Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung
Seit Montag rätselt die Welt, wie die russischen Feiern zum „Tag des Sieges“ zu deuten sind: Waren in den Tagen zuvor alle denkbaren Eskalationsschritte seitens des russischen Präsidenten Putin erwartet worden, verlief der 9. Mai 2022 auffallend nüchtern: Weder erklärte Putin – wie zum Teil befürchtet – der Ukraine formell den Krieg noch verkündete er eine Generalmobilmachung seiner Streitkräfte.
Besonders auffallend war, dass der russische Präsident mehr als zehn Wochen nach dem Angriff auf die Ukraine seinem Volk keinerlei Trophäe präsentieren konnte: weder den Sturz des Regimes in Kiew noch die Eroberung des Donbass, ja noch nicht einmal die vollständige Einnahme des seit Monaten in Schutt und Asche gelegten Mariupol. Stattdessen vermeldeten die Ukrainer auch noch, dass sie die Russen bei Charkiw zurückgedrängt hätten.
Angesichts der Tatsache, dass Putin in den vergangenen Jahren sich und die vermeintlichen Erfolge seiner Politik gern zur Schau gestellt hat, und angesichts der starken Worte, die der Präsident bei Ausbruch des Krieges gebrauchte, lässt sein Auftreten am 9. Mai durchaus den Schluss eines stillen Eingeständnisses zu, dass er selbst mit dem bisherigen Verlauf der von ihm ausgerufenen „militärischen Spezialoperation“ nicht zufrieden ist.
Bei aller Solidarität mit der angegriffenen Ukraine – ein Grund zum vorbehaltlosen Jubeln ist dieser Befund freilich nicht. Im Gegenteil: Was Russland von anderen Militärmächten unterscheidet, die ihre Ziele auf dem Schlachtfeld nicht erreicht haben, ist sein Status als Atommacht. Egal, wie viele Soldaten, Panzer, und Schiffe das Land in der Ukraine verlieren mag, und egal, ob es den Ukrainern gelingen mag, die Russen aus ihrem Land zu drängen – am Ende haben die Russen noch immer die Möglichkeit zu einem atomaren Erst- oder Zweitschlag, mit dem sie Europa in den Abgrund ziehen könnten.
Die Weisheit eines alten Mannes
So paradox es klingen mag: Die Frage ist also, ob und wie es gelingen kann, den Angriff auf die Ukraine mit aller Kraft zurückzudrängen und den Russen zugleich die Möglichkeit zu geben, sich gesichtswahrend vom Schlachtfeld zurückzuziehen.
Hier sind vor allem die US-Amerikaner gefragt, die es mit ihrer auf vielen Ebenen geleisteten Unterstützung für die Ukraine überhaupt erst ermöglicht haben, dass die Ukrainer den Russen widerstehen konnten. Auch wenn das Bestreben in Washington groß sein mag, dem jahrzehntelangen Gegner im Kalten Krieg nicht nur in der Ukraine eine Niederlage beizubringen, sondern Russland – wie es unlängst US-Verteidigungsminister Lloyd Austin erklärte – so weit zu schwächen, „dass es die Dinge, die es beim Einmarsch in die Ukraine getan hat, nicht mehr tun kann“: Klug und zielführend ist das nicht. Vielmehr liegt in diesem Anspruch schon jetzt der Nährboden für künftige Konflikte.
Die US-amerikanische Russland-Expertin Angela Stent, die als CIA-Analystin in den vergangenen Jahren etliche lange persönliche Gespräche mit Putin führen konnte, nannte bei Ausbruch des Krieges auf die Frage, welchem Politiker im Westen sie überhaupt noch zutraue, Einfluss auf Putin zu nehmen, sofort Henry Kissinger. Für den greisen ehemaligen Chefdiplomaten habe Putin stets eine hohe Verehrung empfunden. Und Kissinger wiederum habe im Laufe der Jahre häufig für eine ausgewogene Machtbalance zwischen den USA und Russland plädiert.
Mit Blick auf die Ukraine hatte Kissinger sowohl den Westen als auch die Russen dazu gemahnt, auf eine Eingliederung des zweitgrößten Landes Europas zu verzichten. Kiew wiederum warnte er davor, sich einer Seite zuzuschlagen. Stattdessen empfahl er dem Land, sich als Brücke zwischen Ost und West zu entwickeln.
Vielleicht können diese Gedanken nach einem Zurückdrängen der Russen bei der Suche nach einer langfristigen Lösung für die Ukraine hilfreich sein. Ein Bestehen auf einen totalen Sieg jedenfalls wird niemandem nützen, sondern allenfalls in einer Katastrophe enden, die noch größer ist als der bisherige Kriegsverlauf.
Dr. Dr. Hans_joachim Kucharski am 16.05.22, 07:22 Uhr
Putin geht zwecks persönlichen Machterhalts zunehmend über Leichen. Deshalb ist es gerechtfertigt, seinen Vornamen in Bloodymir abzuwandeln. Er will mit seiner brutalen und seinen Willen aufzwingenden Eroberungspolitik als zweiter Zar Peter der Große in die russischen Geschichtsbücher eingehen. Letzteres wird ihm auch gelingen, frühestens nach seiner Entsorgung, spätestens nach Neubewertung seiner Politik in Rußland, jedoch nicht wie von ihm programmiert sondern als russischer Hitler: Zu analog im Vergleich zu diesem sind seine Kriegsinszenierungen, sein erwartbares Verhalten an seinem Ende und seine Skrupellosigkeit und Wahnsinn.
Mats Osrig am 13.05.22, 20:10 Uhr
Hmm, mal überlegen! Da ruft der Präsident des bevölkerungsmäßig bestenfalls zweitklassigen Landes Ukraine im Jahr 2021 die Eroberung des Donbas und der Krim aus, lässt Anfang diesen Jahres seine Truppen an der Grenze zu den Separatistengebieten aufmarschieren und beginnt Mitte Februar sogar damit, massiv Orte in Luhansk und Donetsk zu beschießen.
Gleichzeitig lässt dieser Präsident durchblicken, dass er gern Atomwaffen hätte und den Beitritt zur Nato und zur EU anstrebt. Das alles mit dem Wissen, damit den großen Nachbarn im Osten zu reizen! Wem nützt das?
Man mag von diesem Präsidenten halten, was man will, aber dumm ist er sicherlich nicht! Selenski hat zweifellos genau gewusst, auf was er sich einlassen würde, als er "den russischen Bären" gereizt hat. Zumal er ja auch selbst gegen Abmachungen aus dem Abkommen Minsk II -z.B. weitgehende Autonomie für das Donbas - verstoßen hat.
Selenski hat sehr wahrscheinlich auch genau gewusst, dass er Unterstützung bekommt. Unterstützung durch die Amerikaner, die ohnehin schon seit mindestens 2014 mit Militärberatern in der Ukraine präsent sind. Die zu keiner Zeit die Vorstellung aufgegeben haben, Führungsmacht in der Welt zu sein und dazu ihre Gegner niederzuzwingen - allen voran Russland! Nein, von den Amerikanern ist sicherlich nicht zu erwarten, dass sie in irgendeiner Weise dazu beitragen würden, Russland eine Gesichtswahrung zu ermöglichen, sollte es sich aus dem Krieg zurückziehen wollen.
Und Selenski lässt ja auch jetzt noch keinerlei Kompromissbereitschaft erkennen, sondern gibt weiterhin die vollständige Rückeroberung des Donbas und der Krim als Ziel aus - sicherlich in der Überzeugung, die Unterstützung aus dem Westen läuft weiter. Von einem Westen, für den ein zutiefst korruptes Land - Platz 122 auf dem Korruptionsindex von 2020 - und mit einer noch nicht einmal schwachen Demokratie, sondern gerade mal einem Hybridsystem etwas über einer Autokratie plötzlich der Hort der Freiheit ist, in den man bedenkenlos Milliarden und Abermilliarden von Euro pumpen kann.
Nein, der Westen und damit allen voran die Amerikaner, streben keinen Zustand an, in dem Russland noch irgendwie "mit einem blauen Auge" aus dem von Putin begonnenen Krieg wieder herauskommen kann.
Einen Krieg, den ich in keiner Weise für gut heiße, weil jeder Krieg unendliches Leid und Zerstörung für die Menschen mit sich bringt. Einen Krieg, den der Westen durch kluge Diplomatie hätte verhindern können. Aber statt auf die Befürchtungen und Sicherheitsbedürfnisse Russlands Rücksicht zu nehmen, wird die "imperiale Gefahr" durch ein expansives Russland propagiert, und gleichzeitig rücksichtslos auf die umfassende Niederlage dieses immer noch großen Landes hin gearbeitet. Es würde mich nicht wundern, wenn alsbald in einem der nächsten von den Amerikaner anberaumten Treffen ein "unconditioned surrender" der Russen gefordert wird.
Selenski weiß, was er von den Amerikanern erwarten kann, und er lässt es zu, dass die Amerikaner "bis zum letzten Ukrainer" gegen Russland kämpfen. Er lässt seine Bevölkerung mit Waffen ausrüsten, wissend, dass Zivilisten nur wenig Kampfwert und als irreguläre Kämpfer von der russischen Seite keine Gnade zu erwarten haben. Hauptsache, der Kampf kann irgendwie gewonnen werden!
Von einem Präsidenten, der das Wohl seines Volkes im Sinn hat, hätte ich frühzeitig glaubwürdige Bemühungen erwartet, eine Eskalation zu verhindern. Und ich hätte erwartet, dass man in Europa den Selenski ermutigt, den Ausgleich zu suchen, um den Konflikt schnellstmöglich zu beenden. Stattdessen wird er noch bejubelt, wenn er - ganz im Sinne der Amerikaner - zu keinerlei Konzessionen bereit ist und das Leid seiner Bevölkerung noch vergrößert. Bis die von den Amis und uns aufgerüstete Ukraine zu weit geht - und die Bombe fällt! Auf Kiew? Auf Köln? Oder auf Königsberg?
Dr. Dr. Hans-Joachim Kucharski am 13.05.22, 11:17 Uhr
Bloodymir Putin (liest man den ersten Buchstaben als kyrillischen, bleibt sein Vorname phonetisch unverändert) will mit seiner brutalen und seinen Willen aufzwingenden Eroberungspolitik als zweiter Zar Peter der Große in die russischen Geschichtsbücher eingehen. Letzteres wird ihm auch gelingen, frühestens nach seiner Entsorgung, spätestens nach Neubewertung seiner Politik in Rußland, jedoch nicht wie von ihm programmiert, sondern als russischer Hitler: Zu eindeutig im Vergleich zu diesem sind seine Kriegsvomzaunbrechungen, sein erwartbares Verhalten an seinem Ende („wenn ich untergehe, sollen alle untergehen; dann haben sie mich eben nicht verdient“) und seine Skrupellosigkeit.
sitra achra am 12.05.22, 17:06 Uhr
Wladimir Pastuchow klärt über das Rätsel Putin auf. Dessen Denken basiert auf reinem Großmachtstreben. Das großrussische Reich soll wiederhergestellt werden.
Seine ihm fast zu 100% begeistert ergebenen Landsleute stehen wie ein Mann hinter ihm, koste es, was es wolle, und wenn die Opfer seines planmäßig durchgeführten Ethnozids auch Kinder und Holocaustüberlebende sind.
Zwischen Bevölkerung und der Staatsführung passt kein Blatt Papier. Da macht es wahrlich keinen Sinn, zwischen "bösen" und "guten" Russen zu unterscheiden. Die sind alle in der Wolle gleich gefärbt.
Da die Waffensysteme der Russen trotz gegenteiliger Darstellung in den ÖRM den westlichen überlegen scheinen, ist gegen den russischen Imperialismus nichts auszurichten. Derjenige, der diese Resignation am mimischsten verkörpert, ist unser aller geliebter Buka, wie heißt er noch mal?
Chris Benthe am 12.05.22, 12:32 Uhr
Zitat: "Hier sind vor allem die US-Amerikaner gefragt, die es mit ihrer auf vielen Ebenen geleisteten Unterstützung für die Ukraine überhaupt erst ermöglicht haben, dass die Ukrainer den Russen widerstehen konnten. "
Und jetzt den Satz einmalmzurechgerückt: Es sind vor allem die Amrikaner, die es mit ihren auf vielen Ebenen geleisteten Anstachelung zum Konflikt der Ukraine erst ermöglicht haben, Russland bis aufs Blut herauszufordern. Selenski spielt mit den Leben seiner eigenen Bevölkerung, die man nachweislich als Schutzschilde im Häuserkampf benutzte. Und das band den Russen natürlich die Hände. Was zum Teil erklärt, warum der Vormarsch so zögerlich verlief. Die Amerikaner sollen sich aus europäischen Konflikten heraushalten, die Europäer müssen sich endlich um sich selber kümmern. Hätte man diese Chance bereits Anfang der 90er Jahre ergriffen, als das Tor zum Osten weit offenstand, hätte es diesen Krieg niemals gegeben. Europas Zukunft liegt in Russland, nicht in den USA. Die amerikanische Nato-Maschinerie muss aus Europa verschwinden, genau das besagt dieser Ukraine-Konflikt.