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Energiewende

Viel zu teuer und alles andere als „grün“

Warum der Wasserstoff auf absehbare Zeit keine Wunderwaffe zur Lösung unserer Energieprobleme ist

Wolfgang Kaufmann
04.05.2023

Wasserstoff gilt schon des Längeren als Wunderwaffe im Kampf um die „Klimaneutralität“. Der „flexible Energieträger ist unverzichtbar für die Energiewende“ und sei „das Erdöl von morgen“, heißt es etwa in den Mitteilungen rund um die im Juni 2020 beschlossene „Nationale Wasserstoffstrategie“ der Bundesregierung. Deshalb plant man in Berlin nun auch, die Wasserstoffproduktion in den nächsten sieben Jahren derart groß aufzuziehen, dass am Ende ein Energiebedarf in Höhe von zehn Gigawatt gedeckt werden kann. Zum Vergleich: Die Nennleistung der nunmehr abgeschalteten letzten drei Kernkraftwerke lag 2022 zusammen bei 4,3 Gigawatt. Darüber hinaus soll der Wasserstoff auch in Brennstoffzellen-Autos sowie im Luft- und Schiffsverkehr zum Einsatz kommen. 

Dabei führt der ambitionierte Wunsch, „Deutschland zu einem globalen Vorreiter bei Grünem Wasserstoff zu machen und langfristig die Marktführerschaft bei Wasserstofftechnologien zu erlangen und zu sichern“, allerdings zur Blindheit gegenüber der Tatsache, dass der vermeintliche Heilsbringer Wasserstoff nicht halten kann, was er zu versprechen scheint. 

Irrtümer und verdrängte Gefahren 

Zum Ersten wäre da das Sicherheitsproblem. Reiner Wasserstoff darf keinesfalls auf Sauerstoff treffen, weil dann eine Knallgasreaktion erfolgt, sobald es einen Zündfunken gibt. So geschehen unter anderem am 6. Mai 1937 beim Absturz des Luftschiffes LZ 129 „Hindenburg“, dessen Traggaszellen mit 17 Tonnen Wasserstoff gefüllt waren. Beim Anblick der Bilder von dieser Katastrophe lässt sich erahnen, was passieren würde, wenn einer der geplanten Wasserstofftanker für den Transport vom Hersteller zu den Verbrauchern mit 12.000 Tonnen Ladekapazität explodiert: Die Wucht der Detonation könnte eine ganze Hafenstadt in Schutt und Asche legen. 

Darüber hinaus ist Wasserstoff auch kein Energieträger wie Öl, Uran, Erdgas oder Kohle, sondern lediglich ein Energiespeicher. Das heißt, er muss zunächst erst aufwändig durch die Zerlegung von Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff gewonnen werden, was die Zufuhr von erheblichen Mengen Energie erfordert, bevor diese dann wieder abgegeben werden können. Das unterscheidet den Wasserstoff von sämtlichen fossilen Energieträgern, aber auch von alternativen Energiequellen wie Wind- und Wasserkraft. 

Zum Dritten sind die Methoden zur Herstellung von Wasserstoff in der Regel alles andere als umweltfreundlich, was insbesondere für die kostengünstigen Verfahren gilt. Beispielsweise liegt der Preis für die Synthese von einem Kilo Wasserstoff unter Verwendung von Stein- oder Braunkohle bei 1,20 Euro pro Kilogramm, und wenn Methangas zum Einsatz kommt, bei 1,90 Euro. 

Das sorgt dann freilich für einen breiten „CO₂-Fußabdruck“: Bei der Verbrennung von Kohle im Zuge der Wasserstoffgewinnung entstehen zwischen 15 und 25 Kilogramm Kohlendioxid pro Kilo Wasserstoff. Aber selbst wenn nur Strom, der zu einhundert Prozent aus Erneuerbaren Energien stammt, verwendet wird, fallen im Gesamtprozess der Produktion und des Transports des nunmehr angeblich „grünen“ Wasserstoffs immer noch Treibhausgase in der Größenordnung von vier Kilogramm an. Dafür liegen die finanziellen Aufwendungen aber bei bis zu 21 Euro. 

Keine Steigerung der energie-politischen Souveränität 

Hinzu kommt das Abhängigkeitsproblem. Die Bundesregierung geht selbst davon aus, dass Deutschland im Jahre 2050 mehr als 80 Prozent des dann wohl benötigten Wasserstoffs importieren muss, weil die Produktion im Ausland einfach billiger ist. Dabei handelt es sich bei den potentiellen Lieferländern keineswegs nur um „lupenreine Demokratien“. Zu dieser Kategorie zählen zwar Norwegen, Frankreich, Kanada, Spanien, Portugal und Australien. Zugleich wird jedoch auch auf Energiepartnerschaften mit dem Oman, Abu Dhabi, Katar, Marokko, Südafrika und Namibia gesetzt, wo manches im Argen liegt und die Regierungen irgendwann versucht sein könnten, die deutsche Abhängigkeit vom Wasserstoff als Druckmittel zu nutzen. Dann droht eine ähnliche Situation wie 2022, als die russischen Erdöl- und Erdgaslieferungen plötzlich zum Politikum ersten Ranges wurden. 

Aus all diesen Gründen warnen Experten wie der prominente britische Investor und Energieanalyst Michael Liebreich vor zu viel Euphorie im Hinblick auf die Verwendung von Wasserstoff zur Bekämpfung des Klimawandels: Der „dreckig“ hergestellte oder über große Entfernungen herangeholte Wasserstoff sei eher ein zusätzliches Klima-Problem als dessen Lösung. Und den echten „grünen“ Wasserstoff werde man auch in Zukunft durch billigere Alternativen ersetzen, wo immer die Möglichkeit dazu bestehe. 

Mit Blick hierauf meinte Liebreich im Oktober 2022 auf dem World Hydrogen Congress in Rotterdam, der ganze Trubel um das vermeintliche Wundermittel Wasserstoff „fängt an, wie eine Spekulationsblase auszusehen“.


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Kommentare

Walter Schulz am 07.05.23, 20:28 Uhr

Einfach mal ein bisschen Physik und Chemie anwenden: Wenn ich auf einer 1000 ha großen Freiland-Photovoltaik-Anlage Strom erzeuge und diesen Strom zur Erzeugung von Wasserstoff aus Wasser verwende, erhalte ich eine Menge an Wasserstoff, deren Energiegehalt nicht einmal der Hälfte des Stromes aus den 1000 ha entspricht - vielleicht dem Strom von 300 bis 400 ha. Wenn dieser Wasserstoff dann zur Erzeugung von ... z.B. Antriebsenergie oder zur Rückumwandlung von Strom bei Strommangellagen eingesetzt wird, kommt ein nicht gerade positives Ergebnis heraus. Salopp gesagt: Der Strom von 700 bis 800 ha geht "flöten". Da beißt die Maus keinen Faden ab. Warum also mit aller Gewalt Photovoltaikanlagen großen Ausmaßes auf landwirtschaftlichen Nutzflächen pushen? Klar: Es gibt jemand, der von diesem Wahnsinn auf Kosten der Stromkunden profitiert - die Investoren in die Wertschöpfungskette der PV-Anlagen sowie deren Betreiber. Und die werden als gute Lobbyisten Habeck und Co. sicher ins Ohr flüstern, dass mit diesem, nennen wir es Irrsinn, die Welt zu retten ist.

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