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Landtagswahl

Wahlsieg für SPD und Stephan Weil in Niedersachsen

Während Rot-Grün nach ersten Prognosen eine Mehrheit hat, verliert die Union deutlich. Die AfD kann ihre Stimmanteile fast verdoppeln, die FDP fliegt wahrscheinlich aus dem Landtag

René Nehring
10.10.2022

Am Ende kam es – fast – so, wie in den Umfragen abzusehen. Bei der Wahl zum Niedersächsischen Landtag siegten am Sonntagabend die Sozialdemokraten unter Führung des seit 2013 regierenden Ministerpräsidenten Stephan Weil. Mit – laut ersten Prognosen vom Wahlabend – 32,5 Prozent verlieren die Genossen rund viereinhalb Prozentpunkte gegenüber der Landtagswahl von 2017, liegen damit jedoch noch immer deutlich rund fünf Prozentpunkte vor der bislang mitregierenden CDU, die auf etwa 27,5 Prozent der abgegebenen Stimmen kommt und damit rund sechs Prozentpunkte gegenüber 2017 verliert.

Auf Platz drei – und damit zu den großen Gewinnern der Wahl gehörend – liegen die Grünen, die mit 14,5 Prozent nicht nur rund sechs Prozentpunkte vor der letzten Landtagswahl liegen, sondern auch – anders als im Bund – kaum gegenüber ihren Umfragewerten vom Frühjahr nachgegeben haben. Offenkundig sind ihre Anhänger trotz der desaströsen Gesamtbilanz ihrer Galionsfiguren Habeck und Baerbock in Berlin im Großen und Ganzen mit deren Politik zufrieden. 

Im Ergebnis kommt Rot-Grün auf eine knappe Mehrheit, sodass die Genossen sehr wahrscheinlich die nächste Regierung mit ihrem traditionellen Wunschpartner bilden werden. Betrachtet man diesen Teil des politischen Spektrums, dürften die Beweggründe für die Stimmabgabe vor allem landespolitisch motiviert gewesen sein. Die Zustimmungswerte für den Ministerpräsidenten waren überwiegend hoch, und dies drückt sich dann letztlich auch in den Wahlergebnissen aus. 

Ganz anders sieht es auf der gegenüberliegenden Seite des politischen Spektrums aus. Hier hat nicht nur die CDU deutlich verloren, sondern auch die FDP, die mit – nach letzten Hochrechnungen – 4,9 Prozent den Wiedereinzug in den Landtag von Hannover sehr wahrscheinlich verpasst. Die Liberalen landeten rund zweieinhalb Prozentpunkte unter ihrem Ergebnis von 2017 und haben somit gut die Hälfte ihrer Wähler verloren. 

Der deutliche Gewinner auf der rechten Seite ist die AfD, die mit rund 11 Prozent der abgegebenen Stimmen ihr Ergebnis von vor fünf Jahren nicht nur fast verdoppeln kann, sondern erstmalig überhaupt im Nordwesten der Republik zweistellig wird. Bislang kam die „Alternative“ – bei stabilen Werten der Sozialdemokraten – in Niedersachsen, Hamburg, Bremen und Schleswig-Holstein selten über fünf bis sieben Prozent hinaus. Bei der letzten Wahl zum Kieler Landtag im Mai war die Partei sogar aus dem Landtag geflogen, damalige Umfragen prognostizierten ihr ein ähnliches Ergebnis für Hannover. 

Dass es nun anders gekommen ist, zeigt einen grundsätzlichen Stimmungswechsel in Teilen der Bevölkerung an. Auch in den bundesweiten Umfragen dieser Tage hat die AfD zuletzt stark gegenüber ihrem schwachen Wahlergebnis bei der Bundestagswahl im vergangenen Herbst zugelegt. Und dies trotz eines wenig überzeugenden Spitzenpersonals, das bis heute kaum darzulegen vermochte, worin die im Parteinamen versprochene „Alternative“ eigentlich besteht. 

Angesichts einer drohenden Energieknappheit und eines dramatischen Preisanstiegs in fast allen Lebenslagen setzte die AfD in ihrem Wahlkampf ganz auf die Schlagwörter „heißer Herbst“ und „Wutwinter“. Dass sie damit so erfolgreich ist, lässt ahnen, dass Deutschland tatsächlich vor einer politisch kalten Jahreszeit steht. 

Um so interessanter, dass CDU und FDP kaum vom Frust vieler bürgerlichen Wähler profitieren. Bei den Liberalen mag dies sogar noch einigermaßen verständlich sein, hat ihr Parteichef als Finanzminister zwar stets verbal die Schuldenbremse verteidigt, in der Praxis jedoch mit Maßnahmen wie „Sondervermögen Bundeswehr“ oder „Doppel-Wumms“ eine historische Rekordverschuldung zu verantworten. Die FDP, die für viele Bürger eine Art Trostpflaster in der rot-grünen Bundesregierung war, wird darüber nachzudenken haben, warum sie ungleich härter für das bisherige Regieren im Bund abgestraft wird als die Sozialdemokraten und Grünen. Nach ihrer letzten enttäuschenden Regierungsbeteiligung im Bund von 2009 bis 2013 war sie aus dem Bundestag geflogen – und hätte die Liberalen fast in der Geschichte versenkt.  

Die CDU hingegen hätte als Oppositionspartei alle Möglichkeiten, die irrlichternden Genossen und Grünen in der Bundesregierung vor sich herzutreiben und sich zugleich den Wählern als verlässliche bürgerliche Alternative zu empfehlen. Doch da CDU-Chef Merz sich offenkundig noch immer nicht entscheiden kann, ob er lieber die Regierung als Oppositionsführer hart attackieren oder sich – für den Fall eines Scheiterns der jetzigen Koalition – als Reservekanzler bereithalten soll, ist die Union nicht in der Lage, frustrierte bürgerliche Wähler zu gewinnen. 


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Kommentare

sitra achra am 22.10.22, 11:23 Uhr

Einfach ekelhaft! Da freuen sich die Sozen wie die Honigkuchenpferde, weil sie den Wähler wieder einmal geschickt über den Tisch gezogen haben.

C. Eiermeier am 16.10.22, 09:24 Uhr

Ob man bei 4% Stimmenverlust von einem klaren Sieg der SPD sprechen kann, muß jeder selbst für sich selbst entscheiden. Viel wichtiger erscheint mir aber die Tatsache, daß Parteien des linken und rechten Randes erneut deutlich zulegen konnten. Das mag durchaus eine Folge der großen Koalition gewesen sein. Dennoch ist der deutliche Stimmverlust der Parteien der Mitte kein wirklich gutes Zeichen für dieses Land. Die daraus resultierende Regierung wird Niedersach(s)en einmal mehr in Richtung Subsistenzwirtschaft entwickeln! Daran wird auch das vielbeschworene Wasserstoffwunder (eines der teuersten, das dieses Land je gesehen hat!) nicht viel ändern!

Ulrich Bohl am 10.10.22, 10:04 Uhr

Solange viele Deutsche nicht erkennen oder erkennen
wollen was für ein unfähiges politisches Personal das
Land regiert, wird sich nichts verbessern. Man ist nicht
in der Lage zu erkennen, dass die meisten Probleme des
Landes hausgemacht sind. Der Krieg in der Ukraine ist nur ein Katalysator. Angst vor der Zukunft kann man
bekommen sofern man sich die Vita des politischen
Personals ansieht. Das kann nichts werden.

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