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Die Ausstellung „Schlesische Kunst des Sterbens“ in Breslau zeigt, wie Menschen das Dies- und das Jenseits reflektierten
Mittelalterliche Grabplatten, Abbildungen Heiliger, die mit dem Sterben zu tun haben oder Ratgeber zum guten Sterben können noch bis zum 24. März im Breslauer Nationalmuseum angesehen werden. In der Ausstellung „Schlesische Kunst des Sterbens“ von Agata Stasińska und Mateusz Tomyślak wird gezeigt, wodurch sich Christen vom Mittelalter bis heute ein gutes Hinübergehen in die himmlische Welt zu sichern glauben. Die Kuratoren möchten am Beispiel rekonstruierter Grabplatten aus dem Mittelalter die Kultur des Sterbens von damals mit dem heutigen Umgang mit Tod und Trauer vergleichen.
Weil 500 Jahre alte Grabplatten schwer, fragil und kaum ausleihbar sind, griffen die Kuratoren auf Artefakte zurück, die zur Rekonstruktion ins Nationalmuseum gebracht wurden. Die Ältesten stammen aus der Klosternekropole im schlesischen Leubus [Lubiąż] und dem Breslauer Dom. Leubus war das älteste schlesische Zisterzienserkloster. Seine Blütezeit endete abrupt mit den Hussitenkriegen, die ab 1428 Schlesien heimsuchten.
Der Restaurator und Kurator Tomyślak hat für die Restaurierung der Grabplatten aus dem frühen 14. Jahrhundert eine Werkstatt mit Werkzeugen nachgebaut, wie sie im Mittelalter in den schlesischen Werkstätten zum Einsatz kam. Die abgebildete Kleidung, Rüstung und Gesten der dargestellten Verstorbenen liefern Kuratorin Stasińska Informationen über den Stand, das Ansehen und manchmal auch die Todesursache, wie es im Falle der Grabplatte von Peter II. Nowag.
Er stammte aus Nowag [Nowaki] bei Neisse [Nysa] und war Fürstbischof in Breslau. „Man weiß heute, dass Nowag das Aussehen seines Epitaphs mitbestimmt hatte ... Zu sehen sind Geistliche und Weltliche. Letztere sind für uns besonders interessant. Gezeigt wird ein Arzt mit einem Messzylinder, ein Bergmann mit Spitzhacke oder ein Spaziergänger mit Hund.“ Die Bibel an seinem Haupt stelle die Lösung für all seine Probleme dar, sie verrät, „dass er durch einen Schlangenbiss verstorben ist, und eine Schlange ist auf seinem Epitaph eingraviert“.
Die Grabplatte von Peter II. Nowag war, wie auch von anderen Fürstbischöfen, in den Fußboden des Presbyteriums der Breslauer Kathedrale eingelassen. „Viele Menschen sind drüber gelaufen, die Platten, auch wenn sie aus Metall waren, weisen einen starken Abrieb auf. Sie haben viel durchgemacht, in Teile zerlegt lagerten sie viele Jahre in der Sakristei der Kathedrale und wurden erst Anfang der 2000er Jahre erstmalig restauriert“, sagt sie. Im März sollen sie in die Kathedrale zurückkehren, werden jedoch an den Wänden und nicht im Fußboden angebracht. Der Grund dafür, dass man früher Grabplatten in den Fußboden legte, war „Ausdruck von Demut aber auch der Hoffnung, dass die Gläubigen beim Auftreten auf so eine Grabplatte an den Verstorbenen erinnert werden und für ihn beten“.
Um immer wieder ins Gedächtnis gerufen zu werden, hatte man sich im Falle von Fürstbischof Rudolf von Rüdesheim etwas Besonderes ausgedacht. Seine Nase ragte deutlich hervor, „sie ist stark beschädigt, bestimmt mussten sehr viele Menschen über diese Nase gestolpert sein“, scherzt die Kuratorin. Von Rüdesheim war Rudolf von 1468 bis zu seinem Tode 1482 Fürstbischof in Breslau. Bereits 1464 organisierte er von Breslau aus den Widerstand der Antihussiten gegen Georg von Podiebrad (1420–1471). Wohl deshalb wurde er nach dem Tod des Breslauer Bischofs Jodok von Rosenberg 1468 einstimmig vom Breslauer Domkapitel zum Bischof gewählt.
Die Ausstellung erzählt auch von Heiligen und Schutzpatronen des „guten Todes“. Zu diesen zählen die heiligen Barbara und Christophorus. „Einmal täglich den Blick auf eine Abbildung eines der beiden Heiligen zu richten sollte genügen, um vor einem plötzlichen Tod bewahrt zu werden“, berichtet Stasińska und deutet auf die Abbildung der Heiligen Barbara, die von einer Hausfassade in Neurode [Nowa Ruda] stammte. Daneben ist die Holzplastik des Heiligen Christophorus von der Fassade der Breslauer St. Christophori-Kirche zu sehen, die heute der evangelischen Gemeinde deutscher Sprache als Gotteshaus dient. „Christophorus stand für alle gut sichtbar in der Kirchfassade seit 1462 bis in unsere 50er Jahre!“, berichtet sie. Dass die Holzfigur so gut erhalten ist, läge an den vielen Schichten Ölfarbe, mit der sie überzogen wurde.