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Lernen wir nichts dazu? Die Pandemie hat den früher so beliebten VHS-Kursen für Erwachsene einen schweren Dämpfer versetzt
Geht es den Volkshochschulen (VHS) gut oder befinden sie sich in der Krise? Medienveröffentlichungen, Äußerungen von Politikern und Bildungsforschern sowie Verlautbarungen der Volkshochschulen selbst zeichnen ein unterschiedliches Bild. Die Corona-Krise hat den gemeinnützigen Einrichtungen zur Erwachsenen- und Weiterbildung jedenfalls schwer zugesetzt. Volkshochschulen sind nun einmal auf Bildung und Begegnung ausgerichtet – und die Begegnung war über einen längeren Zeitraum pandemiebedingt nur digital möglich.
Bei der Vorstellung der letzten offiziellen Bilanz des Volkshochschulverbandes Baden-Württemberg war von einem „historischen Tiefstand“ bei Angebot und Nachfrage die Rede. Demnach besuchten noch rund 900.000 Menschen Kurse in den 162 Häusern und ihren 683 Außenstellen – gegenüber 2,2 Millionen in dem Vor-Coronajahr 2019, so die „Stuttgarter
Zeitung“.
Vor Kurzem berichtete der frühere grüne Stuttgarter Oberbürgermeister Fritz Kuhn in seiner Eigenschaft als Vorsitzender des Volkshochschulverbands im Ländle, dass viele Einrichtungen weiterhin tiefrote Zahlen schrieben. Zwar würden wieder rund 80 Prozent der Kurse von 2019 angeboten, doch immer häufiger blieben Anmeldungen aus. Viele Volkshochschulen hielten sich mit Integrationskursen für Flüchtlinge über Wasser, so der Bildungsforscher Klaus-Peter Hufer.
Volkshochschulen haben mit ähnlichen Problemen zu kämpfen wie Parteien, Kirchen oder Vereine. Insbesondere junge Menschen wollen sich nicht mehr langfristig binden. In früheren Zeiten studierte man das dickleibige Kursangebot der örtlichen VHS und meldete sich anschließend verbindlich zu einem Sprachkurs, einem Yoga-Angebot oder einem Zeichenkurs an. Diese Zeiten sind vorbei, zumal es inzwischen insbesondere bei den Sprachkursen viele digitale Alternativen gibt. Die Volkshochschulen konnten und können – anders als die digitale Konkurrenz – vor allem mit einem Angebot punkten: der Begegnung. Erst zusammen in einem Kursraum lernen und anschließend noch gemeinsam eine Pizza essen und ein Glas Wein trinken. Das hat insbesondere für ältere Teilnehmer einen gewissen Charme.
Integrationskurse florieren
Laut dem Bildungsforscher Hufer, der sich unter anderem auf politische Erwachsenenbildung spezialisiert hat, offerieren die Volkshochschulen noch immer „ehrliche Bildung“. „Das sind keine Großkonzerne, die hinterher irgendwelche digitalen Lernplattformen anbieten, die möglicherweise manipuliert sind. Das ist eine unmittelbare Begegnung“, so Hufer gegenüber „Deutschlandfunk Kultur“. Diese Stärke der Kommunikation müsse „in einer Zeit zunehmender Vereinzelung, Digitalisierung und Säkularisierung“ besonders herausgestellt werden. Die „alte Idee des gedruckten Programms“ helfe dabei nicht weiter. Man müsse neue Kommunikationsformen nutzen und auch mal die Sprache der Jugendlichen sprechen.
Liegt es also nur am falschen Marketing? Letztlich klingen Hufers Ratschläge etwas hilflos und wenig konkret. Konkret sind hingegen die Fakten, und die sind ziemlich eindeutig: 2019 gab es an den deutschen VHS mehr als acht Millionen Kurs-Anmeldungen, 2021 nur noch knapp drei Millionen.
Dass zumindest die Integrationskurse für Flüchtlinge florieren, ist dabei nur ein schwacher Trost. Denn wie so oft macht sich der Bund auch hier einen schlanken Fuß. Die Kosten für die Kurse, die vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge erstattet werden, seien nicht kostendeckend, so VHS-Vertreter. Da ist es nur wenig tröstlich, wenn Kuhn die Rolle der Volkshochschulen insbesondere bei der Integration über den grünen Klee lobt: „Nehmen Sie mal die Volkshochschulen weg und fragen, wie wäre dann die Integration von Flüchtlingen gelaufen. Gute Nacht, kann man da nur sagen.“
Martin Rabanus, Vorsitzender des Deutschen Volkshochschul-Verbandes, äußerte sich laut „Stuttgarter Zeitung“ ebenfalls kritisch Richtung Bund. Die Erstorientierungskurse für Flüchtlinge stünden vor dem Kollaps. So habe Berlin zwar die Zuschüsse 2022 von 22 auf 45 Millionen Euro aufgestockt, die Mittel für das laufende Jahr aber wieder auf 25 Millionen Euro heruntergefahren.
Historisch gesehen haben die Volkshochschulen ihre Wurzeln im 19. Jahrhundert. Heute verstehen sie sich als kommunale Weiterbildungszentren und wollen einen Beitrag zum lebenslangen Lernen leisten. Wenn dann nur noch das Geschäft mit den Integrationskursen so richtig „brummt“, ist das ein bisschen wenig und verfehlt den eigentlichen Zweck, allen Bürgern einen gleichberechtigten Zugang zur Bildung zu verschaffen.
Neue digitale Wege als Rettung
Die Qualität der Kursangebote hängt in erster Linie von denen ab, die diese Kurse halten. Und hier sieht es ebenfalls nicht rosig aus. Im Gegensatz zu den Verwaltungsangestellten der VHS, die jetzt auch von den Tariferhöhungen im öffentlichen Dienst profitieren, sind die Volkshochschul-Lehrkräfte nur auf Honorarbasis beschäftigt.
Kritiker sehen hier eine „Zwei-Klassen-Gesellschaft“ innerhalb der Erwachsenenbildung. Die Dozenten erhalten „nur“ 20 bis 30 Euro pro Stunde und müssen sich selbst sozialversichern. Während der Corona-Pandemie sind – wie in anderen Berufen auch – zahlreiche Dozenten „abgesprungen“ und beispielsweise zu Schulen gewechselt.
Im Jahr 1919 gab es bereits 150 Volkshochschulen. Ob die seit über 100 Jahren in Deutschland bestehenden Einrichtungen die nächsten zehn Jahre überstehen? Sie werden sich auf jeden Fall verändern müssen. Volkshochschulen müssten digitaler, moderner und im städtischen Leben vernetzter werden, fordert die CDU-Fraktion Ratingen in einem Antrag. Und während man mit der VHS vor allem Yoga- oder Fremdsprachenkurse verbinde, solle sie beispielsweise auch neue Wege gehen und Kurse zur Unternehmensgründung oder Kompetenztrainings anbieten.
Der Deutsche Volkshochschul-Verband selbst hat in einem Arbeitsprogramm „Volkshochschule 2030“ davon gesprochen, dass die VHS den gesellschaftlichen Zusammenhalt stärken, zur Anerkennung der gesellschaftlichen Vielfalt beitragen, auf Nachhaltigkeit setzen und sich digital vernetzen müssten. Ob das reicht?
Korrektur: Die Zahlen beziehen sich nicht auf die letzte, sondern die vorletzte offizielle Bilanz für 2021. Nach Angaben der vhs Baden-Württemberg wurden 2022 ca. 900.000 Unterrichtsstunden mehr als im Vorjahr durchgeführt. Damit entspricht der Wert ca. 84,5 Prozent des Niveaus des Rekord-Jahres 2019.
Karsten Paulsen am 26.07.23, 21:00 Uhr
Die Volkshochschulen haben sklavisch alle Restriktionen der Corona Diktatur exekutiert, niemals betrete ich wieder so eine Hochburg der Systemschleimer.