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Östlich von Oder und Neiße

„Verbunden im Guten wie im Bösen“

Gemeinsam richten die deutsche und polnische Hälfte der Neißestadt die Görlitzer Kulturerbetage aus

Chris W. Wagner
21.04.2022

Zwei historische Gebäude – die Ruhmeshalle in Ost-Görlitz [Dom Kultury, Zgorzelec] und die alte Mälzerei, der sogenannte Tivoli-Komplex auf deutscher Seite der Zwillingsstadt Görlitz, sind Schauplatz der zweiten Auflage der deutsch-polnischen Kulturerbetage an der Neiße vom 22. bis zum 24. April.

Die Idee für die Kulturerbetage hatte der polnische Bürgermeister Rafał Gronicz. „Einst hat uns die Neiße getrennt, heute ist es unser gemeinsamer Fluss, der uns vereint. Es gibt vieles, was unsere Bewohner zusammen unternehmen, es gibt Bekanntschaften und Freundschaften auf beiden Uferseiten. Wir sind verbunden im Guten wie im Bösen“, sagte er.

Ein Fluss, der verbindet

Nachdem sich die erste Auflage der Kulturerbetage im September vergangenen Jahres mit der fast tausendjährigen Geschichte der Stadt auseinandersetzte und nach Schlüsselmomenten, die Görlitz formten, suchte, will man sich im zweiten Teil nun der Gegenwart nähern. In Vorträgen, Geländespielen, Ausstellungen und geführten Rundgängen wollen die Projektpartner – die polnische Stadtverwaltung von (Ost-)Görlitz, die Freie evangelische Gemeinde (West-)Görlitz und ebenfalls auf deutscher Seite der Kulturservice Görlitz – diesmal die Geschichte der Oberlausitzer Gedenkhalle (Dom Kultury) in den Vordergrund rücken.

Ein klares Bild der Geschichte

Die Gedenk- oder auch Ruhmeshalle wurde im sogenannten Dreikaiserjahr 1888 zu Ehren von Vater und Großvater Wilhelms II., Wilhelm I. und Friedrich III. (I.), erbaut. Der Bau ist mit seiner 42 Meter hohen Kuppel, der vergoldeten Kaiserkrone darauf, aber auch durch die Hauptfront mit Säulen und Skulpturen, quasi dem Berliner Reichstag nachempfunden. In diesem monumentalen Bau war das Kaiser-Friedrich-Museum Görlitz untergebracht.

Sein Leitmotiv „ein klares Bild der Geschichte, kulturgeschichtlicher und kunstgewerblicher Entwicklung (...) zu geben und damit Heimatkenntnis und Heimatliebe (zu) fördern“ (Ludwig Feyerabend, 1912), scheint den Kulturerbetagen 2022 gemein zu sein. „Die Intention ist, dass wir uns kennenlernen wollen und herausfinden, was die Gemeinsamkeiten und Unterschiede sind, um zu begreifen, warum wir so oder anders reagieren. Wir wollen der Frage nachgehen, was das Schöne an dem anderen ist und wo wir Toleranz benötigen, um den anderen zu verstehen“, erklärt Gerd Weise vom Kulturservice Görlitz.

Seit 1948 dient die Ruhmeshalle als polnisches Kulturhaus. 1950 wurde hier das Görlitzer Abkommen über den Verlauf der Grenze zwischen der Volksrepublik Polen und der damaligen DDR unterzeichnet. Seit 1998 werden in dem Monument symbolische Sitzungen der Stadträte beider Teile der Europastadt abgehalten.

Drei Tage Austausch

Drei Tage lang werden sich in diesem Kulturhaus polnische und deutsche Görlitzer austauschen und die „Mythen, Legenden und Lieder der Region“, wie es Urszula Zubrzycka im letzten Jahr ausdrückte, kennenlernen. Denn nicht nur Görlitzer Neubürger kennen das Erbe kaum, auch die junge Generation hat noch vieles nachzuholen, meint Eugen Böhler, Pfarrer der Freien evangelische Gemeinde Görlitz: „Wichtig für uns als Freie Evangelische Gemeinde ist, dass wir die Zukunft mit guten Partnern gestalten und in dieser Stadt etwas bewegen“.

Vorerst werden sich die Besucher der Kulturerbetage bewegen – zum Beispiel, indem sie sich auf eine Zeitreise in die Görlitzer Belle Époque begeben, also die Entstehungszeit der Ruhmeshalle. „Bei einem Spiel im Freien treffen sie unter anderem auf Hugo Behr, den Stadtarchitekten, Entwurfsautor und Hauptbaumeister der Oberlausitzer Gedenkhalle“, verspricht Gerd Weise.

Das Programm ist auf www.denkmal-pomysl.com zu finden.


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