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Jürgen W. Schmidt liefert eine Unmenge an wertvollen Informationen rund um „Atomspione, Waffenhändler und Umsturzversuche“
Die Geheimdienstgeschichte gehört zu den am meisten unterschätzten Teildisziplinen der Geschichtswissenschaft. Glücklicherweise gibt es auch Freie Historiker, die ihre Forschungsschwerpunkte ohne Kniefälle vor dem disziplinären Mainstream setzen können. Einer davon ist Jürgen W. Schmidt, der seit einem Vierteljahrhundert Bücher und Aufsätze zur Geheimdienstgeschichte publiziert. Der neueste Titel dieser Art ist der von Schmidt herausgegebene Sammelband „Atomspione, Waffenhändler und Umsturzversuche“.
Das Buch beginnt mit einem 90 Seiten langen kommentierten Literaturbericht, in dem Schmidt praktisch alles vorstellt, was in den letzten Jahren auf dem Gebiet der Geheimdienstgeschichte erschien. Hervorzuheben sind hier besonders die
– optisch leider etwas klein geratenen – Fußnoten, welche eine Unmenge von wertvollen und manchmal auch erheiternden Zusatzinformationen enthalten, die man sonst zumeist nirgendwo anders finden könnte.
Von Schmidt stammen auch zwei Aufsätze, wobei der erste die Atomspionage der Ostblockländer in der Bundesrepublik beziehungsweise die Spionage des DDR-Ministeriums für Staatssicherheit beim Deutschen Atomforum in Bonn behandelt. Im zweiten geht es um den russischen Waffenhändler Viktor But, der als „Händler des Todes“ bezeichnet wird, aber im internationalen Vergleich eher ein kleiner Fisch ist. In diesen Texten zeigt sich Schmidts besonderes Talent zum Aufspüren unbekannter Quellen und der Nutzung russischsprachigen Materials.
Dazu kommen der Aufsatz von Heiko Suhr über Kapitänleutnant Georg Stammer, die „Seele“ des deutschen Marinenachrichtendienstes in der Weimarer Republik, und Roewers Studie über den gescheiterten Versuch des sowjetischen Geheimdienstes im Jahre 1923, einen kommunistischen Umsturz im Deutschen Reich herbeizuführen. Dabei verweist Roewer darauf, dass es den Bolschewisten damals aber zumindest gelungen sei, die Intellektuellen-Szene in Deutschland zu unterwandern – mit Folgen, die man teilweise bis heute spüre.
Das sehr aufschlussreiche Buch schließt mit der Veröffentlichung von zwölf bislang unbekannten Dokumenten zur deutschen und internationalen Geheimdienstgeschichte, die unter anderem in französischen und russischen Archiven gefunden wurden.
Jürgen W. Schmidt (Hg.): „Atomspione, Waffenhändler und Umsturzversuche. Fallstudien und Dokumente aus 210 Jahren Geheimdienstgeschichte“, Ludwigsfelder Verlagshaus, Ludwigsfelde 2024, broschiert, 405 Seiten, 29 Euro