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Östlich von Oder und Neiße

Wenn Kriminalisten „Kriminalisten“ jagen

An der Autobahn Berlin–Posen sprechen Beamte Deutsch und Polnisch – mit einigen wenigen Abstrichen

Chris W. Wagner
27.01.2023

Am Ostufer der Oder, etwa sechs Kilometer hinter der Grenze, befindet sich inmitten der Autobahnspuren der polnischen A2 (in Deutschland weiter als BAB12) das deutsch-polnische gemeinsame Polizeizentrum in Schwetig [Świecko].

15 Jahre ist es her, dass dieses ins Leben gerufen wurde. Grundlage war damals ein deutsch-polnisches Regierungsabkommen, um nach dem Wegfall der Grenzkontrollen im Schengener Raum Kriminalität an den offenen Grenzen zu bändigen. Es ist eine von insgesamt 50 solcher grenzübergreifenden Institutionen im Schengener Raum und die erste in der Republik Polen.

Das im Dezember 2007 gegründete Deutsch-Polnische-Polizei- und Zollzentrum liegt im Lebuser Land [Ziemia Lubuska] und ist für die gesamte deutsch-polnische Grenze zuständig. In einem Großraumbüro sitzen sich hier an einem langen Tisch jeweils am eigenen Personal Computer 37 deutsche und 18 polnische Polizei- und Zollbeamte gegenüber. Alle seien zweisprachig und offen für die unterschiedliche Kultur, versicherte der deutsche Koordinator des Zentrums, Ulf Buschmann, im Radio Zachód (Radio des Westens). Trotzdem hält die Sprache so manchen Stolperstein bereit. Während in der deutschen Sprache Kriminalisten Verbrecher jagen, werde in der Übersetzung schnell mal ein Verbrecher zum „Kriminalisten“, da im Polnischen Kriminelle „kryminalista“ genannt werden. Wenn der Pole nach einer „Mappe“ verlangt (polnisch Mapa), benötigt er eine Landkarte, und wenn ein Fall besonders schwierig ist, sage der Pole, es geht bergauf, was im Deutschen das Gegenteil bedeutet.

Ein gemeinsames Ziel

Am Anfang hatte Buschmann noch Bedenken, ob eine so dichte Zusammenarbeit klappt, aber „wir haben ein gemeinsames Ziel: die Kriminalitätsbekämpfung auf beiden Seiten der Grenze. Dabei geht es vom vergessenen Führerschein über Diebstahlsdelikte bis hin zu über die Grenze fliehende Mörder“, sagte er. Sein polnisches Pendant, Koordinator Sylwester Ksiuk, war von Anfang an dabei. „Das ist ein 24-Stunden-Dienst, siebenmal die Woche. Wir koordinieren die Arbeit auf polnischer Seite in drei Woiwodschaften und auf deutscher in drei Bundesländern sowie der Hauptstadt Berlin“, so Ksiuk.

„Ein schneller Informationsaustausch führt zum wachsenden Sicherheitsgefühl. Diese Zusammenarbeit ist enorm wichtig, auch wenn sie meistens im Stillen stattfindet“, sagte der Woiwode des Lebuser Landes, Władysław Dajczak, während der Feierlichkeiten zum 15. Geburtstag des Zentrums am 18. Januar. Kommissarin Justyna Kulka von der Kreispolizei in Crossen an der Oder [Krosno Odrzańskie] berichtete aus der Praxis: 2020 habe das Zentrum gemeldet, „dass sich ein gestohlener Citroën Jumper durch unseren Kreis bewegt. Die Crossener Verkehrspolizei konnte kurz darauf das gemeldete Fahrzeug feststellen und den Fahrer verfolgen. Es stellte sich heraus, dass noch ein weiterer gestohlener Bus unterwegs war, der ebenfalls sichergestellt werden konnte.“ Sie berichtete auch, dass Anfang November ein 68-jähriger, verwirrt scheinender Fußgänger auf der Straße in Richtung Gersdorf [Dąbie] angehalten wurde. „Weil der Kontakt mit ihm erschwert war, haben wir das Zentrum kontaktiert. Die Beamten in Schwetig haben die Angaben des Mannes bestätigt, und er konnte sicher nach Hause gebracht werden“, sagte Kulka.

Ein Umzug steht bevor

Doch das Zentrum arbeitet auch an spektakulären Fällen mit, wie beispielsweise am Juwelenraub im Dresdner Grünen Gewölbe. Beim Einbruch 2019 wurden Juwelen des Kurfürsten August der Starke, der auch König von Polen war, geraubt. Da es sich um gemeinsames sächsisch-polnisches Kulturgut handele, habe es auch Hinweise aus der Republik Polen gegeben. „Die Komplexität einer solchen Ermittlung bringt viele Spuren, die überprüft werden müssen“, bestätigte Jörg Kubiessa, Landespolizeipräsident in Sachsen.

In den vergangenen 15 Jahren wurden im gemeinsamen Zentrum rund 300.000 Fälle bearbeitet. Weil ein Umbau der Autobahn bevorsteht und wegen der steigenden Tendenz der zu bearbeitenden Fälle, soll die gemeinsame Dienststelle in ein mehrstöckiges Studentenwohnheim in die Dammvorstadt von Frankfurt an der Oder [Słubice] umziehen. Der alte Standort sei zu klein geworden, allein im letzten Jahr wurden 25.000 Anfragen bearbeitet, heißt es. In zwei Jahren soll der Umzug vonstattengehen.


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