29.04.2025

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Erinnert bewusst an die Form einer Dampflokomotive: Der Leobschützer Bahnhof
Bild: WagnerErinnert bewusst an die Form einer Dampflokomotive: Der Leobschützer Bahnhof

Östlich von Oder und Neiße

Vom Lost Place zurück in die Zukunft

Verwilderte Bahnanlagen in Leobschütz erwachen aus dem Dornröschenschlaf

Chris W. Wagner
28.04.2025

Mit der Sanierung des historischen Bahnhofs im oberschlesischen Leobschütz [Głubczyce] hatte sich die fünf Kilometer von der tschechischen Grenze entfernte Stadt an der Zinna [Psina] fast übernommen. Nachdem die Gemeinde Leobschütz 2022 das stark verfallene Bahnhofsgebäude von einer Warschauer Firma zurückgekauft hatte, winkte zwar ein erheblicher Zuschuss vom polnischen Kultusministerium und aus dem Marschallamt der Woiwodschaft Oppeln, doch die mit der Sanierung beauftragte Baufirma ging pleite. Bürgermeister Adam Krupa hat zwar bereits eine neue Firma beauftragt, doch es besteht kaum Hoffnung, dass die Arbeit planmäßig abgeschlossen werden kann, was zur Folge hätte, dass die Gelder zurückgezahlt werden müssten. Gegenüber der Zeitung „Nowa Trybuna Opolska“ („NTO“) sagte Krupa, die Firma Murex aus dem benachbarten Gläsen [Klisino] arbeite auf Hochtouren. Derzeit würden Arbeiten an der Innenfassade ausgeführt sowie beim Einbau der Fenster- und Türen. Als Nächstes stünden das Dach und die Decken auf dem Plan. Dafür habe die Firma bis zum Ende dieses Jahres Zeit.

Der Leobschützer Bahnhof gehört zu den originellsten in Oberschlesien, denn er ist in Form einer Dampflokomotive erbaut worden. Sein über 20 Meter hoher Turm ähnelt einem Dampflokschornstein. Vor der Eroberung durch die Rote Armee wurde der Turm als Aussichtsplattform genutzt.

Heute kann ihn niemand mehr betreten, da die Holztreppe – von Würmern zerfressen – längst zusammengefallen ist. Das Erdgeschoss und der erste Stock sehen wie ein Kessel aus. Die Fenster im Erdgeschoss sind Rädern nachempfunden, das Dachgeschoss soll eine Lokführerkabine symbolisieren. Dieses besondere Objekt stand 1989 beim Dreh des US-amerikanischen Spielfilms „Triumph des Geistes“ mit Willem Dafoe in der Hauptrolle als Kulisse für die griechische Bahnstation Thessaloniki.

Der Filmdreh war ein großes Ereignis für die Leobschützer, denn ihr Bahnhof „erlebte seine zweite Jugend und sie vergaßen dabei, dass in dieser Zeit die Polnischen Staatsbahnen (PKP) überall unrentable Strecken stilllegten. So fuhr am 3. April 2000 der letzte Personenzug von Leobschütz nach Ratibor [Racibórz]. Diese Strecke wurde stillgelegt“, so Piotr Kopczyk, der letzte Bahnvorsteher in Leobschütz. Kopczyk ist heute Vorsitzender des Vereins der Freunde des Museums des Leobschützer Landes (Stowarzyszenie Miłośnikow Muzeum i Ziemi Głubczyckiej), der das Leobschützer Kreismuseum betreibt.

Mit Tränen in den Augen erinnert er an den grünen Dieselzug mit zwei Doppelstockwagen und zahlreichen Fahrgästen, welche die letzte Fahrt auf der Strecke Ratibor–Leobschütz–Deutsch Rasselwitz [Racławice Śląskie] machen durften. Dort gibt es Anschluss Richtung Neisse [Nysa] oder Oppeln [Opole]. „Damit schloss sich der Kreis in der Geschichte der über 100 Jahre alten Strecke.

Die Leobschützer haben sich bis heute nicht mit dieser Entscheidung abgefunden. Sie haben Unterschriften zur Wiederaufnahme des Zugverkehrs gesammelt, jedoch ohne Erfolg. Für sie hätte die Bahn hier auch heute noch eine Daseinsberechtigung“, sagt Kopczyk, denn Hunderte Menschen würden zu den weiterführenden Schulen und Universitäten nach Ratibor und Neisse pendeln, „sie würden mit dem Zug schnell, bequem und vor allem sicher dorthin gelangen“.

Bis es wieder so weit ist, müssen sich die Leobschützer gedulden, denn erst 2029 soll die Trasse Deutsch Rasselwitz–Leobschütz–Ratibor umfassend modernisiert werden. Diese 54 Kilometer lange Bahnstrecke soll elektrifiziert in Betrieb gehen und die Züge sollen mit einer Geschwindigkeit von bis zu 120 Kilometer pro Stunden fahren können. Das mag man heute kaum glauben, denn die verwilderten Gleisanlagen präsentieren sich als „Lost Place“, dem man keine Zukunft mehr zutrauen mochte.


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