Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung
Die religiösen Bräuche der Ureinwohner Ostpreußens, der Prußen, verschwanden im Zuge der Christianisierung
Die Prußen, also die Ureinwohner Ostpreußens, wurden von den deutschen Eroberern als „Heiden“ bezeichnet. In der Chronik des Peter von Dusburg aus der Zeit um 1330 heißt es: „Weil sie also Gott nicht kannten, deshalb verehrten sie in ihrem Irrtum jegliche Kreatur als göttlich, nämlich Sonne, Mond und Sterne, Donner, Vögel, auch vierfüßige Tiere, ja sogar die Kröte. Sie hatten auch Wälder, Felder und Gewässer, die sie für so heilig hielten, dass sie in ihnen weder Holz zu hauen noch Äcker zu bestellen oder zu fischen wagten.“ Das weist auf die Existenz einer typischen Naturreligion hin, wie man sie aus vielen Regionen der Welt vom Polarkreis bis ins tropische Afrika kennt. Allerdings erwähnen andere Quellen auch eine ganze Reihe personifizierter Gottheiten.
Beispielsweise nennt der Christburger Friedensvertrag von 1249 den Fruchtbarkeitsgott Curche, und in der „Collacio episcopi warmiensis“ von 1418 tauchen die Namen Patollos und Natrimpe auf. Ersterer war der Totengott der Prußen und der Letztere wohl ein Meeresgott ähnlich dem römischen Neptunus. Darüber hinaus verehrten die Prußen den Friedensgott Deiwus, den heilenden Gott Auschauts und den Gott des Reichtums Pilnitis. Außerdem glaubten sie an Wesen wie Barstucke und Markopole, eine Art Kobolde oder Zwerge, welche als Begleiter von Patollos galten.
Geistliche unter den Prußen
Es gab auch Geistliche unter den Prußen. Dusburg schreibt von einem Priester namens Criwe, der angeblich der „Papst der Heiden“ gewesen sei und im zentralen Prußen-Tempel von Romowe residiert habe. Mittlerweile geht die Forschung aber davon aus, dass etliche solcher Criwe existierten und verschiedene Heiligtümer betreuten. Spuren derselben fanden sich später unter anderem bei Kreywutschen zwischen Wehlau und Insterburg sowie auf dem Rombinus-Hügel nahe Ragnit im Memelgebiet. Weitere Kultstätten lagen wahrscheinlich in der Nähe von Ortschaften mit den Endungen „schwant“ (heilig) und „lab“ (gut).
Welche Handlungen die Priester ausführten, ist weitgehend unbekannt. In den Quellen wird meist nur von einer Befragung der Götter mittels Losen und von Opferhandlungen berichtet. Dusburg behauptete in diesem Zusammenhang, dass auch christliche Kriegsgefangene auf zeremonielle Weise getötet worden seien, jedoch konnte bis heute keine derartige Opferung archäologisch nachgewiesen werden. Möglicherweise handelte es sich hier also nur um ein verleumderisches Gerücht vonseiten des Deutschen Ordens, das den Kampfesmut der eigenen Leute anfachen sollte.
Opferhandlungen und Totenkult
Ansonsten praktizierten die Prußen auch einen Totenkult, denn sie glaubten offenbar an die Existenz einer unsterblichen Seele, die sogar in Pflanzen und Tieren weiterzuleben vermag, sowie an das Leben im Jenseits. Deswegen gaben sie den Toten Waffen, Werkzeuge, Kleidungsstücke, Schmuck und Pferde mit auf den Weg. Die Bestattung erfolgte in der Regel durch Verbrennen und nachfolgendes Vergraben der Asche ohne Urne.
Die religiösen Bräuche der Prußen verschwanden im Zuge der Christianisierung, die ein überaus langwieriger Prozess gewesen sein muss. Der erste Missionar, der das Prußenland erreichte, war Adalbert von Prag. Dieser böhmische Bischof wurde vom polnischen Fürsten und späteren König Bolesław dem Tapferen unterstützt. Er starb am 23. April 997 durch die Hand der Prußen – möglicherweise wegen des unerlaubten Betretens eines heiligen Haines. Nicht besser erging es seinem Nachfolger, dem sächsischen Erzbischof Brun von Querfurt, zu Beginn des Jahres 1009. Dann versuchten die Zisterzienser im 12. Jahrhundert, den Prußen das Christentum nahezubringen.
Aufgrund der hierbei erzielten Erfolge konnte 1215 mit Christian von Lekno beziehungsweise von Oliva aus dem Kloster Kolbatz in Pommern der erste Bischof für das Prußenland geweiht werden. Dieser stand zwar in Konkurrenz zum Deutschen Orden, profitierte aber von dessen Eroberungszügen gegen die Prußen. Ein wichtiger Schritt bei deren Christianisierung war der Abschluss des Christburger Friedensvertrages von 1249 zwischen dem Deutschen Orden und den prußischen Stämmen in Pomesanien, Ermland und Natangen. Letztere verpflichteten sich darin, auf bestimmte „heidnische“ Bräuche zu verzichten und wurden dafür im Gegenzug als gleichberechtigte Partner anerkannt.
Verzicht auf „heidnische“ Bräuche
Allerdings hielten andere Prußen zähe an ihren Gebräuchen fest. Das galt insbesondere für die Sudauer, die beispielsweise dem seit dem 13. Jahrhundert verbotenen Brauch der Bocksheiligung huldigten. Das taten sie den historischen Quellen zufolge sogar noch nach der Einführung der Reformation im Herzogtum Preußen im Jahre 1525, Deswegen kam es zu etlichen Verurteilungen wegen „Hexerei“ oder ähnlichen Vorwürfen. Daraus resultierte eine immer stärkere Geheimhaltung bei der fortwährenden Praktizierung „heidnischer Riten“ durch die Prußen, sodass niemand genau sagen kann, wann die Religion der ostpreußischen Urbevölkerung nun tatsächlich ausstarb.
Chris Benthe am 20.05.24, 14:30 Uhr
Hochinteressanter Artikel. So etwas kann man nur in der PA lesen. Danke dafür.