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Jahrestreffen des Heimatkreises Usedom-Wollin – auf vertrauten Spuren unterwegs
Es hat bereits Tradition: Im Monat Mai treffen sich Mitglieder des Heimatkreises Usedom-Wollin im Ostseebad Heringsdorf. Man war sich einig: In keinem anderen Ostseebad zieren die Strandpromenade so prachtvolle Villen der Bäderarchitektur wie hier. Die Teilnehmerzahl ist über die Jahre kontinuierlich kleiner geworden. Die Mehrzahl der Teilnehmer hatte im Kindesalter mit der Mutter und den Großeltern die angestammte Heimat verlassen und war in eine ungewisse Zukunft gegangen.
Die älteste Teilnehmerin, geboren 1932, erinnert sich noch sehr gut an ihre Kindheit in Swinemünde und die Flucht aus der Stadt. Sie hat unter dem Verlust der Heimat sehr gelitten. Im Adressbuch der Stadt von 1936 ist ihr Vater, Walter Leonhardt, Architekt, wohnhaft in der Lotsenstraße 71, eingetragen. Die Lotsenstraße zieren auch heute prachtvolle, gut erhaltene Bürgerhäuser, die beim Angriff vom 12. März 1945 kaum beschädigt worden waren. Auch das Haus der Familie Leonhardt ist darunter. Ein aktuelles Foto war obligatorisch. Die Tochter Walter Leonhardts, die auch eine lange Bahnreise nicht gescheut hatte, um am Treffen teilzunehmen, ist der lebende Beweis für die These, dass Menschen im Alter zurück zu ihren Wurzeln streben.
Zwei weitere ehemalige Swinemünder, Frau Krüger, Jahrgang 1944, und der Autor des Beitrages, geboren 1939, hatten in der Grünestraße beziehungsweise in der Steinbrückstraße gewohnt. Das Wissen über ihre Geburtsstadt vermittelten ihnen die Eltern und Großeltern. Erst in den 1960er Jahren waren die Trümmer ihrer Wohnhäuser beseitigt worden, bevor auf den Grundstücken recht große, wenig attraktive Wohnhäuser errichtet wurden.
Mit der Kaseburger Fähre setzte der Bus zur Insel Wollin über. Der berühmte pommersche Arzt Carl Ludwig Schleich hatte die Insel seine eigentliche Landheimat genannt. Der im Bau befindliche Straßentunnel unter der Swine, der Usedom und Wollin verbindet, soll voraussichtlich Mitte Juni eröffnet werden. Bereits in den 1930er Jahren hatten die Planungen für die Untertunnelung der Swine begonnen. Der als Straßen- und als Eisenbahntunnel geplante großzügige Bau fiel ein Jahrzehnt später leider dem Krieg zum Opfer.
Veränderungen durch Swine-Tunnel
Nach der Eröffnung des Tunnels wird die Kaseburger Fähre eingestellt, während die Swinemünder Stadtfähre den Fußgängern und Radfahrern vorbehalten bleibt. Nicht alle Einwohner der Stadt begrüßen den Tunnelbau. Sie befürchten, dass täglich Tausende Pkw zusätzlich die Straßen und Parkplätze ihrer Stadt überfordern.
Bisher haben den Fernverkehr die Fähren durch die oft recht langen Wartezeiten reguliert. Die Straße von Ostswine nach Wollin ist zurzeit schwer zu befahren. Sie wird – offensichtlich im Zusammenhang mit dem in Swinemünde geplanten Containerhafen – bis Stettin vierspurig ausgebaut.
Lebbin, hier war 1128 Otto von Bamberg auf seiner Missionsreise an Land gegangen, war die nächste Station. Die Lebbiner Steilküste bietet einen herrlichen Blick auf das Swinedelta, ein sehr seltenes Rückseitendelta, mit seinen mehr als 40 Inseln. Eine längere Pause wurde im berühmten Ostseebad Misdroy eingelegt. Seit dem Vorjahr sind in dem Ort, der einer Boomtown gleicht, wiederum neue große Hotels auf dem Dünensand emporgewachsen. Der Charakter eines pommerschen Ostseebades geht auf diese Weise verloren, die Bäderarchitektur dominiert die Promenade nicht mehr.
Über Kolzow ging es nach Dannenberg, an der Wolliner Seenplatte gelegen. Nicht weniger als sechs größere Seen rahmen den Ort ein. Frau Harm, Geburtsjahr 1952, suchte hier ebenso wie andere Mitglieder der Gruppe nach den Spuren ihrer Vorfahren.
Eine sehr enge Bindung zur Insel Wollin hat Frau R. aus Neumünster, geboren 1936 in Fernosfelde (zwischen Kolzow und Rehberg gelegen). Sie hatte im Vorjahr nach langer Fahrt über Wiesen- und Feldwege plötzlich den Bus angehalten und verkündet: „Hier stand unser Haus“. Man sah ihr an, wie glücklich sie war. An den früheren Bauernhof erinnerten lediglich ein blühender Fliederstrauch und eine Hecke, das Haus hingegen gab es nicht mehr. Wegen der schwierigen Wegverhältnisse wurde Fernosfelde in diesem Jahr nicht angefahren. Frau R. wollte wiederum zu ihren Wurzeln zurück, blieb ein paar Tage länger in Heringsdorf, fuhr mit der Bahn bis Warnow auf Wollin und schließlich mit dem Taxi zum früheren Hof ihrer Eltern.
Überall historische Spuren
Die letzte Station der Busreise war die Stadt Wollin, wo die Großeltern einiger Mitglieder gelebt hatten. Frau Musmann, geboren 1933, eine alte Wollinerin, konnte aus Altersgründen nicht an der Fahrt teilnehmen. Sie hat ein Buch mit dem Titel veröffentlicht: „Barbara, die Kämpferin. Erinnerungen“ (Rotenburg, 2023). So bleibt das Wissen von „Autochthonen“ (Eingeborenen, Alteingesessen) auch für die folgenden Generationen erhalten.
Die kleine Landstadt Wollin, auf den Trümmern Vinetas erbaut, bietet viel Interessantes. Hier hatte Otto von Bamberg im Jahre 1124 mit der Christianisierung der „abstörrischen“ Pommern begonnen, und damit die Germanisierung Pommerns eingeleitet.
Im Stadtzentrum erinnert eine kleine hölzerne Tafel an den großen Sohn der Stadt, den pommerschen Reformator und Weggefährten Martin Luthers, Johannes Bugenhagen, der hier 1485 geboren wurde.
Viel zu kurz war das Treffen im Kreise der Landsleute. Der Stiftung Nordfriesland danken wir für die finanzielle Unterstützung unseres Heimattreffens.