11.12.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden

Klimapolitik

Was unser Land eine „klimaneutrale“ Stahlerzeugung kosten würde

Deutschland hätte die Wahl zwischen Schutzzöllen, Dauersubventionierung und Abwanderung der Branche samt Arbeitsplätzen ins Nicht-EU-Ausland

Norman Hanert
18.05.2021

Die Diskussion, welcher Industriezweig durch die von EU und Bundesregierung forcierten „Klimaschutzziele“ besonders gefährdet ist, drehte sich bislang meist um die deutschen Autobauer. Mindestens genauso groß ist aber der Druck auf die hiesigen Stahlhersteller. Die Branche sieht sich in einer aufgeheizten Diskussionsatmosphäre um Klimapolitik in der sehr undankbaren Rolle, in Deutschland einer der größten Kohlendioxid-Produzenten überhaupt zu sein. Nach Angaben des Bundesumweltministeriums gehen im Bereich der Industrie mehr als 30 Prozent der deutschen Treibhausgas-Emissionen auf das Konto der Stahlkocher. Abhilfe soll nach den Vorstellungen der Bundesregierung eine zügige Umstellung der Stahlproduktion auf wasserstoffbasierte Technologien schaffen.

Gefahr von Handelskriegen

In Deutschland wird weniger als ein Drittel des Stahls in der sogenannten Elektrostahl-Route durch Einschmelzen von Stahlschrott erzeugt. Beim weitaus größeren Teil, bei der Primärstahlerzeugung, kommen Kohlenstoffträger wie Koks zum Einsatz. Deren Ersatz durch Energieträger wie Wasserstoff geht mit extrem hohen Kosten einher.

Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier selbst beziffert die nötigen Gesamtinvestitionen für den Umbau zu einer Kohlendioxid-freien Stahlproduktion in Deutschland auf insgesamt 35 Milliarden Euro. Zum Vergleich: Die deutsche Stahlindustrie erzielte 2019, also noch vor der Corona-Krise, einen Umsatz von rund 39 Milliarden Euro.

In ihrem „Handlungskonzept Stahl“, das im vergangenen Herbst vorgelegt wurde, schätzt die Bundesregierung, dass ein erheblicher Teil der Umstellungskosten schon bis zum Jahr 2030 anfallen wird. Nach einem Treffen mit Vertretern von Stahlherstellern und der IG Metall kündigte der Bundeswirtschaftsminister vorletzten Montag Finanzhilfen für den Umbau der Stahlproduktion in Deutschland an. Um die Stahlproduktion „klimafreundlich“ zu machen, will der Bund für die Jahre 2022 bis 2024 zusätzlich rund fünf Milliarden Euro bereitstellen. Insgesamt kann die Stahlbranche nach derzeitigem Stand in den kommenden 30 Jahren auf zehn bis zwölf Milliarden Euro aus der Staatskasse hoffen.

Die hohen Anfangsinvestitionen zur Umstellung der Stahlerzeugung sind allerdings nur ein Problem: Auch die laufenden Kosten sind bei den dekarbonisierten Verfahren deutlich höher als bei der herkömmlichen Stahlherstellung. Zumindest unter den derzeitigen Bedingungen kann die Stahlproduktion nicht so wirtschaftlich betrieben werden, dass die deutschen Stahlhersteller im harten internationalen Wettbewerb noch standhalten könnten.

Steigende Preise für Stahlprodukte

Die Prognos AG hat Ende vergangenen Jahres eine Studie namens „Klimapolitische Herausforderungen der Stahlindustrie in Deutschland“ vorgelegt, die von der Wirtschaftsvereinigung Stahl in Auftrag gegeben wurde. Im Fazit der Untersuchung heißt es, dass die Umstellung auf sogenannte treibhausgasarme Verfahren der Stahlherstellung „aus einzelwirtschaftlicher Sicht heute und auf absehbare Zeit für die Stahlhersteller nicht rentabel“ sei. Das Beratungsunternehmen wies vor diesem Hintergrund auf die Gefahr hin, dass es mit der Verteuerung der Stahlproduktion in Deutschland zu einer Produktionsverlagerung ins Ausland kommt. Langfristig besteht damit die Gefahr, dass es nicht bei einer Anschubfinanzierung mit Steuergeldern bleibt.

Bereits seit 2017 hat die EU Importquoten für Stahl aus China, den USA und anderen Nicht-EU-Ländern eingeführt, mit dem der europäische Stahlmarkt weitgehend abgeschirmt wird. Nach diesem Vorbild könnten künftig auch Importquoten oder Einfuhrzölle für Stahlprodukte kommen, die außerhalb der EU unter „nichtklimaschonenden“ Bedingungen produziert wurden.

Belastung des Steuerzahlers

Dies wäre zwar ein Mittel gegen das Abwandern von Industrieproduktion in Regionen der Welt mit einer weniger restriktiven „Klimapolitik“, sofern denn die Produktion für den Binnenmarkt der EU und nicht für den Weltmarkt erfolgt. Allerdings müssten sich die europäischen Verbraucher dabei auf steigende Preise bei allen Produkten einstellen, in denen Stahl steckt: vom Auto bis hin zum Baustahl. Zudem müsste mit Gegenmaßnahmen aus dem Nicht-EU-Ausland gerechnet werden, was insbesondere die besonders vom Export abhängige Volkswirtschaft Deutschlands treffen würde.

Eine Alternative zum Schutz der Stahlindustrie durch eine Erhöhung der Importzölle wäre die laufende Subventionierung einer Kohlendioxid-armen Stahlproduktion auf Kosten des Steuerzahlers.

Wie bei anderen staatlichen Eingriffen in die Wirtschaft gäbe es auch diesmal Profiteure. So rechnet sich der niederländische Hafen Rotterdam große Chancen aus, zu einer zentralen Drehscheibe beim Import von Wasserstoff aus den verschiedensten Weltregionen zu werden, darunter auch Australien. Die Niederländer gehen davon aus, dass Deutschland und andere EU-Mitgliedsstaaten auf absehbare Zeit gar nicht genug „regenerativer“ Strom aus Wind und Solarkraftanlagen zur Verfügung steht, um die benötigten Mengen von „grünem“ Wasserstoff zu erzeugen.


Hat Ihnen dieser Artikel gefallen? Dann unterstützen Sie die PAZ gern mit einer

Anerkennungszahlung


Kommentare

sitra achra am 25.05.21, 11:04 Uhr

Bevor man zur Rekarbonisierung der Industrie schreitet, müssen erst die Leichen der selbsternannten Elite karbonisiert werden. Requiescant in pace!

Tom Schroeder am 19.05.21, 18:24 Uhr

Im Handelsblatt-Online ist schön zu lesen, dass erste Firmen die Abgaben für co2 einfach nicht bezahlen, andere sind schon pleite. Der Green-Deal wird keine 2 Jahre Bestand haben, denn dann geht's wirtschaftlich so den Berg runter, dass ALLE(!) zurückrudern. Das Ganze wird dann lediglich eine Fassade für EU-Protektionismus - warum machen die USA das denn? Sicher nicht wegen co2 alleine, sondern um sich von China zu entflechten - ist ja auch vernünftig, auch wir haben ein Außenhandelsbilanzdefizit mit denen, im Grunde genommen exportieren wir Know-How und Technik für 1 EUR und importieren im Gegenzug Nippes, Stahl, Solarpaneele, verseuchte Lebensmittel und Computer für ca. 1,90 EUR - ein Minusgeschäft, welches nur wenigen nutzt und die drücken das bei Merkel durch - insgesamt hat unsere Volkswirtschaft nichts davon, ganz im Gegenteil. Die Zahlen hier sind abgeleitet, aber googeln Sie selbst nach, es ist so!

Siegfried Hermann am 18.05.21, 09:02 Uhr

Von Schildbürgern kann schon keine Rede mehr sein.
Hier wird nur fanatisch, mit Willkür und ohne jede Bodenhaftung das einzige Ziel die totale Zerstörung Deutschland betrieben.
Ist nur zu hoffen das dieses Trauerspiel im diesen Herbst/Winter genauso endet wie die roten Herrschaften in Kambodscha und
es wird garantiert nicht mit Wahlen, sondern durch das Militär passieren!

89 erlebt Schlömmer am 18.05.21, 07:05 Uhr

Nachdem die amtierende schwarz-grüne Politik mit ihrer Gallionsfigur bereits eine Säule eines Industriestandortes (Energiewirtschaft) ruiniert hat, die Begleittruppen die Autoindustrie in den Ruin reglementieren soll nun die Stahlindustrie mittels unbezahlbarem Wasserstoff ausgeschaltet werden. Parallel dazu läuft das Abwürgen der energieintensiven Industrien wie Zement, Papier, Aluminium- und Kupferproduktion äußerst zielsicher. Ein "de karbonisiertes" Land (wer ernährt dann die Pflanzen) wird zurückbleiben mit Millionen an verarmten Rettern des Welt Klimas.

Kommentar hinzufügen

Captcha Image

*Pflichtfelder

Da Kommentare manuell freigeschaltet werden müssen, erscheint Ihr Kommentar möglicherweise erst am folgenden Werktag. Sollte der Kommentar nach längerer Zeit nicht erscheinen, laden Sie bitte in Ihrem Browser diese Seite neu!

powered by webEdition CMS