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Alstom Deutschland

Werksschließungen? Macron-Besuch wirft Schatten voraus

Konzernchef Henri Poupart-Lafarge hielt sich auf der Pressekonferenz zur Zukunft der deutschen Standorte bedenklich zurück

Hermann Müller
21.05.2024

Anlässlich seines Staatsbesuchs in Deutschland will Frankreichs Präsident Emmanuel Macron am 27. Mai in Dresden eine Rede zur Lage in Europa halten. Der Gast muss sich jedoch darauf gefasst machen, dass seine Präsentation weitreichender Visionen in der sächsischen Landeshauptstadt von Protesten und schlechter Presse begleitet sein werden. Sachsen ist nämlich Standort von gleich zwei Werken des französischen Zugherstellers Alstom. Den Werken in Görlitz, Bautzen und Hennigsdorf bei Berlin drohen tiefe Einschnitte, wenn nicht gar die Schließung.

Nachdem Alstom im Januar 2021 die hiesigen Werke von Bombardier Transportation übernommen hat, zählt der französische Zughersteller in Deutschland insgesamt 9600 Beschäftigte. Diese hatten mit großer Spannung am 8. Mai auf Nachrichten aus Paris gewartet. Angekündigt hatte Alstom für diesen Tag die Vorlage der Geschäftszahlen für das vergangene Jahr und die Präsentation einer neuen Konzernstrategie. Bei den deutschen Beschäftigten war dieser Termin mit der Befürchtung verbunden, dass in Paris das Aus für deutsche Standorte verkündet werde.

Im Vorfeld der Bilanzpressekonferenz hatte eine Äußerung die Sorgen der Beschäftigten noch befeuert. Wie der Alstom-Regionaldirektor gegenüber dem „Handelsblatt“ erklärte, passe die Auslastung der deutschen Standorte nicht zur Konzernstrategie. Tatsächlich müssen die hiesigen Mitarbeiter beobachten, dass im Zuge einer Kostensenkungsstrategie Aufträge zu den Alstom-Werken in Breslau und Kattowitz gehen, während die hiesigen Standorte aushelfen und nachbessern und vor allem alte Aufträge abarbeiten, die noch vor der Übernahme durch Alstom hereingeholt wurden.

Aufträge gingen nach Polen
Wie René Straube, der Betriebsratschef im Görlitzer Werk und Gesamtbetriebsratsvorsitzende aller deutschen Alstom-Standorte, sagte, ist der „große Knall“ ausgeblieben. Allerdings fehlt auch eine Aussage, ob die deutschen Standorte von Alstom eine Zukunft haben. Möglicherweise geht diese Unklarheit auf Bemühungen der Bundesregierung zurück. Wie der „Tagesspiegel“ berichtete, soll sich das Kanzleramt eingeschaltet haben und Druck auf Paris ausüben.

Tatsächlich hätten Entlassungen oder Werksschließungen nicht nur das Potential, den für Ende Mai erwarteten Staatsbesuch Macrons in Berlin, Dresden und Münster zu überschatten. Das Aus für die Werke in Görlitz, Bautzen und Hennigsdorf kann schnell auch ein Top-Thema bei den Landtagswahlen in Sachsen und Brandenburg werden. Obendrein könnten Hiobsbotschaften zu den deutschen Alstom-Standorten dafür sorgen, dass gegenüber künftigen französischen Vorschlägen zur Schaffung gemeinsamer europäischer Champions die Skepsis steigt.

Der Umstand, dass sich der Alstom-Chef Henri Poupart-Lafarge am 9. Mai zur Zukunft der deutschen Standorte noch bedeckt gehalten hat, ist bei näherem Hinsehen kein positives Signal. Angesichts der Bemühungen des Kanzleramts und dem bevorstehenden Staatsbesuch Macrons wäre die Bilanzpressekonferenz nämlich die richtige Gelegenheit gewesen, mit positiven Nachrichten an die deutsche Öffentlichkeit zu gehen.

Stattdessen sprach Poupart-Lafarge von „Überkapazitäten an unseren Standorten, die mit den früheren Marktverlusten von Bombardier in Deutschland zusammenhängen“. Angekündigt hat Alstom, den Schuldenstand deutlich verringern zu wollen. Unter anderem soll der Verkauf von Unternehmenssparten rund 700 Millionen Euro in die Kasse des Konzerns bringen. Der Sparkurs beim Zughersteller ist Folge der teuren Übernahme des kanadischen Konkurrenten Bombardier. Der Kauf der Bombardier-Eisenbahnsparte hat Alstom zwar zum zweitgrößten Zughersteller der Welt gemacht, gleichzeitig aber auch den Schuldenberg auf zuletzt drei Milliarden Euro wachsen lassen.

Mit der IG Metall hatte Alstom im Juni 2023 für die hiesigen Standorte einen Zukunftstarifvertrag geschlossen. Kernpunkt der Vereinbarung war ein Verzicht der Belegschaft auf tarifliche Sonderzahlungen und freiwillige Leistungen des Arbeitgebers. Im Gegenzug verpflichtet sich Alstom zu Investitionen. Um die Wettbewerbsfähigkeit zu steigen, sicherte das Unternehmen zu, jährlich zwei Prozent des Umsatzes in Deutschland in die deutschen Standorte zu investieren.

Mittlerweile ist der Zukunftstarifvertrag allerdings Vergangenheit. Die IG Metall gab im März dieses Jahres bekannt, dass in einer Urabstimmung mehr als 88 Prozent der Gewerkschaftsmitglieder in den betroffenen Werken für eine Kündigung des Vertrags gestimmt haben. Zuvor hatten IG Metall und Gesamtbetriebsrat dem Alstom-Management vorgeworfen, es halte die Investitionszusage nicht im festgelegten Umfang ein.


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