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Historisches Ostpreussen

Vom Beginn der Pharmazie

Zur Entwicklung des Apothekenwesens in Königsberg und in der Provinz ab dem 14. Jahrhundert

Margund Hinz
08.01.2024

Im 14. Jahrhundert entstand im Löbenichtschen Marienkloster in Königsberg eine Heilmittelanstalt. Sie ist eine der frühesten Einrichtungen in Ostpreußen, in der Arzneimittel von fachkundiger Hand hergestellt
wurden. Die erste und 1420 erstmals erwähnte Apotheke legte man in der Altstadt nahe der Burg an. Danach ließen sich erst um 1500 jeweils ein Apotheker auf dem Kneiphof und auf dem Löbenicht nieder, die mit anderen Gewerbetreibenden aus dem Westen Deutschlands eingewandert waren.

Den Arzneimittelbedarf deckten sie durch eigene Anpflanzungen in Plantagen und mit Hilfe von Importen. Die medizinische Fakultät der im Jahr 1544 durch Herzog Albrecht von Brandenburg gegründeten Universität erhielt schon bald das Aufsichtsrecht über die Apotheken. Die Berechtigung, eine Apotheke zu besitzen, erforderte eine pharmazeutische Vorbildung und war an das Bestehen einer Prüfung gebunden.

Ein Arzneigarten lieferte die Heilkräuter
In der Altstadtapotheke wirkte unter anderen der Arzt und Apotheker Albertus Kammer. Mit Hilfe eines selbst angelegten Arzneigartens in der Vorstadt konnte er sich mit den notwendigen Drogen

in frischem Zustand versorgen. Dagegen bezog der Schöppenmeister und Apotheker Johannes Werner, tätig in der Kneiphofapotheke, seine Arzneimittel aus Holland. Im Jahr 1555 wurde die erste Apothekenordnung für Königsberg durch Herzog Albrecht erlassen. Darin ist festgehalten, dass die Anzahl der Apotheken, zu dieser Zeit drei, nicht ohne Genehmigung der Landesregierung erhöht werden durfte.

Der zweiten Verordnung (1563) zufolge gab es nun vier Apotheken, für die ein „Generalprivileg“ verkündet wurde. Einstellungsvoraussetzung für Lehrlinge war die Beherrschung der lateinischen Sprache. Professoren der medizinischen Fakultät der Albertina oder Leibärzte sollten die Apotheken überwachen.

Zu Beginn waren Apotheker häufig auch Ärzte
Apotheker, die damals häufig auch Ärzte waren, lehrten an der Universität und trugen zur Hebung ihres Berufsstandes bei. In dem 1560 erschienenen Buch zur Arzneimittelbereitung von Johann Placotomus (eigentlich Brettschneider), 1544 zum Professor der Medizin an die Albertina berufen, sind erstmals Kalmus, Fenchel, Veilchenwurzel, Anis und andere Pflanzen als Heilmittel erwähnt, die auch in Ostpreußen angewandt wurden. Ferner sah man Bernstein zu dieser Zeit als Arzneimittel an. Andreas Aurifaber, Apotheker und Arzt, widmete ihm die Monografie „Historia succini“ (1561) und hob darin seine Heilwirkungen hervor.

Der Apotheker Caspar Panzer sen. stellte in seiner Apotheke in der Altstadt eine Sammlung seltener und wertvoller Pflanzen, Tiere und Mineralien aus. So waren Muscheln mit besonderen Formen, Schnecken sowie rohe und geschliffene Edelsteine zu besichtigen. Panzer gilt deshalb als Begründer des ersten naturwissenschaftlichen Museums der Stadt Königsberg. Sein Sohn, Caspar Panzer jun., erwarb sich als Theriakbereiter große Verdienste. Er fertigte diese Arznei aus reinstem Bienenhonig mit 70 Ingredienzien an. Der Dichter Simon Dach würdigte Caspar Panzer jun. in folgenden Gedichtzeilen:

„Oh wie wohl hab' ich genossen Eurer schönen Offizin!
Herr, aus ihr ist Kraft geflossen
über meinen Leib und Sinn
Als die Aerzte mir zu leben schlechte Hoffnung wollten geben,
Daß, wodurch ich bin genesen, hat
mir Eure Kunst gewährt,
Die so gütig doch gewesen, daß sie nichts dafür begehrt ...“

Schon kurz nach seinem Regierungsantritt im Jahr 1619 hatte der Kurfürst Georg Wilhelm angeregt, weitere Apotheken zu schaffen. Die vier Besitzer der 1563 privilegierten Apotheken in Königsberg widersetzten sich jedoch einmütig und erfolgreich diesem Ansinnen. So wurden erst in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts sechs weitere Apotheken in der Stadt gegründet.

Die Pest brachte die Pharmazeuten an ihre Grenzen
Mehrmals ist die Pest durch die einwandernde Bevölkerung in Ostpreußen aufgetreten und verbreitet worden. Sie wütete im Zeitraum von 1620 bis 1630 dauerhaft und forderte viele Opfer. Die Seuche beanspruchte gerade die Apotheker in ihrer Arbeit stark. Man verpflichtete sie, alle genau vorgeschriebenen Medikamente und die zahlreichen Bestandteile der Composita vorrätig zu haben und zu einem sehr niedrigen Preis an die Bevölkerung abzugeben. Der ärmeren Bevölkerung sollten die Arzneimittel unentgeltlich auf Kosten der Stadtverwaltungen zur Verfügung gestellt werden. Die ausgestellten Rechnungen wurden jedoch häufig nicht bezahlt. Dadurch hatten die Apotheker wirtschaftlich schwer zu kämpfen.

Die im Jahr 1683 erschienene Königsberger Apothekenordnung regelte die Vor- und Ausbildung der Pharmazeuten. Zur Verwaltung oder zum Erwerb einer Apotheke im Herzogtum Preußen waren die Apothekergesellen demnach erst dann berechtigt, wenn sie eine Prüfung vor dem Dekan bestanden und den vorgeschriebenen Eid abgelegt hatten. Beabsichtigten sie jedoch eine Apotheke in der Stadt Königsberg zu kaufen, war dazu ein weiteres Studium und die Erlangung der Doktorwürde Pflicht.

Die Überprüfung der Apotheken, die ab jetzt jährlich zu erfolgen hatte, oblag zwei Ärzten. Verdorbene oder unbrauchbar gewordene Arzneimittel sollten sofort restlos beseitigt werden. Bei der Herstellung der Composita durch die Apotheker musste ein Arzt zugegen sein. Diese Verordnung für Königsberg galt lediglich zwei Jahre. Einheitliche Regelungen für den gesamten brandenburgisch-preußischen Staat sind in dem Medizinaledikt von 1685 festgelegt worden.

Das Apothekenwesen entwickelte sich auch in den anderen Städten des Herzogtums Preußen zügig und ähnlich wie in der Hauptstadt. Ende des 17. Jahrhunderts bestanden in Königsberg zehn und in den Provinzstädten 24 Apotheken.

Bedingt durch das erneute und mehrmalige Auftreten der Pest, den Siebenjährigen Krieg sowie die Besetzung Ostpreußens durch die Russen stagnierte die Entwicklung des Apothekenwesens im 18. Jahrhundert zeitweise. So gab es trotz Bevölkerungswachstums im Jahr 1800, wie 100 Jahre zuvor, in der Stadt Königsberg zehn Apotheken, die aber zum Teil in andere Stadtteile verlegt worden waren.

Wegbereiter für die praktische Ausbildung
Da es universitär noch keine praktische Ausbildung in den naturwissenschaftlichen Disziplinen gab, waren die Leistungen des Besitzers der Steindammer Apotheke, Dr. Harms, dafür wegbereitend. Den von seinen Vorgängern übernommenen Gewürzgarten vergrößerte er erheblich und bestellte ihn mit zahlreichen Arzneipflanzen, um den jüngeren Fachkollegen von diesen Kenntnis zu geben. In seiner Apotheke erteilte er außerdem Unterricht in der Herstellung von Tinkturen sowie anderen pharmazeutischen Zubereitungen.

Ähnliches ist in der Löbenichtschen Apotheke unter Leitung des Hofrats Dr. Melzer geleistet worden. An der Albertus-Universität erteilte Carl August Hagen, 1788 zum ordentlichen Professor an der medizinischen Fakultät berufen, mit seinen Vorlesungen und praktischen Übungen erstmals einen „methodisch angelegten“ Unterricht in den pharmazeutischen Wissenschaften. Von 1773 bis 1812 Besitzer der Hofapotheke, richtete Hagen dort einen eigenen Hörsaal ein. Im Jahr 1900 gab es in Königsberg 20 und in Ostpreußen 149 Apotheken.


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