Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung
Das Phänomen der „Kognitiven Dissonanz“ fasziniert Wissenschaftler seit Jahrzehnten. Im Zeitalter der Corona-Pandemie könnte es Millionen von Menschen befallen haben
Am späten Abend des 20. Dezember 1954 versammelte sich eine Gruppe von rund zwölf Personen im Wohnzimmer des Hauses von Dorothy Martin in der Cuyler Avenue im Chicagoer Vorort Oak Park und wartete mit zunehmender Spannung darauf, dass die Uhr im Raum Mitternacht schlug. Als dies dann der Fall war, herrschte entsetztes Schweigen. Denn eigentlich hätte die Fliegende Untertasse vom Planeten Clarion allerspätestens jetzt gelandet sein müssen, um die Anwesenden zu retten. Schließlich sollte am 21. Dezember eine verheerende Sintflut über die Vereinigten Staaten, Kanada, Mittelamerika und Europa hereinbrechen und Millionen von Menschen töten. Das wollte die Hausfrau Martin von Sananda, der aktuellen Manifestation von Jesus, erfahren haben – ergänzt um das Versprechen, dass die „Wächter“ vom Clarion rechtzeitig einträfen, um Martin und deren Anhänger auszufliegen, weil es sich bei diesen um „Auserwählte“ handele.
Allerdings waren unter den Wartenden nicht nur fanatische Mitglieder der Weltuntergangssekte The Seekers, sondern auch die Sozialpsychologen Leon Festinger, Stanley Schachter und Henry Riecken. Diese erforschten schon seit Jahren die mentalen Auswirkungen des Nichteintretens von Prophezeiungen auf Gläubige und hatten durch Zufall von dem Kreis um Martin gehört, dem sie sich inkognito anschlossen. Für die drei Wissenschaftler war es natürlich von größtem Interesse, was passierte, nachdem es weder zur angekündigten Apokalypse noch zur Abholung durch ein UFO kam.
Die Katastrophe blieb einfach aus
Um 4 Uhr morgens brach Martin in lautes anhaltendes Weinen aus, das dann aber abrupt wieder endete, weil angeblich eine weitere Nachricht vom Clarion eingetroffen war: „Unsere Gemeinschaft, welche so viel Licht verbreitet, hat Gott dazu bewogen, auf die Zerstörung der Welt zu verzichten.“ Daraufhin reagierte die Anhängerschaft der „Prophetin“ auf zweierlei Weise: Ein Teil der „Suchenden“ verließ die Gruppierung und kehrte verdrossen ins bürgerliche Leben zurück. Die übrigen verdoppelten ihre Anstrengungen, sich als „würdig“ zu erweisen, und starteten eine groß angelegte Kampagne, um weitere Anhänger zu gewinnen. Dieses Ergebnis der verdeckten Beobachtungsstudie veranlasste Festinger, Schachter und Riecken zur Formulierung der Theorie von der Kognitiven Dissonanz, welche das Trio in dem bahnbrechenden Werk „When Prophecy Fails“ (Wenn Prophezeiung fehlschlägt) von 1956 der Fachwelt vorstellte.
Als Kognitive Dissonanz bezeichneten Festinger und dessen Kollegen einen als unangenehm empfundenen Gefühlszustand, der daraus resultiert, dass der Mensch Gedanken, Wahrnehmungen und Wünsche hat, welche irgendwie nicht zusammenpassen. So wie bei den Angehörigen der Chicagoer Sekte, die hinnehmen mussten, dass Martins Vorhersagen falsch waren, aber deswegen trotzdem um keinen Preis als leichtgläubige Tölpel dastehen wollten. Eine Quelle von Kognitiven Dissonanzen ist also das Treffen von eigentlich zu bereuenden Fehlentscheidungen. Ein anderer Auslöser kann die Erkenntnis sein, dass in Angriff genommene Aktivitäten sehr viel anstrengender beziehungsweise unangenehmer ausfallen als ursprünglich angenommen. Oder jemand hat sich extrem für eine Sache ins Zeug gelegt, um dann plötzlich festzustellen, wie wenig das Ergebnis seinen Erwartungen entspricht.
Vielerlei Auswege
Hierdurch verursachte dissonante Zustände erschüttern das positive Selbstkonzept eines Menschen, was starke innere Spannungen zur Folge hat, die nach Auflösung drängen. Dabei kommen vor allem die beiden unterschiedlichen Strategien zum Einsatz, die Festinger und dessen Kollegen schon im Dezember 1954 beobachten konnten. Manche lösen das Problem, indem sie eine neue Sichtweise einnehmen – gleich dem Fuchs, der sein Scheitern beim Erreichen der für ihn viel zu hoch hängenden Trauben dadurch kompensiert, dass er erklärt, die Trauben seien ihm ohnehin zu sauer. Oder wie die „Suchenden“ aus Oak Park, welche das Ausbleiben des angekündigten Weltuntergangs nicht als Blamage, sondern als persönlichen Verdienst werteten und daraufhin weiter hoch erhobenen Hauptes durchs Leben schritten.
Auch als Verkaufstrick genutzt
Die andere Möglichkeit zur Bewältigung einer Kognitiven Dissonanz besteht darin, die Situation, welche zu dem Spannungszustand geführt hat, nicht schönzureden, sondern zu ändern. Das aber erfordert zwei Voraussetzungen: Entsprechende Handlungskompetenzen und genügend Intelligenz, um die alternativen Optionen überhaupt zu erkennen. Beides fehlte Martin möglicherweise, da sie bis zu ihrem Tode im Jahre 1992 als „Botschafterin“ von Sananda auftrat, obwohl sie zwischenzeitlich sogar Probleme mit der Justiz bekam.
Im weiteren Verlauf fand das Konzept der Kognitiven Dissonanz vielfältige praktische Anwendung, darunter auch in der Verkaufspsychologie, welche nach Methoden sucht, um Menschen dazu zu bringen, sich für bestimmte Produkte zu entscheiden. In diesem Zusammenhang wurden die Low-Ball-Taktik und die Foot-in-the-Door-Technik entwickelt. Im ersten Fall geht es darum, „den Ball zunächst flach zu halten“ und ein scheinbar günstiges Angebot zu machen, um erst nach der Kaufentscheidung die Rede auf die eigentlichen Kosten zu bringen. Nun springt der Kunde nämlich meist nicht mehr ab, um eine drohende Kognitive Dissonanz zu vermeiden, und sucht nach Gründen dafür, dass er alles richtig gemacht hat. Im zweiten Fall („Fuß in der Tür“) werden nach dem ersten Produkt schrittweise immer neue hierzu passende Zusatzartikel angeboten, welche der Kunde ebenfalls erwirbt, weil er sonst an seiner Anfangsentscheidung zweifeln müsste. Des Weiteren soll der Kunde ein Produkt natürlich auch dann noch positiv bewerten, wenn der tatsächliche Nutzen weit unter den Erwartungen bleibt, was normalerweise zum Bereuen des Kaufes führt.
In Anbetracht all dessen besitzt das psychologische Konzept der Kognitiven Dissonanz eine hohe praktische Relevanz, wenn es um die Akzeptanz von Maßnahmen zur „Eindämmung“ der Corona-Pandemie und die „Immunisierung“ gegen SARS-CoV-2 vermittels Impfung geht.
Das falsche Freiheitsversprechen
So erschienen sowohl die Vakzingaben als auch die Lockdowns, Corona-Regeln, Tätigkeitsverbote und sonstigen Schritte vonseiten der Regierenden zunächst als etwas, das effektiv und in seinen Auswirkungen beherrschbar ist. Denn kaum jemand wagte es, die wahren wirtschaftlichen und sozialen Kosten der Versuche, die Pandemie in den Griff zu bekommen, zu benennen, was zu einem anfänglich hohen Maß an Akzeptanz führte. Und nun, wo es vielen Menschen doch langsam dämmert, dass sie mit der Duldung der obrigkeitlichen Freiheitseinschränkungen und des „Pikses“, der angeblich die Freiheit zurückbringen soll, wohl einen Fehler begangen haben, ist es zu spät. Jetzt müssen sie den Kopf in den Sand stecken, um keine Kognitive Dissonanz zu erleben. Was aber Konflikte mit jenen heraufbeschwört, die anders reagieren. Das gehört zu den Hauptursachen der zunehmenden Spaltung der Gesellschaft.
Ebenfalls eine Rolle spielte die Foot-in-the-Door-Technik – man könnte hier synonym von Salamitaktik sprechen. Zunächst hielten sich die Forderungen an die Bürger noch einigermaßen im Rahmen: Alltagsmaske, Abstand, Händewaschen, Kontakte vermeiden. Wer diese zustimmend verinnerlicht hatte, reagierte in der Folgezeit dann jedoch auch deutlich weniger ablehnend auf die ständigen „Nachschärfungen“ bis hin zu dem aktuell ausufernden Regelwerk und der drohenden Impfpflicht, weil jegliche Änderung der Sichtweise gleichermaßen mit einer Kognitiven Dissonanz verbunden gewesen wäre – ausgelöst durch Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung, sich nicht gleich von Anbeginn an gegen die staatlichen Zumutungen gewehrt zu haben. Darüber hinaus wird nun zum Problem, dass der erhoffte Nutzen der Maßnahmen und Impfungen ausbleibt. Die Inzidenzen sind weiter hoch und die Einschränkungen gelten vielfach auch für Geimpfte.
Um jeden Preis recht behalten
Das führt logischerweise zu wachsender Enttäuschung. Und zu Reaktionen, wie sie Festinger, Schachter und Riecken schon 1954 beobachten konnten. Manche der einstigen Befürworter eines strengen Vorgehens, die erkannt haben, dass dieses nicht die versprochenen Effekte zeitigt, gehen jetzt innerlich und äußerlich auf Distanz. Das heißt, sie verändern ihr Verhalten genau wie diejenigen Mitglieder der Weltuntergangssekte, welche dieser desillusioniert den Rücken kehrten.
Andere Maßnahmen- und Impfbefürworter justieren dahingegen ihre Einstellung nach: Auch wenn nach wie vor kein vollkommener „Sieg“ über das Virus errungen worden sei, so hätte die Regierung mit ihrem konsequenten Handeln doch viele Menschenleben gerettet. Auch wenn man trotz einer, zweier oder dreier Impfungen immer noch schwer an Covid-19 erkranken oder gar sterben könne, sei die Wahrscheinlichkeit dafür doch viel geringer und der Nutzen der Spritze somit erwiesen. Auch wenn andere Länder jetzt alle Maßnahmen aufheben und auf jegliche Impfpflicht verzichten, gehe die Bundesrepublik doch den besseren Weg.
Keine Diskussion mit „Renegaten“
Um die Kognitive Dissonanz auf solcherlei Weise aufzuheben, bedarf es zweier Dinge: Zum Ersten müssen alle, deren Argumente sich als störend erweisen, wenn es um die Neuinterpretation der frustrierenden Situation geht, mundtot gemacht oder zumindest vollkommen ignoriert werden. Denn diese lästigen „Schwurbler“ gefährden die Ich-Stabilität derer, welche nicht wahrhaben wollen, dass sie wahrscheinlich aufs falsche Pferd gesetzt haben. So verzichteten die verbliebenen Anhänger von Martin nach der frustrierenden Erfahrung des 21. Dezember 1954 auf jegliche Diskussionen mit den „Renegaten“, die in ihr normales Leben zurückkehrten.
Zum Zweiten ist es hilfreich, wenn eine Leitfigur die Umbewertung initiiert – genau wie die „Prophetin“ Martin das seinerzeit tat. Diese Rolle hat hierzulande der nunmehrige Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach übernommen, der in den vergangenen zwei Jahren zahlreiche krasse Positionswechsel vollzog, aber dabei stets an der Spitze der Warner vor einer Corona-Apokalypse stand – und das mit einem Sendungsbewusstsein, welches für Psychologen ebenfalls von größtem wissenschaftlichen Interesse sein dürfte.
Annegret Kümpel am 15.03.22, 17:28 Uhr
Wer von den besserwissenden und moralisch überlegenen Deutschen gibt schon gerne zu, daß er dem Mainstream auf den Leim gegangen ist. Ganz im Gegenteil, die einmal bezogene Meinung wird mit Verve verteidigt und für absolut richtig erklärt.
Mein Respekt gilt den Demonstranten, die immer noch zahlreich auf die Straßen gehen und für Demokratie kämpfen. Ich kann nur sagen: nicht aufgeben, weiter machen! Noch mehr sind besser!
Ralf Pöhling am 20.02.22, 15:24 Uhr
Halb Deutschland leidet unter kognitiver Dissonanz. Was kein Wunder ist, denn die Deutschen tendieren dazu, die Dinge nicht so zu sehen wie sie wirklich sind, sondern so, wie man ihnen "von oben" erzählt, wie die Dinge wären. Und das hat einen einfachen Grund: Der Deutsche gibt sein demokratisches Mitspracherecht bei den Wahlen ab und erwartet dann, dass die, an die er dieses Recht abgetreten hat, ihren Auftrag richtig erfüllen und kümmert sich dann nicht weiter darum. Er vertraut den Oberen viel zu stark, dass sie auch das tun was er als Wähler von ihnen erwartet, weil sie ihm das schließlich versprochen haben. Was leider immer seltener passiert. Die Deutschen sind zu gutmütig und viel zu leicht hinters Licht zu führen. Es ist weit weniger eine übermäßige Obrigkeitshörigkeit, wie man den Deutschen allgemein unterstellt, es ist vielmehr Naivität und Gleichgültigkeit im Spiel, die es den Regierenden erheblich vereinfacht, ihr eigenes Volk zu veräppeln und sogar zur Schlachtbank zu führen. Wenn die Deutschen dann endlich mal bemerken, dass die Dinge nicht so laufen, wie man ihnen das erzählt hat und endlich Widerstand leisten, so tun sie das meist ebenso erst wieder an der Wahlurne. Wo das gleiche Spiel dann wieder von vorne losgeht. Nur diesmal ins andere Extrem. Unser parlamentarisches System entkoppelt die Bürger zu weit von der Macht. Und die angebliche Zivilgesellschaft, die das eigentlich kompensieren soll, ist gar keine Zivilgesellschaft, sondern ein finanziell von der Politik gesteuertes Büttel, was dem Volk ein Mitspracherecht vorgaukelt, wo es gar keins hat.
Wir brauchen mehr Direkte Demokratie in Deutschland, dann hört dieser ganze Zirkus auch endlich auf.
Und damit die Deutschen mit der Verantwortung auch selbst richtig umgehen lernen, muss man ihnen beibringen, wie das Übernehmen von Verantwortung geht. Und das lernt man beim Militär und beim Ersatzdienst. Denn nur dort wo gestorben wird, lernt man die Ernsthaftigkeit des Lebens und die Tragweite der eigenen Entscheidungen wirklich kennen.
Andreas Meyer am 19.02.22, 13:35 Uhr
Das Benutzen und Aneignen von wissenschaftlichem Vokabular (hier: kognitive Dissonanz) ist kein Garant fuer darauf aufbauende stichhaltige Argumentation.
Der zugrunde liegende Mechanismus wird im Artikel gut beschrieben, allerdings passt die Schlussfolgerung nicht. Man kann ja beim Thema Impfflicht unterschiedlicher Meinung sein, aber es ist doch so: wer immer noch am _Nutzen_ der Impfung zweifelt, will sich einfach nicht eingestehen, jahrelang falsch gelegen zu haben und ist gezwungen, selbst einfache Mathematik und Wahrscheinlichkeiten laecherlich zu machen bzw zu ignorieren. Wenn der vorausgesagte millionenfache Impftod schon bisher nicht eingetreten ist, dann ist es bestimmt nur noch eine Frage der Zeit: dieses Jahr ist es soweit. Na klar.
sitra achra am 16.02.22, 14:54 Uhr
Das Coronabingo wird vorerst weitergehen. Wer weiß, was sich noch in der Lostrommel verbirgt? Auch der Lauterbachsche Doomsday könnte darin enthalten sein!
Siegfried Hermann am 15.02.22, 12:22 Uhr
Ergänzend:
CDC bestätigt Erkrankungen durch Angst und das der PCR-Test nicht auf SARS-CoV2 testen kann! +Nach 6 Wochen Kinderimpfung in Frankreich, erste schwere Nebenwirkungen.
Die CDC ist vergleichbar als US-Bundesgesundheitsministerium.