Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung
Wie nach dem verlorenen Ersten Weltkrieg aus zusammengeschweißten U-Boothüllen Schiffe zur zivilen Nutzung wurden
Die seit 1902 bestehende Friedrich Krupp Germaniawerft in Kiel war einer der bedeutendsten Auftragnehmer der Seestreitkräfte des deutschen Kaiserreiches. Neben Schlachtschiffen und anderen schweren Einheiten lieferte sie bis zum Ende des Ersten Weltkrieges auch um die einhundert U-Boote aus. Dazu gehörten große Unterseekreuzer wie U 139. Dieses Boot wurde im Mai 1918 in Dienst gestellt. Als Kommandant fungierte Kapitänleutnant Lothar von Arnauld de la Perière, der erfolgreichste U-Boot-Fahrer der Seekriegsgeschichte, dem die Versenkung von insgesamt 194 Schiffen gelang. Nach U 139 baute die Germaniawerft noch weitere U-Kreuzer, von denen aber aufgrund des Kriegsendes nicht mehr alle fertiggestellt werden konnten. Das galt unter anderem für U 183, U 184, U 187 und U 188 aus der Projektreihe 46 A – vier mächtige tauchfähige Kampfmaschinen mit sechs Torpedorohren beziehungsweise drei 15-Zentimeter-Decksgeschützen.
Nach der deutschen Niederlage mussten die meisten unvollendeten U-Boote aufgrund der Bestimmungen des Versailler Diktatfriedens verschrottet werden, allerdings gelang es der Germaniawerft, die vier Druckkörper der geplanten U-Kreuzer vor der Vernichtung zu bewahren und einer zivilen Nutzung zuzuführen. Damit schlug die Geburtsstunde der marinehistorisch einmaligen Tanker-Baureihe „Ostpreußen“, zu der lediglich zwei Einheiten gehörten, nämlich das Typschiff „Ostpreußen“ und die baugleiche „Oberschlesien“.
Jeweils zwei der U-Boot-Hüllen wurden miteinander verschweißt und bildeten so das Kernstück des Rumpfes der Öltanker. Diese wiesen am Ende eine Gesamtlänge von 84 Metern bei 2083 Bruttoregistertonnen Rauminhalt auf. Als Antriebsmaschinen baute die Germania-Werft pro Schiff zwei MAN-Sechszylinder-Dieselmotoren mit jeweils 1400 PS ein, die für die U-Boote U 129 und 130 vorgesehen waren, welche ebenfalls unvollendet blieben. Diese Aggregate verliehen den Tankern eine Geschwindigkeit von zehn Knoten.
Indienststellung durch die Hamburger Hugo Stinnes AG
Die Indienststellung der „Ostpreußen“ erfolgte im August 1921 und die der „Oberschlesien“ im Monat darauf. Beide Einheiten gingen in den Besitz der 1917 gegründeten Hugo Stinnes AG für Seeschifffahrt und Überseehandel in Hamburg über, die damals versuchte, in direkte Konkurrenz zu den drei großen Reedereien HAPAG, Norddeutscher Lloyd und Hamburg Süd zu treten. Sie besaß eine Flotte von rund 30 Schiffen, die vor allem Ziele in Mittel- und Südamerika sowie Ostasien ansteuerten.
1923 wurden die Tanker an die neu gebildete Hugo Stinnes-Riebeck Montan- und Oelwerke AG übergeben, 1926 wechselten sie in den Bestand der A. Riebeck'schen Montanwerke AG. Dieses Unternehmen wiederum mutierte 1927 zur Holdinggesellschaft der I.G. Farbenindustrie AG, welche die „Ostpreußen“ und die „Oberschlesien“ 1928 verkaufte. Zuvor kollidierte der letztgenannte Tanker noch vor Brunsbüttel mit dem britischen Frachtdampfer „City of Salisbury“, woraufhin er sicherheitshalber auf Grund gesetzt werden musste.
Als neuer Eigner der „Ostpreußen“ fungierte die genuesische Reederei Nereide Società di Navigazione, die das Schiff in „Caucaso“ umbenannte. Dahingegen ging die wieder seetüchtig gemachte „Oberschlesien“ an die Nautilus Società di Navigazione, deren Firmensitz ebenfalls in der italienischen Hafenstadt Genua lag. Sie erhielt den Namen „Nautilus“, den sie allerdings nur bis Anfang 1942 trug. Dann requirierte die deutsche Wehrmacht das Schiff und taufte es „Languste“.
Beide Tanker vom Typ „Ostpreußen“ unternahmen 1942 Fahrten zur Versorgung der deutsch-italienischen Panzerarmee Afrika, die unter dem Oberbefehl von Generalfeldmarschall Erwin Rommel bis nach Ägypten vorstieß, aber schließlich im November 1942 nach der verlorenen Schlacht von El Alamein den Rückzug antreten musste. Dabei gingen die zwei Schiffe kurz nacheinander verloren.
Die vormalige „Oberschlesien“, welche nun als „Languste“ firmierte, traf am 13. Oktober 1942 vier Seemeilen vor Capo Figari an der Westküste Sardiniens auf das britische U-Boot „Utmost“, das unter dem Kommando von Lieutenant John Walter David Coombe stand und zehn Tage zuvor aus dem Hafen von Malta ausgelaufen war. Die „Utmost“ hatte zunächst Agenten bei Neapel abgesetzt und danach begonnen, feindliche Schiffe zu versenken. Coombe feuerte vier Torpedos auf den Tanker, von denen einer um 13.40 Uhr traf und die „Languste“ auf den Meeresgrund schickte. Drei von deren Besatzungsmitgliedern starben dabei, die anderen 29 überlebten dank des zur Hilfe heraneilenden italienischen Minensuchbootes „San Vincenzo“. Einen guten Monat später verschwand die „Utmost“ auf ihrer 24. Feindfahrt.
Die anfängliche „Ostpreußen“ und spätere „Caucaso“ unternahm im Sommer und Herbst 1942 mehrere Versorgungsfahrten zwischen Italien und den Häfen von Tripolis und Bengasi an der libyschen Küste, bevor sie Ende des Jahres Tunis anlief. Dort versenkten alliierte Bomber den Tanker am 14. Dezember 1942. Fünf Jahre später konnte er wieder gehoben werden, taugte jedoch nun bloß noch zum Verschrotten.
Chris Benthe am 13.03.24, 06:43 Uhr
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