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Notre-Dame erlebte als Gotteshaus Phasen schändlichster Entweihung bis zu glanzvoll-pompöser Verehrung
Der verheerende Brand im April 2019 war nicht die erste Feuerkatastrophe in der Kathedrale Notre-Dame de Paris. Wie der Chronist Guillaume le Breton berichtete, standen bereits Anfang des 13. Jahrhunderts Teile der Inneneinrichtung der damals noch gar nicht komplett fertiggestellten Kirche in Flammen. Schuld hieran waren die Kerzen eines Einbrechers. Und im späteren Verlauf des Mittelalters und der Frühen Neuzeit brannte es wohl ebenfalls noch mehrmals im eher kleineren Umfang.
Dann kam die Französische Revolution, die mit großer Zerstörungswut gegen christliche Gotteshäuser einherging. So wurden die 28 Skulpturen der Könige von Juda in der Königsgalerie an der Außenfassade von Notre-Dame enthauptet, weil sie fälschlicherweise als Abbilder früherer französischer Herrscher gehalten wurden. Parallel dazu erfolgte die Zerstörung weiterer Statuen, die Verwüstung des Innenraumes sowie das Einschmelzen vieler Metallgegenstände in der Münzprägeanstalt von Paris. Dem schloss sich am 10. November 1793 die komplette Entweihung der Kirche durch Umwidmung in einen „Tempel der Vernunft“ an.
Napoleon setzte Zeichen
In der Zeit nach der Revolution verkam das ursprüngliche Gotteshaus weiter. Zuerst diente es als Weinlager und dann als eine Art Mehrzweckhalle, in der sogar Pferde untergestellt wurden. Eine erneute liturgische Nutzung fand erst 1802 mit Genehmigung des Ersten Konsuls der Republik, Napoléon Bonaparte, statt. Der vollzog schließlich auch am 2. Dezember 1804 in der Kathedrale seine Selbstkrönung zum Kaiser der Franzosen. Dem vorausgegangen waren einige oberflächliche „Schönheitsreparaturen“, welche den Verfall in keiner Weise aufhielten.
Ohne Weltkriegsblessuren
Den beklagenswerten Zustand des Bauwerkes beschrieb der große Schriftsteller Victor Hugo im Vorwort seines 1831 erschienenen Romans „Notre-Dame de Paris“: Die Kirche habe „ärgste Verstümmelungen ... von allen Seiten erlitten“ und sei nur mehr ein „Skelett“. Daraufhin gab es etliche Initiativen zur Wiederherstellung des Glanzes der Kathedrale. Als Konsequenz hieraus erhielten die Architekten Eugène Viollet-le-Duc und Jean-Baptiste-Antoine Lassus 1845 den Auftrag, Notre-Dame umfassend zu restaurieren. Die Arbeiten dauerten bis 1865.
Sechs Jahre später wurde die Kirche erneut zum Ziel von Randalierern, als während der Pariser Kommune im Frühjahr 1871 einige Aufständische das Gotteshaus stürmten und die Sitzbänke anzündeten. Das führte jedoch nicht zu nennenswerten Schäden. Ebenso überstand Notre-Dame die beiden Weltkriege ohne größere Blessuren. Die einzige gezielte militärische Attacke auf die Kathedrale fand am 11. Oktober 1914 statt. Damals warfen deutsche Flugzeuge kleine Bomben auf Paris, von denen eine ins Dach der Kirche einschlug. Außerdem trafen während der Befreiung der französischen Hauptstadt im August 1944 einige Querschläger das gotische Bauwerk, wodurch mehrere der mittelalterlichen Kirchenfenster zu Bruch gingen. Sie wurden durch Scheiben mit modernen abstrakten Motiven ersetzt. Seither gab es bis zum Brand von 2019 zum Glück keine dramatischen Vorkommnisse mehr.