkeit und die Wiederherstellung ihres alten Rechts, zu jagen, zu fischen und den Wald zu nutzen.

Die Stühlinger Empörung war das erste Flämmchen zu einem Flächenbrand, der 1525 weite Teile Südwest- und Mitteldeutschlands erfasste. Baden-Württemberg, Sachsen-Anhalt und Thüringen widmen dem Bauernkrieg jetzt groß angelegte Landesausstellungen.

Die von Baden-Württemberg beginnt am 26. Oktober in Stuttgarts Altem Schloss unter dem Titel „Protest!“. Aufgezeigt werden die Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen dem Bauernkrieg und heutigen Protestbewegungen. Zeitgleich gibt es im Jungen Schloss „Zoff!“. Die Mitmachausstellung für Familien und Kindergruppen handelt von Streit und Versöhnung.

Der „Uffrur!“ beginnt erst am 26. April 2025 im Kloster Bad Schussenried. Es ist ein authentischer Ort des Bauernkriegs. Die Aufständischen verwüsteten das Klosterarchiv und raubten die Lebensmittelvorräte. Im Verlauf des Bauernkriegs zerstörten die aufrührerischen Landleute, Städter und Bergmänner rund 1000 Klöster und Burgen. Die Fürsten schlugen hart zurück: An die 75.000 Aufständische verloren ihr Leben, während die Gegenseite nur geringe Verluste erlitt.

In Bad Schussenried berichten historische Objekte über die wirtschaftlichen, politischen und religiösen Aspekte des Bauernkriegs. Künstliche Intelligenz verhilft acht historischen Persönlichkeiten zu digitalem Leben. Vorstellen wird sich uns etwa der Maler Jörg Ratgeb, der nach der Schlacht von Böblingen wegen Hochverrats gevierteilt wurde. Sieger dieser und vieler weiterer Schlachten war der vom Schwäbischen Bund mit der Niederschlagung der Aufstände beauftragte
Georg III. Truchsess von Waldburg. Der grausame und gnadenlose Truchsess ist auch als „Bauernjörg“ bekannt.

„Gerechtigkeyt“ heißt die dezentrale Landesausstellung Sachsen-Anhalts. Im Kunstmuseum Moritzburg von Halle läuft ab 24. November die Ausstellung „Frührenaissance. Mitteldeutschland am Vorabend des Bauernkriegs“. Sie wartet mit Gemälden, Skulpturen und Kunsthandwerk auf. Neu an diesen Werken war ihre Doppelfunktion: Sie dienten nicht mehr nur religiösen Zwecken, sondern nun auch der Repräsentation ihrer Auftraggeber. In Halles Landesmuseum für Vorgeschichte läuft ab Sommer 2025 eine Schau zur Archäologie und Geschichte der im Bauernkrieg zerstörten Klöster Himmelpforte und Kaltenborn.

Martin Luther attackierte mit seinen Schriften die Aufständischen und forderte die Fürsten auf, sie wie tolle Hunde totzuschlagen. In den Museen Luthers Sterbehaus in Eisleben und Luthers Elternhaus in Mansfeld sind bereits die für Kinder und Jugendliche entwickelten Mitmachausstellungen „1525! Aufstand für Gerechtigkeyt“ eröffnet.

Müntzers Fürstenpredigt
Im zweiten Teil der Eislebener Schau steht der Theologe und radikale Reformator Thomas Müntzer im Blickpunkt. Und ebenso im Schloss von Allstedt. Am 13. Juli 2025, dem 501. Jahrestag seiner berühmten „Fürstenpredigt“, wird eine multimediale Inszenierung eröffnet, die seinem Leben gewidmet ist. In der auf dem Schloss vor Herzog Johann von Sachsen und seinem Sohn Johann Friedrich gehaltenen „Fürstenpredigt“ forderte Müntzer: „Drum sage ich mit Christo und Paulo und mit Unterrichtetsein über das ganze göttliche Gesetz, dass man die gottlosen Regenten, besonders die Pfaffen und Mönche, töten soll.“

Das Müntzer-Gedenken setzt sich in der Thüringer Landesausstellung „Frei­heyt“ fort. In Mühlhausen war Müntzer ab Februar 1525 Prediger an der Marienkirche. Sie ist inzwischen Museum und Müntzergedenkstätte. In ihr stellt uns ab 26. April 2025 eine Sonderschau die ländliche Gesellschaft, ihre Lebenswelt, rechtliche Situation und Konflikte mit der Obrigkeit zu Beginn des 16. Jahrhunderts vor.

Zeitgleich macht uns die Präsentation im Bauernkriegsmuseum Kornmarktkirche mit den Ereignissen der Jahre 1524 und 1525 aus überregionalem Blickwinkel vertraut, während das Kulturhistorische Museum deren widersprüchliche Deutung sowie konfessionelle und politische Inanspruchnahme und künstlerische Interpretation in den letzten 500 Jahren verfolgt.

Am 11. Mai 1525 traf Müntzer mit 300 Mann vor Frankenhausen ein. Die da versammelten Aufständischen hatten seine Hilfe erbeten. Mit Landsknechten und Reitern zogen der reformatorisch gesinnte Landgraf Philipp von Hessen, sein papsttreuer Schwiegervater Herzog Georg von Sachsen sowie braunschweigisch-lüneburgische, kurmainzische und brandenburgische Kontingente vor Frankenhausen. Am 15. Mai ließen die Fürsten mit ihren Kanonen die Wagenburg der aufrührerischen Bauern und Städter beschießen. Die flohen panisch gen Frankenhausen. Das Fürstenheer schlachtete an die 6000 Flüchtende ab und verzeichnete selbst nur sechs Tote. Müntzer schaffte es bis in die Stadt, geriet da jedoch in Gefangenschaft. Nach Verhör und schwerer Folter ließen ihn die Fürsten am 27. Mai vor den Toren Mühlhausens enthaupten.

Auf dem Schlachtberg von Bad Frankenhausen erhebt sich das Panorama Museum mit Werner Tübkes 1987 vollendetem Rundgemälde „Frühbürgerliche Revolution in Deutschland“. Der Maler breitet ein Panorama des 16. Jahrhunderts aus, in dem auch der Bauernkrieg, Müntzer und Luther ihren Platz haben.

Am 10. Mai 2025 beginnt im Panorama Museum die Ausstellung „Der Welt Lauf“. Sie zeigt die historischen Vorbilder, die Tübke offen oder versteckt in seinem Monumentalbild zitiert. Insbesondere handelt es sich um Holzschnitte und Flugblätter aus der Bauernkriegs- und Reformationszeit.

Parallel präsentiert Bad Frankenhausens Regionalmuseum die Sonderschau „Bauernschlacht bei Frankenhausen 1525“. Besondere Beachtung verdienen die einzigen bislang entdeckten Funde vom Tag der Schlacht.

www.bauernkrieg-bw.de, www.gerechtigkeyt1525.de, www.bauernkrieg2025.de


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Kommentare

Valentina Selge am 18.07.24, 21:39 Uhr

Das ist ein verwirrender Lauf der Geschichte, Müntzer hatte sich vor allem gegen die Leibeigenschaft stark gewehrt. Die Vertreter der Kirche waren in allen diesen historischen Aufständen gespalten, nur eine kleine Gruppe hat sich gegen die Mächtigen erhoben und so war es auch im dritten Reich, nur wenige waren Mitglied der bekennenden Kirche, der Großteil waren Mitläufer bzw. Regierungstreue, so wie in Zeiten vom Bauernaufstand.
Und da kommt mir eine ähnliche Vereinigung in den Sinn, die rote Kapelle, eine Widerstandsgruppe, die sich gegen die Diktatur der NSDAP gewehrt hatte und Dokumente ins Ausland schmuggelte, fünfzig Personen wurden hingerichtet.
Das Paradoxon ist, dass diese Widerstandsgruppe links eingestuft wurde, weil das damalige Russland kommunistisch war und daher die NSDAP rechts eingestuft wurde, dabei hatten auch Adelige aus Russland die NSDAP unterstützt.
Heute haben wir eine sozialistisch ausgerichtete Regierung, die links eingestuft wird, die aber nun beginnt die Opposition, die rechts eingestuft wird, mit aller Macht zu unterdrücken.
Wir erlebten wieder einen Bauernaufstand, aber der wurde komplett ignoriert.
Die Kirchen sind beschämend leise. Die geänderten Vorzeichen stiften ausreichend Verwirrung, man weiss nicht wer lechts und rinks ist.
Wo würde sich heute Müntzer einordnen, wo die bekennende Kirche und wo die Mitglieder der roten Kapelle?

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