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Der Historiker und Publizist Kai-Axel Aanderud beleuchtet den weitreichenden gesellschaftspolitischen Einfluss eines des bedeutendsten Verlegers und Medienmoguls im Nachkriegsdeutschland
Ein zentraler Grundsatz des Verlegers Axel Springer (1912–1985) war sein unbedingtes Eintreten für die Wiedervereinigung. Dafür wurde er in beiden Teilen Deutschlands oft kritisiert und als „Kalter Krieger“ abgestempelt. Nach dem Mauerfall äußerten viele, darunter Willy Brandt, ihr Bedauern darüber, dass Axel Springer dieses Ereignis nicht mehr miterleben durfte.
Der Historiker und Publizist Kai-Axel Aanderud beleuchtet in seinem neuen Buch „Axel Springer und die deutsche Einheit“ den weitreichenden gesellschaftspolitischen Einfluss des erfolgreichen Verlegers Axel Springer, den er persönlich und durch seine Verlagspublikationen während der Ära des Ost-West-Konflikts ausübte. Mit im Blick ist die sensationelle Entwicklung des Axel Springer Verlags zu einem Medienkonzern mit ungeheurer Reichweite im Hinblick auf die Meinungsbildung in der „alten“ Bundesrepublik Deutschland. 1946 hatte Axel Springer in Hamburg zusammen mit seinem Vater, dem Verleger Hinrich Springer, den Axel Springer Verlag gegründet. Zu den ersten Publikationen „Hör zu!“, „Bild“ und „Hamburger Abendblatt“ kamen 1953 die Zeitung „Die Welt“, dann „Welt am Sonntag“ sowie „Das neue Blatt“.
Gegliedert in einzelne Blöcke hat der Autor im Zusammenhang mit seinem zentralen Thema das politische Geschehen mit Hintergrundberichten und zahlreichen Zitaten reportageartig aufbereitet: der Vier-Mächte-Status Berlins, die Vorbereitung der Abriegelung Berlins, der Mauerbau und die Studentenunruhen Ende der 60er Jahre. Sein Quellenmaterial schöpfte er unter anderem aus eigenen Buchveröffentlichungen und stützte sich ferner auf die Korrespondenz Axel Springers, die er in monatelanger Arbeit ausgewertet hat.
Gestützt auf Briefwechsel
Springer befürchtete, dass der Sowjetblock West-Berlin vereinnahmen und sich noch weiter ausdehnen würde, so wie es ihm Chruschtschow bei seinem Besuch in Moskau 1958 angekündigt hatte. Unmittelbar danach fasste er den Entschluss, seinen Unternehmenssitz nach Berlin an die Sektorengrenze zu verlegen. Aus damaliger Sicht erschien dies eine Entscheidung wider jegliche wirtschaftliche Vernunft zu sein, da die Mehrzahl der Redaktionen und Mitarbeiter in Hamburg tätig war. Eindrücklich und spannend berichtet Aanderud über die sich oft überstürzenden innen- und außenpolitischen Ereignisse in den Jahren vor und nach dem Beginn des Mauerbaus am 13. August 1961. Abermals sah sich die US-Regierung unter John F. Kennedy vor die Entscheidung für oder wider ein militärisches Eingreifen gestellt. Unterdessen stand Axel Springer in Kontakt mit US-amerikanischen Spitzenpolitikern.
Redaktion an der Sektorengrenze
Eingehend beschäftigt sich der Autor mit dessen wechselvoller Beziehung zu Willy Brandt. Zunächst im Schulterschluss mit dem Regierenden Berliner Bürgermeister, wurde die Ostpolitik der sozialliberalen Koalition unter dem Kanzler Brandt zum Auslöser für Springers noch härtere Haltung gegenüber Moskau und dem SED-Regime. Erst wenige Monate vor seinem Tod am 22. September 1985 kam es in Jerusalem zur Versöhnung der beiden Männer.
Im Zuge der Studentenunruhen Ende der 1960er Jahre geriet die „Springerpresse“ in den Ruf zu hetzen, was den Axel Springer Verlag bis heute beschäftigt. Auch der Verleger selbst wurde zur Hassfigur der revolutionären Jugend, die im Einklang mit dem MfS und konkurrierenden Hamburger Medienhäusern die Marktmacht seines Unternehmens und des pro-amerikanischen „Establishments“ anprangerte.
Hassfigur der 68er-Jugend
Andeeruud hebt in seiner mit vielen, teils noch unveröffentlichten Fotos ausgestatteten Darstellung als eine Art von Gegenpol hervor, dass Axel Springer die Freiheit letztlich noch wichtiger war als die Einheit. Er wäre nach eigenem Bekunden auch mit zwei deutschen Staaten zufrieden gewesen, wenn auch die Bürger der DDR in voller Freiheit hätten leben können.
Kai-Axel Aanderud
Axel Springer und die deutsche Einheit
Mittler Verlag, Hamburg 2019, broschiert, 439 Seiten, 24,95 Euro
Andreas Nickmann am 15.07.20, 21:14 Uhr
Und heutzutage schreibt ein Mann wie Yücel, der von der Abschaffung Deutschlands träumt, für die Springerpresse. Sic transit gloria mundi...