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Epidemien

Wenn Tiere Menschen krank machen

Ebola, Lassfieber, Tollwut, Creutzfeldt-Jakob und viele andere: Zahlreiche schwere Gebrechen können von anderen Lebewesen auf den Homo sapiens übertragen werden

Wolfgang Kaufmann
01.05.2020

Die durch das Corona-Virus SARS-CoV-2 ausgelöste Lungenkrankheit Covid-19 zählt zu den sogenannten Zoonosen. Wie der Begriff – eine Kombination der altgriechischen Wörter „Zoon“ (Lebewesen beziehungsweise Tier) und „Nosos“ (Krankheit oder Seuche) – bereits nahelegt, handelt es sich dabei um Infektionskrankheiten, die von Menschen auf Tiere oder von Tieren auf Menschen übertragen werden. Inzwischen sind mehr als 200 Zoonosen bekannt. 

Auslöser können ursprünglich in Tieren zu findende Viren sein, die nicht nur Covid-19, sondern ebenso auch Ebola, das Lassafieber, Tollwut und verschiedene Formen der Grippe verursachen. Darüber hinaus resultieren Zoonosen aus Kontakten mit ungewöhnlichen tierischen Eiweißen (Prionen), voran die stets tödlich verlaufende Creutzfeldt-Jakob-Krankheit, besser bekannt als „Rinderwahn“. Andere Zoonosen entstehen durch die Übertragung von Fadenpilzen oder Parasiten wie Milben, Einzellern und Würmern. Typische Beispiele hierfür sind Krätze und Malaria sowie der Befall mit Bandwürmern. Eine besonders wichtige Rolle spielen außerdem Bakterien. Diese lösen beim Menschen unter anderem schwere Zoonosen wie Borreliose, Milzbrand, Rinder-Tuberkulose und die Pest aus. 

Die enorme Bedeutung der Zoonosen für die menschliche Gesundheit zeigt eine umfangreiche und aufwendige Studie von Forschern um die Biologin Katherine Smith von der Brown University im US-Bundesstaat Rhode Island von 2014: Zwischen 1980 und 2013 hat es nachweislich über 12.000 Ausbrüche von insgesamt 215 verschiedenen Infektionskrankheiten gegeben, von denen 44 Millionen Menschen in 219 Staaten betroffen waren. Dabei konnten die Wissenschaftler 56 Prozent dieser Ausbrüche und 65 Prozent der diagnostizierten Krankheitsfälle auf Zoonosen zurückführen. Damit nicht genug: Von 2005 bis 2010 traten offenbar dreimal so viele durch Zoonosen verursachte Epidemien auf wie zwischen 1980 und 1985. Die Häufigkeit von Erkrankungen, die vom Tier auf den Menschen überspringen, nimmt augenscheinlich zu. Warum? 

Fälle häufen sich seit Jahren rasant 

Besonders viele Zoonosen werden dort registriert, wo eine hohe Artenvielfalt herrscht, etwa in tropischen Regenwäldern. Wenn der Mensch dann beim Straßen- und Siedlungsbau oder beim Holzeinschlag verstärkt in diese Ökosysteme vordringt, steigt natürlich auch die Wahrscheinlichkeit von Kontakten zu Tieren aller Art und somit zu den Viren, Bakterien, Pilzen, Würmern und Ähnlichem, die auf und in diesen leben. Gleichzeitig können sich die Erreger und Parasiten dadurch besser an unsere Spezies anpassen, was die Gefährlichkeit der Zoonosen für den Menschen erhöht. 

Eine weitere Ursache sind Klimaveränderungen. Weil es nun in manchen Regionen wärmer wird, verbreiten sich wärmeliebende Insekten verstärkt hier. So erobert die Malaria-Mücke jetzt offenbar gerade neue Lebensräume in Europa. 

Riskant ist zudem jede Form von Tourismus, bei der es zu engeren Kontakten mit exotischen Tieren kommt. Das besonders gefährliche Corona-Virus vom Typ MERS-CoV, dessen Wirtsorganismen vor allem Fledermäuse sind, nutzt Dromedare als Zwischenwirte. Dadurch gerät jeder Reitausflug auf einem solchen Tier im Nahen Osten zum Russisch Roulette. Das Gleiche gilt für das Füttern der „niedlichen“ Rhesus-Affen in Indien und anderswo: Die tragen oft das Herpes-B-Virus in sich, welches innerhalb weniger Tage den Tod des Infizierten herbeiführen kann. 

Süße Affen verbreiten den Tod 

Ein besonderes Kapitel sind die Essgewohnheiten der Völker. Manche verzehren so ziemlich jedes Tier. Wenn das Fleisch roh auf den Tisch gelangt, ist die Katastrophe nah. Daher gelten die Wildtiermärkte in China, wo von Fledermäusen und Schuppentieren über Schlangen bis hin zu Wolfswelpen und Pfauen fast alle erdenklichen Kreaturen geschlachtet und gehandelt werden, als Viren- und Bakterienschleudern ersten Ranges. Besonders kritisch wird es, sobald Erreger, die bislang noch nicht fähig waren, vom Tier auf den Menschen überzugehen, mutieren und sich hernach im menschlichen Organismus einnisten. Dann kann unsere Immunabwehr hoffnungslos überfordert sein, was die Möglichkeit eines tödlichen Krankheitsverlaufes birgt. 

Aber auch die altbekannten Zoonosen dürfen nicht unterschätzt werden. Eine Untersuchung des International Live-stock Research Institute (ILRI) in Kenia ergab, dass die 13 am meisten verbreiteten Zoonosen nun schon 2,2 Millionen Menschen pro Jahr töten – trotz Impfungen, Aufklärungskampagnen und Hygienemaßnahmen. Und Schätzungen von Epidemiologen zufolge haben noch Dutzende weitere zoonotische Viren das Potenzial, verheerende Pandemien auszulösen. 

Deshalb gibt es Institutionen wie das Global Outbreak Alert and Response Network (GOARN) der Weltgesundheitsorganisation WHO, welche die Aufgabe haben, frühzeitig zu erkennen, wenn irgendwo neue Infektionskrankheiten auftauchen und sich ausbreiten. Allerdings ist das Überwachungsnetz noch recht grobmaschig, vor allem in unterentwickelten Regionen, wobei Zoonosen nicht nur ein Problem der Dritten Welt darstellen, sondern auch in Industrieländern grassieren können. So gibt es in den USA Jahr für Jahr Pest-Fälle beim Menschen – verursacht durch Präriehunde, Eichhörnchen und Murmeltiere. In Deutschland drohen laut Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) vor allem Infektionen mit bakteriell bedingten Zoonosen wie Salmonellen- und Campylobacter-Enteritis. Darüber hinaus gelten die oft von Wiederkäuern verbreiteten EHEC-Bakterien und Noro-Viren als gefährlich.


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Kommentare

sitra achra am 07.05.20, 10:55 Uhr

Sie haben auch auf den umgekehrten Übertragungsweg der Infektionen vom Menschen auf das Tier hingewiesen. Biozönosen sind keine Einbahnstraße.
Bei dem Umgang mit Haustieren sollte man auf Hygiene achten, Ableckerei und Knuddelei mit Schmiereffekt vermeiden, sowie Tiere nicht ins Bett mitnehmen.
Die Gefahr der Übertragung von Endo- und Ektoparasiten kann daher weitgehend vermieden werden. Vor allem halte man sich in Deutschland von Präriehunden und Murmeltieren fern (sowie von nicht untersuchten Flüchtlingen aus exotischen Gebieten, s. Beschreibung im Artikel).

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