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Bauwirtschaft

Weniger Neubau trotz Wohnraummangel

Anlässlich des „Bündnistags bezahlbarer Wohnraum“ hat die Bundesregierung einen 14-Punkte-Plan gegen die Krise auf dem Wohnungsmarkt vorgelegt

Hermann Müller
10.10.2023

Vor allem in Deutschlands Ballungsgebieten fehlen günstige Mietwohnungen. Trotzdem werden immer weniger Wohnungen gebaut, weil die Baukosten mittlerweile so hoch sind. Statt 400.000 neue Wohnungen, wie von der Bundesregierung vorgesehen, sind vergangenes Jahr nicht einmal 300.000 entstanden. Für das laufende Jahr geht die Baubranche sogar nur noch von maximal 250.000 aus.

Zahlen des Bundesamts für Statistik signalisieren ein weiteres Einbrechen der Neubauzahlen. Laut den Statistikdaten wurden von Januar bis Juli dieses Jahres insgesamt nur noch 128.300 neue Wohnungen genehmigt. Dies waren 59.200 Wohnungen oder 31,6 Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum.

„Wir müssen die Standards senken“
Anlässlich eines „Bündnistags bezahlbarer Wohnraum“ hat die Bundesregierung nun ein 14-Punkte-Plan gegen die Krise auf dem Wohnungsmarkt vorgelegt. „Wir müssen die Standards senken“, sagte die Bundesministerin für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen Klara Geywitz (SPD) und verwies darauf, dass nun 480 Millionen Euro bereitgestellt würden, um nicht genutzte Büro- und Ladenflächen in Wohnungen umzubauen. So könnten bis zu 235.000 Wohnungen entstehen. Teil des Plans der Bundesregierung sind außerdem zusätzliche Investitionen, neue Steuervorteile bei Bauprojekten und mehr Hilfe für Familien beim Kauf oder Bau einer eigenen Immobilie. Den Ländern will die Bundesregierung zudem eine flexiblere Gestaltung der Grunderwerbsteuer ermöglichen. Ziel sei es, mehr bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, so der Bundeskanzler. Laut Olaf Scholz ist dies eine der drängendsten sozialen Fragen unserer Zeit.

Zwei wichtige Verbände, der Eigentümerverband Haus & Grund sowie der GdW Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen, waren dem Wohnungsbaugipfel im Bundeskanzleramt ferngeblieben. GdW-Präsident Axel Gedaschko sagte zur Begründung für die Absage seines Verbandes, die Bundesregierung habe „über zwei Jahre zu langsam, zu spät, zu zaghaft auf die sich mit Ansage rapide verschlechternde Situation reagiert“. Kai Warnecke, Präsident von Haus & Grund, beklagte, dass privaten Immobilieneigentümern immer mehr Steine in den Weg gelegt würden: „Es wird ein Gebäudeenergiegesetz verabschiedet, das jeden Eigentümer noch weiter unter Druck setzt; die EU arbeitet auf Wunsch und mit Unterstützung der Bundesregierung an Zwangssanierungen; die Förderpolitik ist realitätsfremd; das Mietrecht wird seit Jahren ausschließlich zulasten der Vermieter verschärft und der CO₂-Preis wird – obwohl als Lenkungsinstrument durch das GEG entbehrlich – nicht an die Bürgerinnen und Bürger erstattet.“

Um den Wohnungsbau wieder anzukurbeln, lässt die Ampelkoalition nun sogar einen Punkt aus ihrem Koalitionsvertrag fallen. Eigentlich hatte die Ampel in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart, ab 2025 einen strengeren Energiesparstandard bei Neubauten einzuführen. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) begründete den Verzicht auf diese Verschärfung mit dem Argument, mit der Einführung des Gebäudeenergiegesetzes sei sichergestellt, dass Neubauten ab 2024 klimafreundlich heizen: „Deshalb halte ich es nicht mehr für nötig, jetzt auf die Schnelle den neuen Standard EH 40 einzuführen.“

„Kosten völlig aus dem Ruder“
Die Ampel versucht mit dem Verzicht auf strengere Dämmvorschriften auf das Hauptproblem der aktuellen Baukrise zu reagieren: Bauen ist in Deutschland so teuer geworden, dass es sich für Vermieter nicht mehr rentiert. „Die Kosten laufen völlig aus dem Ruder“, so Axel Gedaschko vom Spitzenverband der Wohnungswirtschaft.

Wegen hoher Zinsen und Baukosten verzichtet beispielsweise Deutschlands größter Immobilienkonzern Vonovia vorerst auf den Bau von 60.000 Wohnungen. Nach Angaben des Unternehmens führen die hohen Bau- und Finanzierungskosten derzeit dazu, dass eigentlich eine Miete von 20 Euro pro Quadratmeter im Neubau verlangt werden müsste. „Unsere durchschnittliche Miete im Bestand liegt bei rund 7,50 Euro, bei uns wohnen viele Menschen mit mittleren oder geringen Einkommen“, so eine Unternehmenssprecherin. Mittlerweile wirkt sich die Krise im Wohnungsbau auch auf die Hersteller von Baustoffen aus. Laut Matthias Frederichs, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Baustoffe – Steine und Erden hat die gesamte Branche der Baustoffhersteller Auftragseinbrüche von 30 Prozent zu verzeichnen. Als Folge melden immer mehr Hersteller Kurzarbeit an. Dachziegelhersteller wie Wienerberger oder Creaton haben mittlerweile in einigen Werken die Produktion sogar erst einmal eingestellt.


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