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Die Osteuropahistorikerinnen Franziska Davies und Katja Makhotina haben mit ihren Studenten Orte von Kriegsverbrechen in Osteuropa aufgesucht
Die Osteuropahistorikerinnen Franziska Davies und Katja Makhotina suchten 2015 bis 2017 gemeinsam mit ihren Studenten in Polen, der Ukraine, Weißrussland, Litauen und Russland Erinnerungsorte und Gedenkstätten an die Kriegsverbrechen der Nationalsozialisten auf. Orte, an denen während des Zweiten Weltkriegs Wehrmacht, SS und Einsatzgruppen der Polizei, oft mit lokalen Helfern, gemordet haben: Warschau, Baby Jar in der Ukraine, Minsk und das Vernichtungslager Malyj Trostenez in Weißrussland, Chatyn, Pirćiupiś und Korjukiwkan, Stalingrad, Leningrad, das „Wilner Ghetto“, Bełżec und Majdanek.
Mit ihrem Reportageband „Offene Wunden Osteuropas. Reisen zu den Erinnerungsorten des Zweiten Weltkriegs“ sind die Autorinnen ihrem Anspruch, blinde Flecken in der deutschen Erinnerungskultur im Hinblick auf Osteuropa auszuleuchten sowie Konflikte um die Erinnerungskulturen in den ostmitteleuropäischen Ländern greifbar zu machen, vollauf gerecht geworden.
Der wichtigste Beitrag hierzu sind die erschütternden schriftlichen Selbstzeugnisse von Menschen, die den grausigen Geschehnissen entronnen sind. Die Gewalt gegen die Zivilbevölkerung in den besetzten Gebieten Osteuropas setzte sich auch nach dem Ende der Kriegshandlungen und nach der Ermordung eines Großteils der jüdischen Bevölkerung fort.
Hierzulande ist der Blick auf die deutschen Opfer der Vernichtung jüdischer Menschen gerichtet. Doch waren die meisten Opfer des Holocaust sowjetische und polnische Juden, betonen Davies und Makhotina. Zurückzuführen sei diese Wissenslücke auf mangelnde Kenntnisse von den Geschehnissen des Zweiten Weltkriegs im weitgehend unbekannten Osten Europas.
In der vielschichtigen Darstellung werden auch die „problematischen Aspekte“ der oftmals komplexen lokalen Zusammenhänge in Polen, Litauen, Russland und der Ukraine angesprochen, insbesondere die Kooperation der lokalen Bevölkerung bei der Ermordung der Juden.
Die Einleitung und der Epilog zu den zehn Essays wurden erst nach dem russischen Angriff auf die Ukraine geschrieben. Putins imperialen Machtanspruch und sein Krieg gegen die Ukraine unter dem Vorwand einer notwendigen „Anti-Nazi-Operation“ verurteilen die Autorinnen als Beispiel eines extrem verzerrten nationalen Diskurses: Geschichte werde mit dem Rückgriff auf das totalitäre System der Sowjetunion missbraucht.