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Extremwetter

Wenn die Oder zu einem Rinnsal wird

Nicht nur der Po in Italien – auch deutsche Flüsse führen derzeit wenig Wasser

Hermann Müller
27.07.2022

Ungewöhnlich heftige Regenfälle haben im Juli 1997 zu einem Jahrtausendhochwasser an den Flussläufen der Oder geführt, das ganze Landstriche unter Wasser setzte. Ein Vierteljahrhundert später ist nun das extreme Gegenteil zu beobachten.

Die andauernde Trockenheit hat in diesem Sommer den Wasserstand der Oder auf einen historisch niedrigen Stand fallen lassen. Besonders stark sind die Auswirkungen der Trockenheit auf Böden und den Auengewässern im Bereich des Nationalparks Unteres Odertal südlich von Schwedt. „Selbst die Kiefern verabschieden sich und die Situation ist extrem angespannt“, so Dirk Treichel, der Leiter des Nationalparks in der Uckermark. Nach seinen Angaben handelt es sich derzeit um ein „extremes Wasserdefizit“.

Gegenmaßnahmen scheinen kaum Wirkung zu zeigen. Gegenüber dem rbb erklärte der Parkleiter: „Wir haben versucht, möglichst viel Wasser zurückzuhalten – durch unser Wassermanagement im Nationalpark. Aber durch die hohe Verdunstung und den Wind, der ständig weht, ist das nur begrenzt möglich.“

Auch die Landwirte in der Uckermark und anderen Teilen Brandenburgs müssen sich durch die Trockenheit in diesem Sommer laut Henrik Wendorff, dem Präsidenten des Landesbauernverbandes, in diesem Jahr auf eine unterdurchschnittliche Ernte gefasst machen. Bereits im Juni hatte der märkische Landesbauernverband an die Adresse des von Axel Vogel (Grüne) geführten Umweltministeriums „bessere Dialogangebote und deutlich mehr Lösungsansätze“ gefordert: „Ich lese die ersten Seiten eines Konzeptes des Umweltministeriums ,zur Anpassung an den Klimawandel im Politikfeld Wasser' und finde mich als Landwirt sofort auf einer Anklagebank wieder. Unsere Branche wird darin als erste genannt, wenn es um einen ,notwendigen Anpassungs- und Handlungsbedarf' im Hinblick auf die Landbewirtschaftung geht.“

Es werde darüber hinaus von einem „Beregnungsbedarf“ gesprochen als würden die Bauern die gesamte landwirtschaftliche Nutzfläche künstlich bewässern, so der Bauernchef: „Richtigerweise beträgt der Anteil der Landwirtschaft am Gesamtwasserverbrauch in Brandenburg lediglich zwei Prozent.“ Die Akteure für Umwelt-, Klima- und Naturschutz forderte Wendorff auf, „die alten Sprechzettel wegzuwerfen und eine neue Kultur des Austausches zu etablieren“.

Tatsächlich scheinen viele der genannten Akteure in bestimmten Denkmustern gefangen. Hinterfragt werden kann beispielsweise, ob mit der Behauptung, der Klimawandel könne durch den Menschen beeinflusst und aufgehalten werden, nicht der Blick auf tatsächlich notwendige Vorbereitungen auf Extremwetterereignisse wie Dürren und Überschwemmungen in den zurückliegenden Jahren ein Stück weit verloren gegangen ist. Wie schlecht Deutschland vorbereitet ist, machen die Flutkatastrophe im Ahrtal und auch die hohe Zahl von Bränden in den deutschen Wäldern deutlich.

Obwohl Politik und Medien seit Jahren kaum ein Thema diskutieren wie die These von der Klimaerwärmung, ist Deutschland auch erstaunlich schlecht auf die tropischen Temperaturen in diesem Sommer vorbereitet. Erst im März verabschiedete die Bundesregierung beispielsweise ein Sofortprogramm „Klimaanpassung“. Konkrete Wirkungen des „Sofortprogramms“ sind vermutlich erst in einigen Jahren zu erwarten.

Kernpunkt des von Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) im März vorgestellten Programms steht die Unterstützung von Kommunen durch den Ausbau von Förderprogrammen und die Ausbildung von lokalen „Anpassungsmanager*innen“.

Experten, etwa vom Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie in Niedersachsen, prognostizieren inzwischen, dass die Wasserversorger künftig öfter nicht nur auf das Bohren weiterer Brunnen zurückgreifen müssen, sondern auch auf das Anzapfen von Oberflächenwasser und Fernleitungen für Wasser.

Für das dürregeplagte Brandenburg schlug etwa Irina Engelhardt, Hydrogeologin an der Technischen Universität in Berlin, vor, Ostseewasser zu entsalzen und über Pipelines in die Mark zu leiten. „Die Transportwege zur Ostsee sind relativ kurz, und das dadurch gewonnene Wasser hat eine hervorragende Qualität“, so die Hydrogeologin.


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