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Der britische Wirtschaftswissenschaftler Paul Collier nennt Beispiele, wie Staaten, aber auch Städte und Regionen wieder erstarken können – oder absteigen
Aufstieg und Fall großer Mächte, auch von Städten und einzelnen Regionen hat die Menschen immer wieder fasziniert und nach den Gründen dafür fragen lassen. Aber, so der britische Wirtschaftswissenschaftler Paul Collier: Kein Abstieg muss sein! Collier hat neben seiner Professur in Oxford längere Zeit für die Weltbank gearbeitet. Er kennt das Auf und Ab von Ländern in aller Welt. In seinem Buch „Aufstieg der Abgehängten“ geht er den Gründen dafür nach, nennt „Abgehängte“, so die deutsche Übersetzung von „Left Behind“, aber mehr noch Erfolge, wo diese erreicht wurden.
Manche Erfolge sind geradezu phänomenal. Collier begeistert sich für Singapur, das vom armen Stadtstaat zur blühenden Metropole geworden ist. Er nennt weitere, etwas bescheidenere Erfolge im afrikanischen Botsuana (durch kluge Bewirtschaftung seiner Diamantenfunde), Südafrika zumindest unter Mandela, China unter Deng Xiaoping, das Baskenland und den Umbau der ehemaligen DDR.
Aber dann auch die Negativbeispiele: Aus seiner Heimat zitiert Collier das einst blühende South Yorkshire mit Sheffield als Zentrum, heute die Armenregion Großbritanniens; weiter die afrikanischen Staaten Sambia (völlige Misswirtschaft), Sierra Leone, Mali und Tansania (hehre Ziele des einstigen Staatschefs Nyerere, dessen Maßnahmen sich als verfehlt erwiesen), auch der Küstenstrich Kolumbiens (größtenteils durch widrige Naturumstände); und als Beispiel einer geglückten Wiedergeburt die einstige Stahlmetropole der USA Pittsburgh, wo nach dem Niedergang der Stahlindustrie durch einen zupackenden Neustart in neuen Technologien neuer Wohlstand eintrat.
Die internationale Wirtschafts- und Finanzpolitik bietet genügend Beispiele, wie man voneinander und zum eigenen Vorteil lernen kann. Wo das nicht passiert, sagt Collier, „treiben wir auf einem Narrenschiff dahin“. Hart geht der Autor mit den „Neunmalgescheiten“ im starren Londoner „Treasury“ (Wirtschafts- und Finanzministerium) und mehr noch mit der „verhängnisvollen“ Chicagoer Ökonomieschule um Milton Friedman ins Gericht, denen er zahlreiche Fehlentwicklungen weltweit vorwirft.
Die faktenreiche Analyse wird in den Schlusskapiteln durch ein zwar anregendes, aber allzu verallgemeinerndes Moralisieren ersetzt. Der weitaus größere Teil aber zur internationalen Wirtschaftspolitik macht das Buch zu einer lohnenswerten Lektüre, gerade für Leser im – wirtschaftlich – schwächelnden Deutschland.
Paul Collier: „Aufstieg der Abgehängten. Wie vernachlässigte Regionen wieder erfolgreich werden können“, Siedler Verlag, München 2024, gebunden, 400 Seiten, 28 Euro