11.12.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden

Italien

Volksfront nach französischem Vorbild

Ein neues Linksbündnis könnte Giorgia Meloni gefährlich werden – Elly Schlein auf Erfolgskurs

Peter Entinger
29.07.2024

Als Italiens Nationalmannschaft kürzlich bei der Fußball-Europameisterschaft sang- und klanglos im Achtelfinale scheiterte, sah sich die italienische Ministerpräsidentin Giorgia Meloni zu der Stellungnahme veranlasst, dass im Sport Sieg und Niederlage manchmal ganz nah beieinander lägen. Vor drei Jahren wurden Italiens Kicker noch ob des Titelgewinns gefeiert, deshalb solle man nun den Stab über das Team brechen, forderte Meloni.

Dass der Ruhm von gestern in der schnelllebigen Gegenwart nichts mehr wert ist, muss die Regierungschefin nun am eigenen Leib erfahren. Noch vor wenigen Wochen galt sie als Wunderkind der europäischen Rechten. Ihren Wahlsieg bei der Parlamentswahl konnte sie bei der Abstimmung zum EU-Parlament bestätigen, ihren Ruf entgegen allen Befürchtungen auf internationalem Parkett festigen. Doch es gab bereits im Juni nach der EU-Wahl Stimmen, die davor warnten, dass das Ende der Erfolgsserie absehbar sei. Denn die jahrelang chronisch zerstrittenen Sozialdemokraten präsentierten sich unter der Führung der neuen Vorsitzenden Elly Schlein erstaunlich homogen und kamen auf 24 Prozent und lagen damit nur noch vier Punkte hinter Melonis „Brüder Italiens.“

Der Ruhm von gestern scheint verflogen zu sein
Während Meloni sich noch sehr sicher im Sattel fühlte, kam es in Frankreich zu einem Ereignis, das auch für die italienische Linke zum Vorbild werden könnte. Eine Volksfront von Links vereitelte auf den letzten Metern den bereits sicher geglaubten Wahlsieg von Marine Le Pens Rassemblement National.

Lag die italienische Linke noch vor wenigen Monaten am Boden, tut sich mittlerweile Erstaunliches. Die Vorsitzende Schlein, sozialisiert in ultralinken Kreisen, erhält neuerdings Unterstützung von Matteo Renzi. Der frühere Ministerpräsident galt über Jahre als Musterbeispiel des modernen Sozialdemokraten. Moderat im Ton, aber durchaus verbindlich, hielt er sich von 2013 bis 2018 an der Parteispitze. Danach überwarf er sich mit seinen Gefolgsleuten und gründete eine eigene, bisher mäßig erfolgreiche sozial-liberale Partei.

Enrico Letta, der die Partei anschließend führte, hielt wenig von Bündnisbestrebungen und grenzte seine Truppe nach rechts und links ab. Der Erhalt der „Demokratischen Partei“ stand über allem.

Nachfolgerin Schlein ist da, obwohl deutlich links stehender, flexibler. Nach den Wahlen in Frankreich stellte sie flugs ein Bündnis von der linken Mitte bis hin zum postkommunistischen Spektrum in Aussicht. „Klug und weitsichtig“, nannte Renzi diese Vorgehensweise. Und so könnte es in Italien zum Comeback einer linken Volkspartei kommen.

Der populistischen Fünf-Sterne-Bewegung laufen die Wähler weg, selbst in ihren Hochburgen im Süden des Landes wurden sie vielerorts von den Sozialdemokraten überholt. Giuseppe Conte, der sich langfristig als Meloni-Nachfolger sah, steht kurzfristig sogar vor dem politischen Aus. „Schlein trifft den richtigen Ton und zieht die richtigen Schlüsse aus der Lage“, lobt Vorgänger Renzi und verteilt eifrig Schmeicheleien. Ihre Bündnisstrategie sei „genial“. Nun bleibt es abzuwarten, ob im hektischen italienischen Polit-Alltag eine etwaige linke Allianz auf Dauer hält. In der Vergangenheit war das nicht der Fall.

Von Sozialdemokraten überholt
Doch Renzi ist sich sicher: „Meiner Meinung nach hat der Niedergang von Giorgia Meloni bereits begonnen und ihr Absturz wird sich durch innere Spaltungen in ihrer Koalition noch beschleunigt.“ Denn gerade außerhalb Italiens musste Meloni zuletzt einige bittere Kröten schlucken.

Bei der Bildung der Fraktion im Europaparlament verloren ihre „Konservativen und Reformer“ den Status als dritte Kraft. Die neu gegründete Rechts-Fraktion um Viktor Orbán und Le Pens Partei haben ihr den Rang abgelaufen. Mit von der Partie ist auch Matteo Salvini und seine von Wahlkämpferin Meloni auf das Niveau einer Kleinpartei zusammengestutzte Lega. Für Salvini ist der Coup von Straßburg eine Genugtuung. Er kämpft im Herbst auf einem Parteitag um das Überleben an der Lega-Spitze. Und er hat bereits angekündigt, dass er in der Regierungsarbeit wieder sichtbarer werden will. Meloni selbst macht für ihre Niederlage auf internationalem Terrain den ungarischen Regierungschef Orbán verantwortlich. Ihre Wut sei riesig, schrieben italienische Zeitungen und Renzi legte den Finger in die Wunde und bescheinigte ihr „mangelnde Souveränität“.

In wenigen Wochen finden im südlichen Umbrien und in der Emilia-Romagna Regionalwahlen statt. Beide Regionen gelten als gutes Pflaster für die Linke. Und so sollen die Wahlen als Testlauf für eine Volksfront nach französischem Vorbild genutzt werden.


Hat Ihnen dieser Artikel gefallen? Dann unterstützen Sie die PAZ gern mit einer

Anerkennungszahlung


Kommentare

Ralf Pöhling am 01.08.24, 02:53 Uhr

Folgendes gilt nicht nur für Italien, sondern für den gesamten Westen: Die Rechte muss weniger zur Mitte hin offen sein, da wartet die größte Angriffsfläche für den Islam, als vielmehr nach links, wenn sie Europa gegen den Islam absichern will. Stichwort: Hufeisen. Das klingt zunächst völlig absurd, da ist aber was dran, denn der Islam kommt über Zuckerbrot (Geld) und Peitsche (Attentate) nach Europa. Und die Mitte ist eben bisweilen sehr empfänglich für Bakschisch und stört sich nicht an Anschlägen, sofern sie nicht selbst davon betroffen ist. Für die harte Rechte und die harte Linke gilt das aber genau nicht. Die ticken auch nicht international, sondern meist national. Bei Rechtsnational erklärt sich das von allein, bei den Linken ist es etwas versteckt: Da kritisiert man am laufenden Meter ja die internationalen Großkonzerne, also die berühmten Heuschrecken. Insofern gibt es da eine gemeinsame Basis zwischen Links und Rechts was den Erhalt der eigenen Nation betrifft. In der Mitte sieht das ganz anders aus: Da gibt es etliche, die ihre eigene Großmutter verkaufen wenn der Preis stimmt. Letztlich war es ja in Frankreich wie auch in Deutschland und mit Einschränkungen auch in Italien (ich komme gleich dazu) die konservative Mitte, die dem Islam die Tür geöffnet hat, auch wenn das auf der konservativen Seite keiner zugeben will. Insofern ist man in Italien etwas in der Bredouille, da der Vatikan direkt die Politik in Italien mitbestimmt und die Kirchen bisher sehr pro Zuwanderung eingestellt waren. Da liegt der entscheidende Knackpunkt. Das muss sich ändern. Nicht nur in Italien, sondern auch in Deutschland, wo die Kirchen ebenso direkten Einfluss auf die Politik haben. Dann ist die internationale Mitte nämlich nicht mehr ganz so relevant vom Wählerpotential her. Und wenn die Konservativen endlich mal verstehen, warum die Linken das mit dem "Wokismus" überhaupt tun, nämlich um die Konservativen auch von islamischer Seite auf die Palme zu bringen, dann können sie das einfach mal entspannt ignorieren und es wird von allein wieder in der Versenkung verschwinden. Es geht natürlich aber auch anders und viel schneller, ohne das ganze politische Brimborium was nur alles ausbremst: Mit einem Ausnahmezustand. Indirekt haben wir den seit 2015 längst. Da kann man das auch offiziell werden lassen und den Laden endlich dicht machen.

Kommentar hinzufügen

Captcha Image

*Pflichtfelder

Da Kommentare manuell freigeschaltet werden müssen, erscheint Ihr Kommentar möglicherweise erst am folgenden Werktag. Sollte der Kommentar nach längerer Zeit nicht erscheinen, laden Sie bitte in Ihrem Browser diese Seite neu!

powered by webEdition CMS