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Zeitmessung

Unverrückbare Koordinaten

Wo die mitteleuropäische Zeit berechnet wird – Stargard und Görlitz auf dem 15. Längengrad

Karl-Heinz Engel
06.11.2023

Geographische Breite: 53° 20' Nord, geographische Länge: 15° 02' Ost – das sind die Daten, nach denen die mitteleuropäische Zeit berechnet wird. Das dafür gesetzte Denkmal wird allerdings oft übersehen. Der Verkehr braust vorbei auf der Sczczecinska, einer der Stargarder Einfahrtsstraßen. In deutscher Zeit hieß sie Landstraße Nr. 104 oder Stettiner Straße. Die Reichsstraße 104 war bis 1945 eine Verbindung, die von Lübeck in östlicher Richtung über Schwerin, Land Mecklenburg und Stettin, Provinz Pommern, bis an die damalige deutsch-polnische Grenze bei Schneidemühl führte. Ihre Gesamtlänge betrug 465 Kilometer.

Nur sehr selten gilt ein kurzer Blick aus dem Autofenster diesem Denkmal auf der Nordseite der Chaussee. Es markiert immerhin den 15. Grad geographischer Länge Ost. Ziemlich respektlos diese Nichtachtung, könnte man meinen, steht das Denkmal doch auf dem Meridian, auf dem die mitteleuropäische Normalzeit, also die Winterzeit, eingetaktet ist. Doch wer verschwendet schon einen Gedanken an so etwas. Das ist in Polen wohl nicht anders als hierzulande. Die Menschen sind in Eile.

Wie auch immer. Jedenfalls geben in einem breiten mitteleuropäischen Streifen vom Cap Tourinan in Spanien bis zum Fluss Bug in Ostpolen und vom Nordkap bis Sizilien, um in Europa zu bleiben, alle Uhrenzeiger die gleiche Zeit an.

Auf das pommersche Festland trifft der 15. Längengrad zwischen den Ostseebädern Rewahl und Hoff. Er berührt in der Folge nach Süden hin die Kleinstadt Gülzow, zerteilt unterhalb von Stargard das Dorf Warmitz und erreicht in der Nähe des Städtchens Lippehne die Neumark.

Im Deutschen Reich kam die Ehre als größere Stadt auf dem 15. Längengrad erbaut zu sein auch dem niederschlesischen Görlitz an der Lausitzer Neiße zu. Seit 1893, dem Einführungsjahr der mitteleuropäischen Zeit im Reich, spricht man daher auch von der Görlitzer Zeit. Görlitz zählte damals rund 83.000 Einwohner, Stargard nur 24.000. Möglich, dass dieses den Ausschlag dafür gab von der Görlitzer Zeit zu reden.

Das bereits 1938 auf einen Stargarder Stadtplan vermerkte Denkmal an der Stettiner Straße ist indes kaum zu übersehen. Als respektabler Findling, dem eine stilisierte Erdkugel aufgesetzt wurde, fällt es auf. Außerdem informiert eine Texttafel, allerdings nur auf Polnisch, über den Sinn des Denkmals. Aber das war nach dem Krieg nicht immer so. Das Denkmal verkam zusehends. Stargarder Heimatfreunde aus Deutschland sprachen den Missstand schließlich in der Stadtverwaltung an und fanden Gehör. Der gesamte Denkmalbereich wurde alsbald neu gestaltet.


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