13.10.2024

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Straßenbau in Preussen

Von Königsberg nach Fuchsberg

In Ostpreußen wurde die erste Aktienstraße der Provinz Preußen mithilfe eines Straßenbaufonds gebaut

Jürgen Ehmann
01.02.2024

Gegen Ende des 17. Jahrhunderts beherrschten tiefe Löcher, sumpfige und morastige Stellen die großen verwahrlosten Landstraßen in Preußen. Kurfürst Friedrich III. erließ wegen wiederholter Behördenklagen über die schlechte Beschaffenheit der Land- und Heerstraßen das Wegeedikt von 1698. Dieses regelte die Wege-, Brücken und Dämme-Reparatur bzw. -Ausbesserung. Mit Einführung der ersten Postkutschen um 1700 und den mit fünf Meilen Abstand eingerichteten Poststationen an den großen Landstraßen sowie dem Ausbau des Postwesens vermehrten sich die Klagen über den schlechten Zustand der Straßen. Erst durch das von Friedrich Wilhelm I. am 20. August 1720 erlassene Wegeedikt wurden die Wege intensiver ausgebessert.

Den Vorschlag des Oberpostdirektors Uhl, auf der schlechten Straße von Dirschau nach Marienburg die erste Kunststraßen-Chaussee in Preußen zu bauen, lehnte Friedrich der Große 1772 ab: „Übrigens sind die Wege in diesen Gegenden so schlecht nicht, wie Euch die Postmeisters wollen glauben machen. Ich bin diese Wege größtenteils selber passieret und weiß dahero zuverlässig, daß solche ebensowenig reparatur nötig haben, als die Straße von Berlin nach Charlottenburg.“

Die Postwege waren miserabel
Sein Nachfolger Friedrich Wilhelm II. bewilligte mit der Kabinettsordre vom 30. Januar 1788 ein Kapital von 15.000 Thalern für den Straßenbau in der Grafschaft Mark im Niederrheinisch-Westfälischen Reichskreis. Dies hatte Bedeutung für die Entwicklung des Chausseebaus in Preußen. Zusätzlich genehmigte Gelder zur Errichtung der Chausseestrecken Magdeburg–Leipzig und Berlin–Potsdam brachten die armen Bevölkerungskreise in Arbeit, jedoch die Gründung des Chausseebau-Department 1791 mit seinem Leiter Graf v. Brühl nicht den erwünschten Erfolg des Straßennetzausbaus.

Die Finanzierung des Neubaus und der Unterhaltung von Chausseen in Preußen erfolgte zwischen 1815 und 1875 durch die für die Staatsstraßen verantwortlichen und mehrfach wechselnden Ministerien der preußischen Regierung und durch Straßenbaufonds der Provinzial- und Bezirksregierungen für deren Straßen. Eine weitere Möglichkeit der Finanzierung bestand in der Gründung von Chausseebau-Aktiengesellschaften, welche hauptsächlich im Zeitrahmen zwischen 1839 und 1857 entstanden.

Die erste Aktienstraße in der Provinz Preußen, die nach der Veröffentlichung des Statutenschemas für „Actiengesellschaften vom 11. Mai 1842“ gebaut wurde, war die von Königsberg nach Fuchsberg führende Chaussee, die ursprünglich von einer 1841 gegründeten Aktiengesellschaft von Königsberg nach Kumehnen geplant war.

Um Arbeitskräfte für das Projekt zu erhalten, veröffentlichte der „Oeffentliche Anzeiger. No. 15. Königsberg, Mittwoch den 13ten April 1842., S. 112“ eine Anzeige der Gesellschaft: „Bei dem Bau der Actien-Chaussee von hier bis Fuchsberg, im Kreise Fischhausen, finden von jetzt ab, bis zum Herbste hin, fortwährend fleißige Arbeiter einen reichlichen Verdienst, was den betreffenden Arbeitslustigen Ihres Amtsbezirks mit dem Bemerken, daß sie sich Behufs Ueberweisung der bezüglichen Arbeit, bei dem Chausseeaufseher Heimberger, auf der Baustelle zu melden haben, gefälligst bekannt machen zu lassen (...)“ Unterzeichnet vom Comittée des Actien-Vereins und für denselben, als Präses: der Polizei-Präsident, (gez.) Abegg.

Die Straßenarbeiten des ersten etwa zehn Kilometer langen Teilstücks von Königsberg bis Fuchsberg waren vermutlich Ende November 1842 beendet, denn nach Abnahme und Eröffnung verkündete der Ober-Präsident der Provinz Preußen, Carl Wilhelm von Bötticher, im „Amts-Blatt der Königl. Preuß. Regierung zu Königsberg. No 50. Königsberg, Mittwoch, den 14ten Dezember 1842“: „So hat der erwähnte Actien-Verein von dem unterzeichneten Ober-Präsidenten die Befugnis erhalten, die in dem jedesmaligen, für die Staats-Chausseen gültigen Tarife festgesetzten Chaussee-Gelder an der Bariere, an dem sogenannten Wirr-Graben bei Königsberg, vorläufig für Eine und eine halbe Meile, von Mittwoch den 14ten des Monats ab, erheben zu lassen.“

Finanzielle Überschüsse wurden laut statistischen Darstellungen des Landkreises Königsberg zwischen 1842 und 1861 nicht erzielt. Die Aktionäre erhielten demnach keine Dividenden. Über die Art der Verzinsung und Tilgung des Anleihekapitals ließ sich nichts ermitteln. Die „Außerordentliche Beilage No. 11 zu No. 40. des Amtsblatts der Königl. Ostpreuß. Regierung.1862.“ erwähnte, dass der Weiterbau der Chaussee von Königsberg nach Kumehnen nach Vollendung der Chaussee von Königsberg nach Fuchsberg „wegen Beschränktheit der Fonds“ aufgegeben werden musste.

Aktionäre erhielten keine Dividende
1846 verzeichnete der Band 25 der „Verhandlungen des Vereins zur Beförderung des Gewerbfleißes in Preußen“ auf Seite 202 die Strecke mit 1,2 Meilen. Für die nächsten Jahre sah man „mit Gewissheit“ der „Verlängerung der Actien-Chaussee von Königsberg nach Fuchsberg in der Richtung nach Kumehnen, auf einer Strecke von 1,75 Meilen, zur vortheilhafteren Verbindung der Inneren Theile der Landschaft Samland“ entgegen, jedoch war noch 1851 der Weiterbau der Actien-Chaussee nicht vorangekommen.

Im selben Jahr wurde eine Strecke von einer Viertelmeile von Pillau nach Alt-Pillau auf Staatskosten ausgebaut, da Pillau wegen fünfmonatigem Eis auf dem Frischen Haff und der dadurch gestörten Wasserverbindung eine Chaussee-Verbindung nach Königsberg forderte. Den weiteren Bau einer Kreis-Chaussee von Fuchsberg über Kumehnen nach Fischhausen und Alt-Pillau genehmigte Friedrich Wilhelm IV. mit dem Allerhöchsten Erlass vom 1. Februar 1858, Nr. 4842. Der Erlass regelte dazu das Expropriationsrecht für die zu der Chaussee erforderlichen Grundstücke und das Recht zur Entnahme der Chausseebau- und Unterhaltungsmaterialien.

Im Herbst 1859 erhielt der Kreis Fischhausen die auf Staatskosten erbaute Strecke von Pillau nach Alt-Pillau neben den Rechten auf Erhebung des Chausseegeldes in Verbindung mit der im Bau begriffenen Kreis-Chaussee, dem ehemals angedachten Weg von Fuchsberg über Drugehnen, Kumehnen, Polennen, Fischhausen nach Pillau. Nach dem erfolgten Ausbau durch den Landkreis Fischhausen konnte die Strecke am 16. Mai 1861 dem öffentlichen Verkehr übergeben werden. Damit bestand eine Chaussee-Verbindung von Königsberg nach Pillau.

Erst mit dem Allerhöchsten Erlass vom 11. August 1862 (Nr. 5581) erfolgte die Bestätigung des „Actien-Vereins zum Bau und zur Unterhaltung einer Chaussee von Königsberg nach Fuchsberg“.


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