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Erstmals bemängelt ein führender Unionspolitiker eine soziale Schieflage im Land
In einer TV-Diskussion hat CDU/CSU-Fraktionschef Jens Spahn die ungleiche Vermögensverteilung in Deutschland kritisiert. Er warnte: „Wer schon hatte, hat immer mehr.“ Die lange Niedrigzinsphase habe vor allem Immobilien- und Aktienbesitzer begünstigt, während Menschen mit geringem Einkommen zunehmend ins Hintertreffen geraten seien. Spahn forderte, Geringverdiener stärker am Vermögensaufbau teilhaben zu lassen. Niedriglöhner könnten im Laufe ihres Erwerbslebens kaum mehr als 15.000 bis 20.000 Euro zurücklegen – ein Betrag, der kaum Sicherheit biete und mit Blick auf Altersvorsorge unzureichend sei.
Bestätigt wird diese Diagnose durch eine Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW). Sie zeigt, dass das Vermögen in Deutschland stark vom Alter und von der Haushaltsstruktur abhängt. So hatten 55- bis 64-Jährige ein Durchschnittsvermögen von rund 241.100 Euro – mehr als doppelt so viel wie andere Haushalte, die bei 103.100 Euro liegen. Junge Haushalte schneiden deutlich schlechter ab: Bei den unter 35-Jährigen beträgt das Medianvermögen lediglich 17.300 Euro. Dramatisch ist die Lage bei Singles, die im Schnitt nur 9800 Euro besitzen. Paare kommen auf 42.300 Euro, liegen damit aber ebenfalls weit unter dem Durchschnitt. Zum Vergleich: Paare zwischen 55 und 64 Jahren verfügen im Median über 360.000 Euro, Alleinstehende über lediglich 80.000 Euro.
Eine zentrale Erkenntnis der IW-Studie ist zudem die Rolle des Eigenheims. Während nur rund sieben Prozent der unter 35-Jährigen Wohneigentum besitzen, sind es bei den 55- bis 64-Jährigen 56 Prozent. Der Vermögensaufbau folgt schrittweise einem Lebenszyklus-Muster: In den Erwerbsjahren wird Vermögen aufgebaut, im Ruhestand wieder abgebaut. Doch da immer weniger junge Menschen den Schritt ins Eigentum schaffen, wird diese Balance gestört. Die Studienautoren empfehlen daher steuerliche Entlastungen und gezielte Förderprogramme.
Spahns Vorstoß stieß in der Politik auf breite Resonanz. Aus den Reihen der SPD wurde die Debatte als längst überfällig bezeichnet, die Vermögensverteilung sei extrem ungerecht, zumal jährlich rund 400 Milliarden Euro vererbt, aber kaum besteuert würden. Auch aus der Union kamen kritische Stimmen. So bemängelte der CDA-Vorsitzende Dennis Radtke, dass bei der Erbschaftsteuer durch Ausnahmen Milliarden verschenkt würden. Spahn selbst plädiert nicht für einen radikalen Umbau, aber für neue Weichenstellungen. Die sozialen Sicherungssysteme müssten an den demographischen Wandel angepasst werden. Er verwies auf ein erwartetes Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Erbschaftsteuer, das zu neuen Regeln zwingen könnte. Denkbar seien zudem Programme wie eine „Frühstarterrente“ oder ein erleichtertes Wohneigentumsprogramm für junge Haushalte.
Deutlich wird: Während Immobilieneigentümer und Kapitalanleger von den vergangenen Jahren profitiert haben, bleiben junge Menschen und Geringverdiener klar zurück. Eine Generation, die keine Chance auf Vermögensaufbau hat, verliert das Vertrauen in die Zukunft.